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Friedhof der Großmächte

Die US-Armee ist in Afghanistan gescheitert, meint der Autor. Und mehr noch: Die Taliban gewinnt immer mehr Einfluss.

20.04.2021 | Stand 16.09.2023, 3:07 Uhr
Reinhard Erös
Die US-Armee ist in Afghanistan gescheitert, meint der Autor. Und mehr noch: Die Taliban ist auf der Siegerstraße. −Foto: suess/suess

Asiatisches Sprichwort: „Wenn Gott eine Nation bestrafen will, dann lässt er sie in Afghanistan einmarschieren.“ Die Briten, einst dominante Weltmacht, führten drei Kriege und erlitten drei Niederlagen am Hindukusch. In der Schlacht bei Gandamak 1842 wurde ihr gesamtes Expeditionskorps von den Paschtunen in nur zwei Nächten vernichtet; einzig ein Militärarzt überlebte das Massaker. In seiner Ballade „Das Trauerspiel Afghanistan“ erinnert Theodor Fontane an die Tragödie: Mit 13 000 der Feldzug begann, nur einer kam heim aus Afghanistan.“ Noch heute wird diese größte militärische Niederlage an der britischen Militärakademie in Sandhorst unterrichtet. Ihren letzten Feldzug, 1880, überlebte gar nur ein Maskottchen, der britische Regiments-Hund Bobbie. Die Queen zeichnete ihn mit einem Orden aus.

Briten bewahren Humor

Schwarzer Humor der Briten auch in Kriegszeiten! An Weihnachten 1979 marschiert die UdSSR mit 150 000 Soldaten an den Hindukusch. Ein zehnjähriger brutaler Krieg endet mit 25 000 sowjetischen Gefallenen und 3,5 Millionen toten und verstümmelten Afghanen. Im März 1989 überquert dann das letzte Regiment den Grenzfluss Amu Darja Richtung Heimat. Es war die bis dahin einzige Niederlage einer russischen/sowjetischen Armee. Kurz darauf lösten sich UdSSR, Warschauer Pakt und die DDR auf. Im Herbst 2001 zieht nach dem Anschlag von 9/11 erneut eine Großmacht an den Hindukusch. Mit 150 000 bestausgerüsteten Soldaten, im Bündnis mit 39 anderen Staaten, will US-Präsident Bush in einem „Kreuzzug“ den islamistischen Terrorismus vernichten.

Die US-Armee und ihr Scheitern.

Weder in New York noch bei allen folgenden islamistischen Großanschlägen stammte auch nur einer der Attentäter aus Afghanistan. Jetzt, nach 20 Jahren asymmetrischer Kampfführung, 3600 eigenen Gefallenen und mit 1,6 Billionen US-Dollar dem teuersten Krieg seit 1945, konnte der Goliath US-Armee den David, die „Barfuß-Soldaten“ Taliban, nicht nur nicht besiegen. Die Gotteskrieger sind auf der Siegerstraße. Auch ihr politischer Einfluss ist gewachsen. Mittlerweile beherrschen sie die Hälfte des Territoriums. Zum 20. Jahrestag des 9/11 sind US-Truppen wieder zu Hause. Siegesparaden entfallen. Zitat Franz Josef Strauß: „Wer aus der Geschichte nicht lernt, ist verdammt, sie zu wiederholen.“