RKI
Vorläufige Schätzung: 1900 HIV-Neuinfektionen in Deutschland

23.11.2023 | Stand 29.11.2023, 6:30 Uhr |

HIV-Schnelltest - Der Teststreifen an einem HIV-Schnelltest verfärbt sich bei der Berliner Aids-Hilfe nach der Anwendung mit dem Blut einer Testperson. - Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

Die HIV-Neuinfektionen in Deutschland waren lange Zeit stark zurückgegangen. In einer Gruppe stagnieren sie derzeit, in anderen steigen sie leicht an.

Schätzungsweise 1900 Menschen in Deutschland haben sich vorläufigen Ergebnissen des Robert Koch-Instituts (RKI) zufolge vergangenes Jahr mit HIV infiziert. Weil noch Daten fehlten, sei der Stand noch nicht endgültig, teilte das RKI am Donnerstag mit. Für das Jahr 2021 schätzen die Experten die Zahl der HIV-Neuinfektionen auf 1800.

Bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), sank die Zahl der Neuinfektionen laut RKI seit 2007 zunächst deutlich. In den letzten drei Jahren blieb sie demnach relativ stabil und liegt derzeit bei etwa 1000. Kein Rückgang sei bei der Zahl der HIV-Neuinfektionen bei Heterosexuellen und bei Menschen, die intravenös Drogen konsumieren zu erkennen, heißt es im Bericht. Im Gegenteil: Die Zahlen stiegen in beiden Gruppen sogar leicht an. Das liegt den Angaben zufolge unter anderem daran, dass Heterosexuelle, die mit HIV leben oder ein erhöhtes Infektionsrisiko haben, sich weniger in Großstädten konzentrieren als MSM. Außerhalb der großen Städte sei das Testangebot aber schlechter.

Den Anstieg bei Drogenkonsumenten erklärt das RKI folgendermaßen: Immer mehr Konsumenten nähmen Drogen, die nicht zur Gruppe der Opiate gehörten. Für diese Drogen gibt es laut RKI keine Substitutionstherapie. Dadurch haben Konsumenten weniger Kontakt zu medizinischen Stellen und werden weniger auf HIV getestet. Die Folge: „HIV-Infektionen werden später entdeckt und später behandelt, dadurch entstehen mehr Möglichkeiten für lokale Infektionscluster, die in den letzten Jahren zunehmend beobachtet werden.“

RKI: HIV-Elimination ohne Impfstoff „völlig unrealistisch“

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) habe sich zum Ziel gesetzt, HIV und Aids bis 2030 zu beenden, heißt es in dem Bericht. Das zu erreichen ist der Einschätzung des RKI zufolge „schwer vorstellbar“. „Eine HIV-Elimination aus der menschlichen Population ist völlig unrealistisch, solange kein hochwirksamer Impfstoff zur Verfügung steht – und ein solcher ist nicht in Sicht.“ Stigmatisierte, kriminalisierte und marginalisierte Gruppen, die besonders häufig von HIV betroffen seien, würden oft nicht durch Test- und Behandlungsangebote erreicht. Zum Teil gebe es schlichtweg keine Angebote. In Deutschland seien irreguläre Migranten und Menschen ohne Krankenversicherung davon betroffen.

Im internationalen Vergleich allerdings stehe Deutschland noch gut da. In anderen Ländern steigt die Zahl der Neuinfektionen laut RKI - in Osteuropa sogar stark, vor allem in Russland. In Teilen Osteuropas entwickle sich eine Epidemie mit heterosexuellen Kontakten. Schuld daran ist aus der Sicht des RKI das Fehlen einer effektiven Präventionsarbeit unter Drogenkonsumenten.

© dpa-infocom, dpa:231123-99-55317/3

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