Serie
Grenzen mit einem anderen Blick erfahren

In der Serie „Grenzgänger“ erleben die Schauspieler Sebastian Bezzel und Simon Schwarz Geschichten an der bayerischen Grenze.

30.06.2019 | Stand 16.09.2023, 5:28 Uhr
Angela Sonntag

Sebastian Bezzel und Simon Schwarz auf einer Bergtour in der Nagelfluhkette. Foto Labo M

Sie sehen aus wie zwei gewöhnliche Wanderer. Oder auch Spaziergänger. Mit ihren grauen Schlapphüten, den umgeschnallten Rücksäcken, den Sonnenbrillen und den Wanderschuhen sind sie hier in Bad Tölz gewiss keine auffällige Erscheinung. Besucher auf dem Durchmarsch gehören in Oberbayern eigentlich zu jedem Stadt- und Landbild. Dennoch sind diese beiden – gerade in Bayern – keine Unbekannten. Die Schauspieler Sebastian Bezzel und Simon Schwarz – bekannt und überaus beliebt als Ermittler-Duo Franz Eberhofer und Rudi Birkenberger aus den Eberhofer-Krimis – waren in den vergangenen Wochen in ganz Bayern und darüber hinaus unterwegs. Für eine Serie des Bayerischen Rundfunks sind sie an Orte entlang der bayerischen Grenze gefahren und gewandert und haben Traditionen und Menschen innerhalb und außerhalb des Bundeslandes kennengelernt.

Der Bayer und der Österreicher – eine besondere Freundschaft

„Das ist mein Spezl, der Sebastian Bezzel“ – „Und das hier, das ist der Simon Schwarz. Den mag ich recht gern, g’rad weil er a Ösi is‘.“ Eindeutiger und gleichzeitig herzlicher könnten Sebastian Bezzel und Simon Schwarz sich und ihre neue Serie nicht vorstellen. Ab dem 1. Juli wird auf dem BR um 20.15 Uhr in jeweils vier Episoden montags die Serie „Bezzel & Schwarz – Die Grenzgänger“ zu sehen sein. In den einzelnen Folgen besuchen die beiden Schauspieler Grenzgebiete im Norden, Süden, Osten und Westen von Bayern.

Sebastian Bezzel stammt aus Garmisch-Partenkirchen. Oberbayern ist für ihn seine Heimat. Sein Zuhause hat der 48-Jährige mittlerweile in Hamburg gefunden, wo er mit seiner Familie lebt. Simon Schwarz ist in Wien geboren und aufgewachsen. Der ebenfalls 48-Jährige ist bereits mit 16 Jahren von zuhause weggegangen. Für ihn ist seine Heimat heute dort, wo seine Familie ist. Gerade im bayerischen und österreichischen Raum sind die beiden als chaotisch-lustiges Duo auf der Kinoleinwand bekannt. Aber auch privat verbindet die beiden eine enge Freundschaft. Kennengelernt haben sie sich 2005 am Flughafen Tegel in Berlin. Da standen sie zufällig nebeneinander und mussten über dieselbe Situation lachen. Das erste Eis war gebrochen. Im bayerischen Oberaudorf haben sie sich zu Dreharbeiten wiedergetroffen, da war die Freundschaft eigentlich schon besiegelt.

Diesmal stellen Bezzel und Schwarz die Fragen

In ebendiesem Oberaudorf startet auch die Serie. Bezzel und Schwarz agieren zwar als Hauptprotagonisten, sind aber keinesfalls die Hauptdarsteller. Erst recht spielen sie keine Rollen, sie sind immer sie selbst. Entstanden ist die Idee zu diesem Format bei den Kinotouren zu den Eberhofer-Filmen. Produzent Torsten Berg erlebte Bezzel und Schwarz dort immer so locker und unterhaltsam – und das eben ganz ohne Drehbuch –, dass er auf die Idee mit der Reisedokumentation kam. Als Vorgabe gab es die geografischen Daten und die Personen, die sie besuchen. Die Geschichte haben sich Bezzel und Schwarz dann letztendlich beim Drehen selbst erarbeitet.

„Ich verbringe gern Zeit mit Sebastian, das Format ist informativ, politisch, gesellschaftlich und praktisch und es hat etwas Verbindenes – und das ist heute wichtiger denn je.“Simon Schwarz, Schauspieler

„Wir beschäftigten uns mit anderen Menschen, versuchten, uns in sie hineinzudenken. Wir stellten Fragen – sonst ist das meistens anders herum“, erklärt Schwarz das Konzept. Dabei entstanden keine Interviews, sondern wirkliche Gespräche. Der Zuschauer hat das Gefühl, mit dabei zu sein. Das macht die Sendung so nahbar. Man merkt, dass die Protagonisten mit der Zeit die Kamera vergaßen – sowohl Bezzel und Schwarz als auch die Leute, die sie besuchten. „Wir, die die Kamera ja gewohnt sind, wurden manchmal zu Laien. Im Bayerischen Wald haben wir beispielsweise eine Lehrerin getroffen, die hat uns rhetorisch in den Schatten gestellt“, erinnert sich Bezzel. Und obwohl die Bayern ja doch manchmal als wortkarg gelten, gab es kaum Stille. „Anschieben mussten wir nicht. Im Gegenteil, man musste die Leute eher bremsen“, ergänzt der Regisseur Stefan Kauertz. Entstanden ist eine Serie mit Tiefe und Humor.

Zwischen DDR und BRD und das Erleben der eigenen Grenzen

Aufgeteilt in „Der Süden“ (Sendetermin 1. Juli, 20.15 Uhr), „Der Westen“ (8. Juli), „Der Norden“ (15. Juli) und „Der Osten“ (22. Juli) sammelten der Oberbayer Bezzel und der Österreicher Schwarz Eindrücke und Erlebnisse aus den verschiedenen Grenzgebieten. So trafen sie beispielsweise die Ingenieurin Jutta Maaßen, die fast jeden Morgen vom hessischen Seligenstadt zu ihrem Arbeitsplatz in Bayern schwimmt, seit die morgendliche Fähre nicht mehr verkehrt. Um das nachzuvollziehen, schmissen sich auch Bezzel und Schwarz in die Fluten. Im Westen blieb es ebenfalls sportlich, als die beiden bei einem Probetraining des FC Bayern Alzenau mitkickten. Feuchtfröhlich ging es auf dem ersten Brauereischiff Europas im Osten zu, auf dem Kapitän Manfred Schaurecker die beiden auf dem Inn zwischen Bayern und Österreich in die Bierbraukunst einführte. Im Café Charlotte auf der tschechischen Seite erzählte die Mathematiklehrerin und Vertriebene Doris Thomas vom besten Kuchen des Landes und der Wiedervereinigung.

Das gleiche Thema beschäftigte Bezzel und Schwarz auch im Norden, als sie der Zahnarzt Dr. Klaus Schwenk zum Sperrzaun im ehemaligen Grenzgebiet zwischen der BRD und DDR nahm. Als sie sich auf dem Bayernturm einen Überblick über das Gelände verschaffen wollten, stieß Sebastian Bezzel an seine persönlichen Grenzen, als ihn seine Höhenangst erfasste. Deswegen blieb er im Süden gleich am Boden, als Simon Schwarz mit dem Gleitschirmflieger Markus Gstatter im Tandem von Tirol zurück nach Bayern flog. Zuvor genossen sie aber noch ihre gemeinsame Leidenschaft für Kulinarisches: Zuerst testeten sie bei Albert Schmider im tirolerischen Ebbs verschiedene Hochprozentige in der hauseigenen Schnapsbrennerei – als Bezzel bei der Anfahrt das Schild „Schnapsschule“ liest, weiß er sofort, dass es die einzige Schule sein wird, in der er nicht versagt –, anschließend sorgten sie bei Schmiders Tochter im Café mit echten Tiroler Waffeln für die richtige Unterlage. Dabei wurde die Bananenwaffel zwar freundschaftlich geteilt, aber auf dem Teller eine klare Grenze gezogen. Wie sehr Grenzen verschwimmen können, lernten sie auch durch den Jazztrompeter Franz Hackl kennen, der ursprünglich aus dem Tiroler Schwaz stammt, aber in New York als Musiker arbeitet, die beiden in seinem Auto aber dann über die Grenze nach Bad Tölz zu einem Auftritt mit der Unterbiberger Hofmusik mitnahm.

In der Serie geht es dabei vom Lustigen immer wieder ins Ernste und umgekehrt. Und natürlich gab es auch einige Anekdoten neben der Kamera. So drehten die beiden in Bad Reichenhall in der Fußgängerzone. Als der Regisseur „Und bitte“, rief, bemerkten sie drei ältere Damen, die zu tuscheln begannen, bis eine laut rief: „Schau hi, des san’s! Der Eberhofer und der Birkenberger!“ Dann wurde umarmt und geherzt. Anders ging es Bezzel und Schwarz bei der Ankunft bei Robert Kneidel am Waginger See. Der Fischer meinte, die beiden ebenfalls erkannt zu haben – auf seine Weise. Bezzel: „Der sagte echt zu uns: Ah, ihr seid doch die Rosenheim-Cops, oder?“

Was beide überraschte, war die Tatsache, dass kaum jemand über seinen Ort Negatives zu sagen hatte. Und sie stellten fest, dass auch sie vorherige Meinungen hatten, die sich schnell änderten. „Jeder hat seine Eigenheiten – aber eigentlich sind wir gar nicht so unterschiedlich“, so Schwarz. Und Bezzel fügt hinzu: „Im Prinzip ist der Unterschied zwischen den Bayern im Norden und den Bayern im Süden größer als zwischen den Menschen, die zwar in unterschiedlichen Ländern, aber an der Grenze nebeneinander leben.“

Grenzen überwinden und Menschen verbinden

Aber gibt es denn auch Unterschiede zwischen Bezzel und Schwarz? Schließlich haben sie viel Zeit miteinander verbracht und mussten immer wieder auf engem Raum zusammen sein. „Ja, die gibt es“, bejahen beide. Bezzel sei Raucher und braucht unbedingt täglich seinen Kaffee. Schwarz mag weder Koffein noch Tabak. Beim Essen bestellt der eine Bier, der andere Weißwein. Und dennoch verbinden sie aber vor allem der Humor und eine ähnliche Sicht der Dinge.

Beide schwärmen von ihren Eindrücken. Für Bezzel war das Schöne der „Sendung-mit-der-Maus-Faktor“: „Ich trinke gerne Bier, wusste aber nicht, wie Bierbrauen funktioniert. Dann hab’ ich’s gelernt.“ Schwarz fügt hinzu: „Wir sind mit einer Art kindlichen Naivität an die Sache rangegangen. Das hat es unverkrampft gemacht.“ Für ihn waren es außerdem drei Dinge, die das Format einzigartig machten: „Erstens verbringe ich gern Zeit mit Sebastian. Zweitens ist das Format informativ, politisch, gesellschaftlich und praktisch. So lernt man beispielsweise, wie man Schnaps brennt. Und drittens: Es hat etwas Verbindendes – und das ist heute wichtiger denn je!“

Der Text ist eine Leseprobe aus der Sonntagszeitung, die die Mittelbayerische exklusiv für ePaper-Kunden auf den Markt gebracht hat. Ein Angebot für ein Testabo der Sonntagszeitung finden Sie in unserem Aboshop.