Wissenschaft
Farbe Rot brennt sich ins Gedächtnis ein

Wie gut man sich die Farbe eines Objekts merken kann, hängt von der Farbe selbst ab, zeigten Forscher der Uni Regensburg.

27.04.2015 | Stand 16.09.2023, 7:06 Uhr
Louisa Knobloch
Wenn sie sich bedroht fühlt, ändert die Grüne Waldagame ihre Farbe. Rot und gelb sind im Tierreich typische Warnfarben. −Foto: EPA/M.A.PUSHPA KUMARA

Rot ist eine klassische Signalfarbe: In der Natur zeigen rote Früchte wie Äpfel, Kirschen oder Beeren an, dass sie reif sind. Und auch der Mensch nutzt die auffällige Farbe seit der Antike, um sich mit roten Lippen oder Wangen attraktiver zu machen. Gleichzeitig ist Rot eine Warnfarbe: Fühlt sich die Grüne Waldagame bedroht, bekommt sie einen roten Kopf. Warnschilder im Straßenverkehr sind ebenfalls traditionell rot. „Die Farbe Rot dient also offenbar als Signal, das die Wichtigkeit eines Objekts anzeigt“, sagt Prof. Dr. Christof Kuhbandner vom Institut für Psychologie der Universität Regensburg.

Selbst unbewusst bleibt Rot hängen

Zusammen mit Forschern der LMU München und der FU Berlin untersuchte Kuhbandner, ob die Farbe Rot auch Einfluss auf das menschliche Gedächtnis hat. Dafür gab es bislang noch keinen wissenschaftlichen Beleg. In vier Experimenten zeigten die Forscher ihren Probanden Objekte in vier verschiedenen Farben – rot, grün, blau und gelb. Im Anschluss wurde getestet, wie gut sich die Versuchspersonen an die Objekte und deren jeweilige Farben erinnern konnten.

Das Ergebnis bestätigte die Hypothese der Forscher: „Wir konnten zeigen, dass die Erinnerung an die Farbe eines Objekts von der Farbe selbst abhängig ist“, sagt Kuhbandner. Am besten konnten sich Probanden an die Farbe von roten oder gelben Objekten erinnern. Bei blau war die Gedächtnisleistung nur mittelmäßig, bei grün sogar vergleichsweise schlecht.

Dass die Ergebnisse für Rot und Gelb ähnlich waren, überrascht Kuhbandner nicht. Schließlich fungiere Gelb im Tierreich auch häufig als Warnfarbe – etwa bei Wespen. „Zur Wirkung von Gelb gibt es allerdings viel weniger Studien als zu Rot“, so Kuhbandner. Dass Grün schlechter im Gedächtnis hängen bleibt, lässt sich evolutionär gesehen ebenfalls gut erklären: Denn in der Natur ist Grün die am häufigsten vorkommende Farbe. Grüne Früchte sind zudem in der Regel noch unreif und daher für Mensch und Tier uninteressant.

In der Studie blieb das Ergebnis immer eindeutig – egal, ob die Versuchspersonen Wörter, konkrete Gegenstände wie ein Auto oder ein Motorrad oder eine kleine Szene mit mehreren Objekten gezeigt bekamen. Beim vierten Experiment wussten die Probanden noch nicht einmal, dass sie an einem Gedächtnisexperiment teilnehmen. Ihnen wurde ein Bild von einem Raum mit Mobiliar in den vier verschiedenen Farben gezeigt – verbunden mit der Aufgabe, einzuschätzen wie realistisch das gezeigte Bild sei. Später nach den Farben der Objekte gefragt, konnten sich die Teilnehmer besser an rote Gegenstände erinnern. „Das nennt man unbewusstes Lernen“, erklärt Kuhbandner.

Subjektive Einschätzung variiert

Die Ergebnisse sind also nicht nur für die Erforschung der Farbwahrnehmung in der kognitiven Psychologie interessant, sondern auch für die Bewertung von Zeugenaussagen oder Werbe- und Marketingmaßnahmen. Dabei sollte aber auch immer ein weiteres Ergebnis der Studie bedacht werden: Denn die Farbe hat auch Einfluss darauf, als wie zuverlässig die Probanden ihre eigene Farberinnerung einschätzen. Dazu wurden die Probanden gefragt, wie sicher sie sich waren, dass ein Objekt tatsächlich die von ihnen angegebene Farbe hat. Bei roten Objekten waren die Teilnehmer sehr sicher, ob sie sich richtig an die Farbe hatten erinnern können oder nicht. Bei grün waren sie dagegen häufig unsicher, selbst wenn sie sich korrekt an die Farbe erinnert hatten. Umgekehrt gaben Teilnehmer häufiger an sicher zu sein, obwohl das Objekt in Wirklichkeit gar nicht grün war.