Armut in Regensburg
Obdachlose: Wie zügig hilft die Stadt?

Regensburgs Sozial-Bürgermeisterin will kein „Ghetto“ im Norden mehr. Die Opposition bezweifelt, dass das so bald klappt.

31.03.2022 | Stand 15.09.2023, 6:14 Uhr
Wie lange es die städtische Obdachlosenunterkunft in der Aussiger Straße noch gibt, ist unklar. −Foto: Tino Lex

Ein „Chancen-Haus“ für wohnungslose Familien in Kumpfmühl, eine Obdachlosenunterkunft für Frauen und ein Hüttendorf für ältere alleinstehende Obdachlose am Stadtrand: Unter anderem diese Ideen hat Sozial-Bürgermeisterin Astrid Freudenstein (CSU) am Donnerstag dem Sozialausschuss des Stadtrats vorgestellt. Familien sollen nicht mehr in den Wohnblocks in der Aussiger Straße im Norden hausen müssen, die Anwohner „Ghetto“ nennen, auch andere Wohnungslose will die Stadt dezentral unterbringen. Der Ausschuss stimmte Freudensteins Plänen zwar einstimmig zu. Aber es gab Zweifel, dass die Stadt sie schnell genug umsetzt.

Die Petition von Kurt Raster, Obdachlose in leerstehenden Hotels unterzubringen, lehnte der Ausschuss ab. Sozialamtschefin Doris Ebenhöch hatte zuvor erläutert, das sei rechtlich gar nicht möglich. Beschlagnahmungen seien erst als „letzte Möglichkeit“ erlaubt. In Regensburg seien die Einrichtungen aber nur zu circa 75 Prozent belegt. 185 obdachlose Menschen hatte die Stadt Anfang 2022 darin untergebracht. Die Caritas gehe davon aus, dass darüber hinaus 150 bis 200 Menschen in Regensburg keine Wohnung haben, sagte Ebenhöch.

In vier Wohnblocks in der Aussiger Straße leben vor allem Familien, im Dezember waren es 25 – in einer Umgebung, die Experten nicht zumutbar für Kinder nennen. 2020 hatte der Stadtrat die Verwaltung beauftragt, dort einen Neubau zu planen. Freudenstein legte stattdessen das neue Konzept vor, um das die Koalition wochenlang gerungen hatte. SPD und FDP hatten auf einen möglichst konkreten Zeit- und Kostenplan gedrängt.

Brücke-Stadtrat Tom Mayr kritisierte dennoch „eher vage Formulierungen“ in Freudensteins Konzept. „Wir erwarten eine zügige Umsetzung der wirklich guten Vorschläge“, sagte er. ÖDP-Fraktionschefin Astrid Lamby forderte: „Alles, was jetzt noch vage ist, muss natürlich konkret werden.“ Klar ist nur: 2025 soll das Chancenhaus stehen. 2024 soll es Aussagen geben, welche anderen Projekte umsetzbar sind.

Grünen-Stadtrat Daniel Gaittet sagte: „Wir wünschen uns, dass wir die Notwohnanlage in der Aussiger Straße nicht mehr brauchen. Aber der Beweis ist noch nicht erbracht.“ Über Renovierungen dort müsse gesprochen werden. Es sei auch zweifelhaft, dass das vorgesehene Geld für das Gesamtkonzept reiche. Freudenstein sprach von circa 23 Millionen Euro. Sie kam den Grünen entgegen. Sie will ab 2023 jährlich über die Fortschritte ihrer Projekte berichten, aber für die Aussiger Straße nicht mehr viel Geld ausgeben. Neue Bewohner würden vorrangig in den renovierten Wohnungen untergebracht.