Geschichte
So lebten einst die Oberpfälzer: Zeitreisen im Freilandmuseum

25.08.2022 | Stand 15.09.2023, 3:52 Uhr
Tobias Hammerl vor der Rauberweihermühle – einem der Schmuckstücke im Freilandmuseum. −Foto: Schröpf

Libellen schwirren über Wiesen. Das Wasser des Teichs hinter der Rauberweihermühle kräuselt sich, als ein halbes Dutzend Gänse elegant Richtung Ufer gleitet.In einem Gehege ein paar Hundert Meter weiter suhlt sich ein wuchtiges Schwäbisch-Hällisches-Landschwein im kühlen Schlamm – eine Schweineart, die in kargen vergangenen Zeiten als Kalorienlieferant gezüchtet worden war. Nachts lassen sich auf dem Gelände mit etwas Glück die seltenen Mobsfledermäuse bei ihren Flügen beobachten. Es ist das Reich von Tobias Hammerl, seit 1.Januar 2020 Leiter des Oberpfälzer Freilandmuseums in Neusath-Perschen.

Auf 33 Hektar können sich Besucher hier in die Vergangenheit zurückversetzen. Seit Museumsgründung im Jahr 1979 wurden historische Häuser von ihren alten Standorten auf das Areal „verpflanzt“. Die Rauberweihermühle stand beispielsweise einst bei Wackersdorf und war im 18. Jahrhundert im Besitz eines Grafen. Heute schmückt sie im Museum das „Mühlental“. Im „Stiftland“ beeindruckt der Matzhof mit seinem rautenförmischen Fachwerk, das die Nähe zum Egerland verrät. Gleiches gilt für die Gebäudeformation zum Oberpfälzer Wald oder zur Nabburger Straße. Wenn Hammerl Besuchern bei einem Rundgang die Schönheiten seines Museums erklärt, weiß er zu jedem Haus eine Geschichte. Zu fast jedem Haus hat der 45-Jährige auch eine Idee, wie alles noch interessanter zu gestalten ist. Nach seinen Vorstellungen könnten künftig zudem auch Gebäude des 20. Jahrhunderts im Museum Platz finden – speziell aus den 1960er oder 1970er Jahren. Eine Tankstelle aus dieser Zeit fände er schön und hätte schon einen Standort gegenüber der Schmiede im Blick.

Gerade tüftelt er aber vor allem an Plänen für ein neues Depot für Großobjekte – und hofft darauf, dass er dafür Ende September im Kulturausschuss des Bezirks Oberpfalz die Zustimmung erhält. Pflüge, Kutschen, Bulldogs, Mähdrescher oder Jahrmarktwagen, die bisher nur notdürftig untergestellt sind, sollen hier gleichzeitig für Besucher zugänglich gemacht werden. Nicht nur aus Kostengründen sondern aus ökologischen Motiven schwebt Hammerl ein „Lowtechgebäude“ ohne Schnickschnack vor. „Wir haben ja nicht die Mona Lisa im Depot. Und selbst die hat es ausgehalten, dass sie jahrelang über den Bett von Napoleon hing.“ Um Baukosten zu senken sollen zudem auf dem Gebrauchthallen-Markt Teile alter Industriebauten gekauft und mit neuen architektonischen Akzenten veredelt werden. „Ein Mosaik aus Alt und Neu.“ Kostenpunkt: noch unklar. „Da sind wir gerade ganz hart am Rechnen.“

Das Freilandmuseum gehört dem Bezirk Oberpfalz, der dafür nach Hammerls Angaben dieses Jahr ein Budget von 2,8 Millionen Euro zur Verfügung gestellt hat. Dem Oberpfälzer Bezirkstagspräsidenten Franz Löffler liege das Museum sehr am Herzen, sagt er. Rückhalt gibt auch der Museumsverein mit 1600 Mitgliedern.

Regulär kommen pro Jahr 75000 Besucher ins Freilandmuseum. Die Pandemie hat für eine Delle gesorgt. Aktuell sind die Zahlen nach Hammerls Worten zehn Prozent unter dem Schnitt. „Andere haben deutlich höhere Einbrüche.“

In den nächsten Wochen lockt das Freilandmuseum mit einem riesigen Veranstaltungsprogramm: Dem Rosstag am 11. September, bei dem auch „Leo und Fonse“, die beiden Süddeutschen Kaltblüter des Museums ihren Auftritt haben. Dem Dreschtag am 18.September, dem Kartoffeltag am 25. September, dem Tag der alten Haustierrassen am 2. Oktober und dem Kirchweihmarkt auf dem kompletten Museumsareal am 16. Oktober.

Zusätzliche Einnahmen wären höchst willkommen. Die Energiekrise trifft auch das Freilandmuseum hart. Hammerl rechnet damit, dass sich die Kosten verdoppeln. Und auch wenn der Bezirk kürzlich ein Klimakonzept beschlossen hat, das etwa Solaranlagen auf den Verwaltungsgebäuden des Museums vorsieht: Das schnelle Einsparpotential ist niedrig. Die Mauern der historischen Gebäude müssen 365 Tage im Jahr leicht temperiert bleiben, damit nicht Schimmel oder Hausschwamm wachsen. „Wir müssen verhindern, dass uns die Gebäude kaputtgehen.“