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Zwei Netflix-Serien gehen gerade durch die Decke - eine wurde in Bayern gedreht

13.10.2022 | Stand 13.10.2022, 15:48 Uhr

−Symbolbild: Sebastian Kahnert/dpa

Wer kennt es nicht: Man sucht bei Netflix, findet auch zig gute Serien oder Filme, ist dann aber doch von der Fülle der Auswahl erschlagen und kann sich nicht entscheiden. Gerade geht es vielen Menschen wohl nicht so. Das belegen die Zugriffszahlen auf zwei Serien: „Dahmer“ und „Kaiserin“. Eine entstand teils in Bayern.



Gut zehn Tage nach ihrer Veröffentlichung steht die deutsche Produktion „Die Kaiserin“ in den aktuellen weltweiten Netflix-Top-10 der nicht-englischsprachigen Serien weiterhin in den Top drei. Sie ist also leicht abgerutscht: Die Woche(n) zuvor war es Platz zwei.

Laut der wöchentlichen Top-Liste „TV (Non-English)“ von Netflix wurde die Serie zwischen dem 3. und 9. Oktober 59,4 Millionen Stunden gestreamt. Schon in der Woche stand die am 29. September veröffentliche Serie auf dem ersten Platz der Wochencharts - mit 47,2 Millionen gesehenen Stunden in vier Tagen (29.9. bis 2.10.). Zusammengerechnet sind dies fast 107 Millionen Stunden.

In den Top-Ten eingenistet

In den Netflix-Top-10 für Deutschland hat es sich „Die Kaiserin“ bei den Serien insgesamt auf dem zweiten Platz gemütlich gemacht - gleich hinter der brutalen und gleichzeitg brutal erfolgreichen US-Serienmörder-Produktion „Dahmer: Monster“. Genauso ist es zum Beispiel auch in den USA, in Kanada, Australien, Österreich, der Schweiz, in Italien, Frankreich, Spanien, Portugal, Belgien, den Niederlanden, in Brasilien, Norwegen, Griechenland, Ungarn, Israel und in der Ukraine.

Apropos Dahmer: Gegen dessen Zahlen kommt selbst die Kaiserin nicht an. Die gruselige und makabre Story rund um die True Crime-verfilmung rund um den Serienmörder Jeffrey Dahmer spricht offenbar viele Netflix-Nutzer an. Allein in der ersten Woche nach dem Netflix-Start am 21. September 2022 wurde die Serie 196,2 Millionen Stunden gestreamt. In der zweiten Woche stieg die Zahl der gestreamten Stunden laut Netflix sogar auf 299,84 Millionen an. Einen derart steilen Neustart legte bislang keine andere englischsprachige Serie auf Netflix hin.

17 junge Männer getötet

„Dahmer“ beleuchtet in insgesamt zehn Folgen die Morde des Serienkillers Jeffrey Dahmer. Er tötete in den USA von 1978 bis 1991 insgesamt 17 junge Männer auf grausame Weise und hob einige ihrer Körperteile noch Wochen in seiner Wohnung auf. Nach seiner Verhaftung 1991 kooperierte er mit den Behörden und der Polizei, wodurch die Fälle und deren Hintergründe heute sehr gut belegt sind. Er zählt auch deshalb zu den bekanntesten Serienmördern der USA. Dahmer wurde im Alter von 34 Jahren von einem Mithäftling im Gefängnis erschlagen, wie die Plattform Techbook.de berichtet.

Neben den rekordverdächtigen Zugriffszahlen haben beide Serien noch etwas gemeinsam: nicht unerhebliche Kritik. So wirft man Netflix im Fall „Dahmer“ grundsätzlich vor, am Leid anderer zu verdienen. Und auch die Angehörigen der Opfer melden sich zu Wort, sprechen von „Retraumatisierung“.



Netflix habe mittlerweile auf einige der Kritikpunkte reagiert, schreibt Techbook.de und habe beispielsweise die Kategorie LGBTQ entfernt. Die Serie wurde ursprünglich mit dieser Kategorie versehen, weil Dahmer seine Opfer in der LGBTQ-Community von Milwaukee gesucht und gefunden hat. Die Erzählung der damaligen Ereignisse in der Netflix-Serie hat die Gemeinschaft allerdings erneut aufgerüttelt und alte Traumen geweckt. Drag-Performer B.J. Daniels sagte gegenüber „WISN“ dazu: „Ich habe das Gefühl, dass der Tag diesen ganzen schrecklichen Moment in der Geschichte von Milwaukee fetischisiert. So sollte man das nicht sehen, es fühlt sich einfach völlig falsch an. Ich weiß, dass viele meiner Freunde und viele Menschen, die diese Zeit miterlebt haben, sich die Serie nicht ansehen werden. Sie werden nicht jemandem Geld in die Tasche stecken, der buchstäblich die Gräber von Opfern stört“.

Trotz der teilweisen Reaktion auf Kritik, legte Netflix nach. Seit dem 7. Oktober ist beim Streaming-Dienst auch die Doku „Jeffrey Dahmer: Selbstporträt eines Serienmörders“ zu sehen.

Vorwurf: „Kaiserin“ historisch nicht korrekt

Anders gelagert ist die Kritik an Kaiserin. Hier geht es vor allem darum, wie historisch korrekt „Kaiserin“ erzählt wird. Nicht allzu sehr, meint die Zeitschrift Glamour. Das sei aber auch nicht weiter schlimm: „Klaro, die Geschichte ist schon recht frei erzählt, aber vielleicht geht es auch nicht um historische Korrektheit: Die Kaiserin auf Netflix erzählt die unangefochten wahre Liebesgeschichte von Elisabeth und Franz neu. Punkt.”



Auch die Süddeutsche Zeitung merkt an, dass historische Korrektheit wohl nicht das Ziel der Serie war: „...auch wenn man in Die Kaiserin ein bisschen Geschichte vermittelt bekommt, ist die Serie doch spürbar wenig an historischer Authentizität interessiert. (...) Wer wissen will, wie sie denn nun wirklich war, die Sisi, ist hier falsch. Diese Kaiserin ist ganz und gar von heute.” Es sei eine moderne Interpretation der Romanze - und das zudem an ebenfalls historisch nicht korrekten Orten. So fehle - laut nachfolgendem Twitterpost - beispielsweise das Wiener Schloss Schönbrunn komplett.



Sei es drum: Sieben Jahrzehnte nach den „Sissi“-Filmen mit Romy Schneider und Karlheinz Böhm scheint Kaiserin Elisabeth als Filmstoff aus Mitteleuropa wieder auf der ganzen Welt gut anzukommen. Während sich „Die Kaiserin“ in ihrer ersten Woche in 79 Ländern in den Top Ten befand, tat sie es in ihrer zweiten Woche sogar in 88 Ländern.

In Millionen Haushalten angeschaut

Eine hohe Stundenanzahl auf Netflix bedeute ein riesiges Publikum, rechnete Netflix kürzlich selbst vor: „Gesamtzahl der gestreamten Stunden geteilt durch die Laufzeit der Serie“. Demzufolge lief die Serie innerhalb von elf Tagen schon in ungefähr 18,7 Millionen Haushalten (106,6 Millionen gestreamte Stunden geteilt durch etwa 5,7 Stunden Dauer der Serie).

In dem in Städten wie Bamberg, Bayreuth und Dinkelsbühl sowie im Studio Babelsberg in Potsdam gedrehten Sechsteiler geht es um die österreichische Kaiserin Elisabeth. Die aus Bayern stammende Sisi (Devrim Lingnau) erlebt 1854 erste Monate am intriganten Hof ihres Mannes Franz (Philip Froissant) in Wien. Melika Foroutan spielt die Mutter des Kaisers, Johannes Nussbaum dessen jüngeren Bruder.

− dpa/nb