Polizei
Giftattacke: Hund kämpft um sein Leben

In Rohrdorf bei Pielenhofen schlug ein unbekannter Täter zweimal zu. Ein Beagle fraß erst Rattengift und dann Schneckenkorn.

03.12.2015 | Stand 16.09.2023, 6:59 Uhr
Der Rohrdorfer Petr Komar (links) und Tierarzt Dr. Marius Ramneantu mit der kleinen Gilah. Sie wurde von einem Unbekannten innerhalb von drei Wochen zweimal vergiftet. −Foto: Kreissl

Die kleine Gilah ist gerade mal drei Monate alt. Dr. Marius Ramneantu hat dem kleinen Beagle starke Beruhigungsmittel gegeben. Fassungslos blickt der Tierarzt aus Hainsacker auf die schlafende Hündin. „Das ist furchtbar. Wer tut einem Tier so etwas an?“, fragt der Arzt, der seit Tagen um das Leben von Gilah kämpft. In den letzten drei Wochen wurde das Tier zweimal vergiftet – und ist kein Einzelfall. Dr. Ramneantu musste sich zuletzt gleich um fünf vergiftete Haustiere kümmern. Drei Hunde und zwei Katzen sind die Opfer, eine Katze musste mittlerweile eingeschläfert werden.

Doch so grausam wie mit der kleinen Gilah trieb es keiner der mutmaßlichen Täter in den anderen Fällen. Denn die junge Hündin, die erst seit wenigen Wochen bei Petr und Renata Komar in Rohrdorf ein Zuhause fand, hat offenbar einen besonders hartnäckigen und brutalen menschlichen Feind, der ihr nach dem Leben trachtet. Vor drei Wochen schlug er zum ersten Mal zu.

Hund torkelte wie ein Betrunkener

Petr Komar erzählt von den Symptomen, die bei ihm und seiner Frau die Alarmglocken klingeln ließen: „Sie konnte sich kaum auf den Beinen halten, torkelte wie betrunken umher.“ Das Ehepaar handelte schnell und brachte den Beagle-Welpen zu Dr. Ramneantu. Der stand freilich zunächst vor einem Rätsel. Denn die Symptome ließen zunächst nicht unbedingt auf eine Vergiftung schließen. Doch als er dem Hund eine Injektion gegeben hatte, keimte ein erster Verdacht auf. Denn die Injektionsstelle hörte extrem lange nicht mehr auf, zu bluten. Ein Indiz, das auf Rattengift schließen lässt, denn dadurch wird die Blutgerinnung verhindert. Tiere, die dieses Gift schlucken, sterben qualvoll an inneren Blutungen.

Den Beweis fanden die Komars am nächsten Tag in ihrem umzäunten Garten am Kühtriftweg in Rohrdorf, in dem der Welpe so gerne und ausgelassen herumtollte. Dort entdeckten sie eine Art Semmel und brachten sie zu dem Hainsackerer Tierarzt. Der untersuchte und wusste nun, wie er der kleinen Gilah helfen konnte. Denn gegen Rattengift gibt es ein Gegenmittel, das er der kleinen Hündin verabreichte. Dazu bekam sie tagelang Infusionen und Vitamin K. Gilah erholte sich, war jedoch von der Giftattacke stark geschwächt.

Giftköder im Garten gefunden

Trotzdem konnte sich das Ehepaar, das vor zwölf Jahren ein Einfamilienhaus in Rohrdorf bezogen hat und mit zu den ersten Bewohnern des damals neu entstandenen Baugebiets gehörte, zu diesem Zeitpunkt nicht vorstellen, dass irgendjemand die kleine Gilah töten wollte. Bis zum Mittwoch. Denn plötzlich zeigte der Hund noch schlimmere Symptome als bei der ersten Attacke. Das Tier zitterte, wurde von extremen Krämpfen geschüttelt, hatte Schaum vorm Maul und hohes Fieber. Die Ursache dafür war diesmal schnell klar. Denn das Rohrdorfer Ehepaar fand in seinem Garten einen Giftköder, Hackfleisch vermischt mit einer süßlich schmeckenden blau-grünen Substanz – Schneckenkorn.

„Die Tiere schreien regelrecht vor Schmerzen“Tierarzt Dr. Marius Ramneantu

„Das ist ein extrem grausames Gift“, weiß der Hainsackerer Tierarzt, der selbst entsetzt darüber ist, wie sehr die kleine Hündin nach dem Giftangriff leiden musste. Dr. Ramneantu schätzt, dass der Welpe wohl 70 bis 80 Gramm der giftigen Substanz schluckte. Schneckenkorn ist seinen Angaben zufolge ein Nervengift, das extrem schmerzhafte, lang andauernde Krampfanfälle hervorruft und die Schleimhäute verätzt. „Die Tiere schreien regelrecht vor Schmerzen“, weiß der Tierarzt. Ein Gegenmittel gibt es nicht. Der Mediziner kann dem Tier nur Medikamente gegen die Krampfanfälle verabreichen und Infusionen legen, um ihm möglichst viel Flüssigkeit zuzuführen. Immerhin gelang es ihm dank der schnellen Reaktion der Komars die Hündin dazu zu bringen, dass sie einen Teil des Giftes samt Köder wieder herauswürgte. Dr. Ramneantu hat die Substanz an ein toxikologisches Labor nach München geschickt, um den Giftcocktail genau analysieren zu lassen.

Über den Berg ist Gilah aber auch beim Besuch der MZ am frühen Donnerstagnachmittag noch nicht. JedenTtag bekommt sie jetzt fünf bis sechs Stunden lang Infusionen. Der Hainsackerer Tierarzt sieht ihre Überlebenschancen mittlerweile bei 50:50, gibt sich schließlich aber gegenüber Petr Komar noch zuversichtlicher. „Wir bekommen sie wieder hin“, macht er dem Rohrdorfer Mut, der die ganze Zeit über stumm und voll Sorge auf seinen schlafenden Hund geblickt hat. „Zweimal Gift in unserem Garten, das finde ich brutal“, sagt er jetzt. Petr Komar ist davon überzeugt, dass die kleine Gilah entweder das Opfer eines grausamen Hundehassers ist oder jemand mit dieser Tat ihn und seine Frau treffen wollte. Der Rohrdorfer überlegt jetzt, ob er in seinem Garten künftig eine Videoüberwachung installiert.

Anzeige bei der Polizei erstattet

Noch am Mittwoch hat er deshalb Anzeige bei der Polizeiinspektion Nittendorf erstattet, die jetzt mögliche Zeugen der beiden Taten sucht. Wer verdächtige Beobachtungen gemacht hat oder Hinweise auf den Täter geben kann, wird gebeten, sich mit der Polizei unter der Nummer (0 94 04) 9 51 40 in Verbindung zu setzen. Polizeichef Jakob Schels hofft zwar, dass es Zeugen gibt, doch weiß er auch, dass es schwer ist, in solchen Fällen die Täter zu überführen. Eine Häufung solcher Giftattacken auf Haustiere hat Schels jedoch in letzter Zeit nicht festgestellt.

Das liegt allerdings offenbar daran, dass manche dieser Taten nicht angezeigt werden, nicht als solche zu erkennen oder tatsächlich auch unglückliche Zufälle sind. Denn der Hainsackerer Tierarzt hatte in den vergangenen drei Wochen so viele Vergiftungsfälle in der Praxis, wie ansonsten maximal im ganzen Jahr. Einen weiteren Hund aus Straubing und zwei Katzen musste er zuletzt in der Praxis behandeln. Für eine der Katzen kam seine Hilfe zu spät, sie musste eingeschläfert werden.

Und dann ist da noch der kleine Blacky. Der gerade mal 20 Wochen alte schwarze Mischling liegt wie ein kleines Häufchen Elend in seinem Körbchen in der Hainsackerer Praxis. Auch er hat ebenfalls Schneckenkorn gefressen, aber deutlich weniger als seine Leidensgenossin aus Rohrdorf. Allerdings stellten sich bei ihm die Symptome dafür auch erst später ein, weshalb sich Dr. Ramneantu dafür entschied, den kleinen Hund zu operieren, um sein Leben zu retten. Blacky gehört dem 19-jährigen Fabian Rduch aus Illkofen, der im Gegensatz zur Familie Komar nicht weiß, wo sein Hund das Gift gefressen hat. Dass der kleine Mischling die Sache unbeschadet übersteht, sieht ganz gut aus. Um ihn künftig vor solchen Attacken zu bewahren, hat sich Fabian Rduch vorgenommen, mit Blacky eine Ausbildung zu machen, bei der dem Hund antrainiert wird, vom Boden nichts mehr zu fressen. Bis er das gelernt hat, wird Blacky für Spaziergänge einen Maulkorb bekommen.

Erst im November wurde vorGiftködern in Wenzenbachgewarnt.

Skurril: Ein Hund in Lappersdorf schluckte vor wenigen Wochenbeim Gassigehen Cannabis. Das Tier wurde im Rauschzustand zum Tierarzt gebracht.

Auch in Zeitlarn gab es einen Vorfall mit einem Hund. Dort nahm ein Vierbeinerein mit Rattengift versetztes Stück Salami ins Maul.

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