Nach EZB-Beschluss
Das bedeutet die Zinswende für Sparer und für Häuslebauer

23.07.2022 | Stand 23.07.2022, 10:41 Uhr
Für Verbraucher hat die Zinserhöhung vielfältige Auswirkungen. −Foto: dpa

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Ära der Negativzinsen am Donnerstag mit einem Paukenschlag beendet: Um 0,5 Prozentpunkte erhöhte die Zentralbank die Leitzinsen, doppelt so stark wie zuvor angekündigt.



Für Verbraucher hat die Zinserhöhung vielfältige Auswirkungen. Lesen Sie hier, was das für Sie bedeutet.

Bankkonten

Die Zinswende bedeutet: Niedrigstzinsen auf Tagesgeld- und Festgeldkonten oder gar Negativzinsen auf Konten, die einen bestimmten Freibetrag überschreiten, könnten der Vergangenheit angehören. Aufgrund der Negativzinsen entstanden den Banken bisher Kosten, die sie oftmals in Form von Verwahrentgelten oder Negativzinsen an ihre Kunden weitergeben.

Damit sollte nun Schluss sein - laut dem Vergleichsportal Verivox haben bereits 51 Banken in Deutschland die Negativzinsen ganz oder teilweise abgeschafft. Seit Ende April strichen demnach 35 Banken ihre Negativzinsen komplett, weitere 16 Banken hoben die Freibeträge deutlich an, so dass ein Großteil der Kundinnen und Kunden keine Negativzinsen mehr zahlen muss. Trotzdem verlangen demnach noch immer 424 Banken Negativzinsen.

Zinsen

Für Sparer ist die Zinswende ebenfalls eine gute Nachricht - die Zinsen auf Tages- und Festgeldkonten dürften steigen, bereits jetzt zeigen sich erste entsprechende Tendenzen. Allerdings bedeutet die aktuell hohe Inflationsrate von 7,6 Prozent im Juni, dass der Realzins auch weiterhin im negativen Bereich bleiben wird.

Im Schnitt zahlen die Banken in Deutschland laut dem Vergleichsportal Verivox aktuell bis zu 1,33 Prozent Zinsen für Festgelder mit zwei Jahren Laufzeit - noch zu Beginn des zweiten Quartals betrugen die besten Angebote lediglich 0,41 Prozent. Bei ausländischen Banken liegt der Zinssatz teilweise mit 2,0 Prozent noch höher.

Bei Tagesgeldkonten gibt es ebenfalls etwas Bewegung: Bei der PBB Direkt gibt es laut Verivox aktuell immerhin 0,15 Prozent Zinsen, Bestandskunden der Renault Bank erhalten seit Donnerstag 0,3 Prozent Zinsen auf ihr Tagesgeldkonto.

Im Vergleich zur Inflationsrate sind das jedoch noch immer sehr niedrige Zinssätze - Sparerinnen und Sparer sollten deshalb möglichst wenig Geld auf dem Tagesgeld- oder Girokonto parken. Für das Gesamtjahr 2022 rechnet die Bundesbank mit einer Inflationsrate von 7,1 Prozent - 10.000 Euro auf einem unverzinsten Girokonto würden somit in einem Jahr 663 Euro an Wert verlieren.

Kredite

Für Kreditnehmer bedeutet die Zinswende vor allen Dingen steigende Kosten. So sind die Bauzinsen zwischen Januar und Juni 2022 laut dem Internetportal Finanztip bereits auf den höchsten Stand seit zehn Jahren angestiegen. Für einen Kredit mit fünf Jahren Laufzeit wurden Anfang Juli im Schnitt circa 3,2 Prozent Zinsen fällig, bei einer Laufzeit von zehn Jahren waren es 3,3 Prozent. Wer den Kredit über einen deutlich längeren Zeitraum von 20 Jahren abbezahlt, muss mit einem Zinssatz von circa 3,8 Prozent rechnen.

Die Zinssätze liegen aktuell somit wieder auf einem ähnlichen Niveau wie vor zehn Jahren. Damit sind sie trotz allem noch vergleichsweise niedrig: In den 70er und frühen 80er Jahren wurden für Kredite teilweise Zinsen von zehn bis elf Prozent pro Jahr fällig.

Verbraucherpreise

Mit sinkenden Preisen und Lebenshaltungskosten können Verbraucherinnen und Verbraucher auch nach der Zinserhöhung der EZB nicht rechnen. Die Inflation wird aktuell insbesondere von den hohen Energiepreisen getrieben: In diesem Bereich betrug die Teuerungsrate im Juni im Vormonatsvergleich stolze 38 Prozent, die Kosten von Haushaltsenergie stiegen um über 40 Prozent. Hintergrund sind die derzeit hohen Preise an den internationalen Rohstoffmärkten - auf diese hat die EZB aber keinen Einfluss.

Dämpfend könnte sich die überraschend deutliche Entscheidung der EZB hingegen auf die Inflationserwartungen auswirken. Verhindert werden soll so eine Verstetigung der hohen Inflation durch eine Lohn-Preis-Spirale - etwa durch entsprechend hohe Gehaltsforderungen der Gewerkschaften.

− afp