Nicht nur Strom- und Gaspreise stiegen im vergangenen Jahr stark an - auch Fernwärmekunden mussten mitunter deutlich mehr zahlen. Bei zwei Anbietern hält die Verbraucherzentrale die Erhöhung für rechtswidrig und klagt.
Die Verbraucherzentrale hat die Fernwärmeanbieter Eon und Hansewerk Natur wegen angeblich rechtswidriger Preiserhöhungen verklagt. Mit Sammelklagen wolle man Rückerstattungen für Kundinnen und Kunden erstreiten, teilte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) am Montag in Berlin mit. Es gehe um Preisanstiege um mehrere hundert Prozent. Viele Kunden der beiden Fernwärmeanbieter müssten derzeit im Vergleich zum Jahr 2020 ein Vielfaches für das Heizen ihrer Wohnräume bezahlen. Zuvor hatte die Funke Mediengruppe über die Sammelklagen berichtet.
Nach Einschätzung des vzbv sind die Preiserhöhungen der zurückliegenden Jahre unwirksam, weil die Preisänderungsklauseln nicht den rechtlichen Anforderungen entsprechen. Man gehe gegen Preissteigerungen vor, die nach dem Jahr 2020 erfolgt seien.
Eon: „Unsere Preise sind fair“
Die beiden Unternehmen wiesen die Vorwürfe zurück und erklärten jeweils, dass sie der Klage gelassen entgegensähen. „Unsere Fernwärmepreise folgen den gesetzlichen Vorgaben und passen sich den Kosten- und Marktentwicklungen an“, erklärte ein Eon-Sprecher in Essen. Die Preisgestaltung richte sich nach Preiskomponenten, die auf jederzeit einsehbaren Grundlagendaten des Statistischen Bundesamtes beruhten. Man sei sich der Belastungen der Kunden bewusst. „Die historisch hohen Energiepreise der letzten beiden Jahre lagen aber außerhalb unserer Verantwortung. Unsere Preise waren und sind fair, transparent und entsprechen allen gesetzlichen Vorgaben“, sagte der Eon-Sprecher weiter.
Ein Sprecher von Hansewerk Natur nannte die historisch hohen Gaspreise im Zuge des russischen Angriffs gegen die Ukraine als Ursache für die Preiserhöhungen. Der Erdgaseinkauf für 2024 sei zu deutlich niedrigeren Preisen möglich. „Diese Entwicklung wird sich daher für unsere Wärmekunden ab 2024 in der Regel in deutlich niedrigeren Arbeitspreisen widerspiegeln.“
vzbv: Preis in Erkrath stieg von 6,18 auf 23,24 Cent
Die Verbraucherschützer nannten als Beispiel Eon-Preise im Versorgungsgebiet Erkrath-Hochdahl in Nordrhein-Westfalen. Dort habe Eon auf der Grundlage seiner Preisänderungsklauseln den Brutto-Arbeitspreis von 6,18 Cent je Kilowattstunde im Jahr 2020 auf 23,24 Cent je Kilowattstunde 2022 erhöht. Dies bedeute bei einem Jahresverbrauch von 15 000 Kilowattstunden insgesamt 3500 Euro Mehrkosten für 2021 und 2022 zusammen. Anderswo seien ähnliche Entwicklungen bei den Fernwärmepreisen von Eon und Hansewerk Natur festzustellen.
Verbraucher könnten sich den Sammelklagen in Kürze anschließen, indem sie sich beim Bundesamt für Justiz (BfJ) ins Klageregister eintrügen, so der vzbv. Dadurch verjährten ihre Ansprüche nicht. Das Register werde voraussichtlich in wenigen Wochen geöffnet. Eingereicht worden seien die Klagen bei den Oberlandesgerichten in Schleswig (SH) und Hamm (NRW).
Kartellamt führt Missbrauchsverfahren gegen Fernwärmeversorger
Preiserhöhungen von Fernwärme-Versorgern sind jüngst auch dem Bundeskartellamt aufgefallen. Sechs müssen sich jetzt wegen des Verdachts zu starker Preiserhöhungen einem Missbrauchsverfahren stellen. Welche Anbieter dies genau sind, hatte die Behörde vergangene Woche nicht mitgeteilt. Die Behörde will insbesondere die konkrete Anwendung von Preisanpassungsklauseln prüfen. Wann das Kartellamt seine Prüfung abschließen wird, ist offen.
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