Unverständnis groß
Abgehängtes Kreuz sorgt bei G7-Treffen für Aufregung

05.11.2022 | Stand 15.09.2023, 3:04 Uhr
Nur eine leere Nische in der Vertäfelung des Friedenssaals im Münsteraner Rathaus: In dem Raum, in dem sich die Außenminister der G7 um die deutsche Gastgeberin Annalena Baerbock (Mitte) trafen, war das Kreuz von der Wand abgenommen worden. −Foto: Vennenbernd, dpa

Der Aufreger des Tages ist ein Kreuz. Eines, das nicht mehr da steht, wo es üblicherweise steht, nämlich im Friedenssaal im Münsteraner Rathauses. An dem Ort, an dem sich die Außenministerinnen und -minister der G7-Staaten am Donnerstag und Freitag getroffen haben.



Die Stadt Münster, deren Altstadt geprägt ist von einem Dom und mehreren opulenten Kirchen, soll vom Auswärtigen Amt gebeten worden sein, das Kreuz abzuhängen, wie zuerst die „Westfälischen Nachrichten“ berichteten. Weil an dem Treffen Minister anderer Religionen teilnehmen, musste es weichen, lautete die Begründung.

Kreuz aus dem 16. Jahrhundert gehört zum festen Inventar

In Münster war das Unverständnis derweil groß, im Kunst-Museum der Stadt schüttelten die Mitarbeiter den Kopf. Schließlich gehört das normalerweise auf einem Vorsprung an einer holzvertäfelten Wand stehende Ratskreuz aus dem 16. Jahrhundert zum Inventar des Raumes, in dem 1648 der Westfälische Frieden verhandelt wurde, der den Dreißigjährigen Krieg beendete. Beim Bischof würde das Telefon nicht mehr stillstehen, berichteten die „Westfälischen Nachrichten“. Sowohl evangelische als auch katholische Kirche kritisierten die Aktion.

Sprecher: „Keine politische Entscheidung“

Die Entfernung sei Teil einer größeren Umgestaltung des Saals gewesen, die vom Protokoll des Auswärtigen Amts mit der Stadt Münster besprochen worden sei, rechtfertigte ein Ministeriumssprecher. „Das war keine bewusste Entscheidung, erst recht keine politische Entscheidung, sondern offensichtlich eine organisatorische Entscheidung“, sagte Außenministerin Annalena Baerbock. „Ich hätte es gut gefunden, wenn wir es nicht weggeräumt hätten.“

Die Grünen-Politikerin musste jedenfalls ihren Kollegen einiges über den Saal erzählen. Nach Informationen der Mediengruppe Bayern zeigte vor allem US-Außenminister Antony Blinken, der jüdischen Glaubens ist, wahre Begeisterung für die Räumlichkeiten und den Charme von Münster. Statt um Inhalte des Treffens nahm das fehlende Kreuz gestern viel Raum in der öffentlichen Debatte ein. Mit Kreuz hätte es wohl keine Aufregung gegeben.

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