Aussenansicht
Trügerische Ratgeber im Internet

Wer Rat sucht, findet online zu nahezu jedem Thema die Hilfe, die er benötigt. So die Theorie. Doch der schöne Schein trügt.

03.08.2020 | Stand 16.09.2023, 5:00 Uhr
Fabian Spielberger
Internet-Unternehmer Fabian Spielberger −Foto: Andreas Lukoschek

Bewertungsportale boomen. 76,8 Prozent der Deutschen erklärten bei einer repräsentativen Umfrage, Bewertungen anderer Verbraucher hätten einen großen Einfluss auf ihre Kaufentscheidung. Und trotz der Corona-Krise riefen Verbraucher die vier größten Portale Yelp, mydealz, Trustpilot, Tripadvisor und Holidaycheck allein im zweiten Quartal 512 Millionen Mal auf.

Dieses Phänomen ist nicht neu: Schon immer haben Menschen ihre Familie, Freunde, Nachbarn oder Kollegen um Rat gefragt. Durch das Internet bieten sich ihnen aber ganz neue Möglichkeiten. Aus wenigen Freunden und Bekannten sind allein in Deutschland 71,39 Millionen Internetnutzer geworden, die sich online mitteilen.

Nicht immer ehrliche Verbraucher-Meinung

Entsprechend groß ist inzwischen auch die Zahl und Bandbreite an Bewertungsportalen: Yelp sammelt Meinungen zu Restaurants, Jameda Urteile über Ärzte. Bei Holidaycheck finden sich Erfahrungsberichte von Hotelgästen und bei Kununu bewerten Arbeitnehmer ihren Chef. Wer einen Anwalt sucht, kann ihn mithilfe von Anwalt.de finden und bei Trusted Shops bewerten Verbraucher Online-Shops.

„Unternehmen sind weniger gläsern als es die vielen Bewertungen Glauben machen.“

Wer Rat sucht, findet online zu nahezu jedem Thema die Hilfe, die er benötigt. Das ist zumindest die Theorie. Doch der schöne Schein trügt. Unternehmen sind weniger gläsern als es die vielen Bewertungen Glauben machen.

Und bei Bewertungen von Hotels, Restaurants oder Produkten handelt es sich nicht immer um die ehrliche Meinung von Verbrauchern. Längst haben Unternehmen erkannt, wie entscheidend gute Bewertungen für ihren Umsatz sind. Nicht wenige bezahlen Kunden Geld für gute Bewertungen oder fälschen sie einfach selber. Vor allem Bewertungen bei Amazon sollten Verbraucher kritisch hinterfragen.

Viele Amazon-Produkte zu gut bewertet

Britische Verbraucherschützer stellten vergangenes Jahr fest, dass 87 Prozent aller Amazon-Bewertungen nicht glaubhaft sind. Inzwischen hat Amazon gefälschten Bewertungen zwar öffentlichkeitswirksam den Kampf angesagt. Getan hat sich seitdem aber wenig.

Erst Anfang Juni ließ eine Studie aufhorchen: Sieben von zehn bei Amazon erhältliche Produkte sind – laut des Analyse-Diensts Review Meta – zu gut bewertet. Statt 4,1 Sterne dürften die 2010 analysierten Produkte im Schnitt nur eine Bewertung von 3,8 Sternen haben. Verbraucher sind also gut beraten, Bewertungen auch weiterhin kritisch zu hinterfragen.

Der Autor ist Gründer und Geschäftsführer der Pepper Media Holding GmbH.

Die Außenansicht gibt die subjektive Meinung des Autors wieder und nicht unbedingt die der Redaktion.

Hier geht es zu den Außenansichten.