Corona Gesellschaft muss aus der Krise lernen
Menschen und Mitarbeitende in der Pflege haben katastrophale Zustände erlebt. Zu ihrem Schutz muss künftig einiges passieren.

Berlin.Die Corona-Krise hat unserer Gesellschaft schon viel abverlangt und wird das auch weiterhin tun. Am stärksten traf sie bisher pflegebedürftige Menschen und Mitarbeitende in der Pflege. In diesem Jahr habe ich auf meiner Sommerreise diakonische Einrichtungen besucht, die besonders von der Pandemie betroffen waren. Ich bin vielen Mitarbeitenden begegnet, die weit über ihre Grenzen gegangen sind – im Einsatz für andere. Wir sind gut beraten, ihnen genau zuzuhören und nun von ihren Erfahrungen zu lernen.
Ein Drittel der Bewohner gestorben
In Einrichtungen, die Covid-19 voll getroffen hat, spielte sich eine „stille Katastrophe“ ab – mit sehr vielen bedrückenden Einzelschicksalen: Vor mir steht der Leiter der kleinen bayerischen Pflegeeinrichtung, in der binnen vier Wochen fast ein Drittel der Bewohner gestorben ist. Viele kannte er von klein auf. Über eine endlos erscheinende Zeit war es ihm einfach nicht gelungen, genug Schutzkleidung und Testmöglichkeiten aufzutreiben. Immer noch quälen ihn Schuldgefühle, weil er Bewohner wie Mitarbeitende nicht besser schützen konnte. Wie er mussten viele Pflegende in der Hochphase der Pandemie improvisieren. Und auch die Bewohnerinnen und Bewohner und deren Angehörige mussten manches aushalten.
Wir alle müssen nun aus ihren Erfahrungen lernen. Wir brauchen nicht nur dringend einen Vorrat an Schutzausrüstung und Desinfektionsmitteln, wir brauchen auch eine kohärente Strategie für die notwendigen Tests von Bewohnern und Mitarbeitenden. Wir müssen noch kreativer werden, um den lebensnotwendigen Schutz verletzlicher Gruppen und deren lebensnotwendiges Bedürfnis nach sozialer Teilhabe besser auszubalancieren.
Pflegereform muss kommen
Ich wünsche mir mehr kommunale „Runde Tische“ zu Corona – auch zu den psychosozialen Folgen – zusammen mit der Politik und den Gesundheitsämtern. Wir als Diakonie werden die Erfahrungen der vergangenen Monate genau auswerten und mit unseren Mitarbeitenden weiter gemeinsam an guten Lösungen arbeiten. Aber nur zusammen werden wir diese Krise gut bewältigen. Damit Pflegende ihre „systemrelevante“ Arbeit dauerhaft gut machen können, braucht es aber noch mehr: attraktivere Arbeitsbedingungen und eine bessere Bezahlung in der Pflege. Corona hat gezeigt: Die Pflegereform muss runter von der langen Bank, wir müssen sie jetzt anpacken!
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