Industriegebiet

Der 75-Meter-Riese ist gefallen

Der Schornstein auf dem früheren Süd-Chemie-Areal in Kelheim ist Geschichte – in zwei Teilen wurde das Bauwerk abgetragen.

04.09.2018 | Stand 16.09.2023, 6:02 Uhr
Elfriede Bachmeier-Fausten

Der untere Teil des alten Schornsteins ist gefallen. Foto: Clariant/Stefan Pielow

Ein Industriekamin im Kelheimer Stadtteil Affecking ragt seit Samstag nicht mehr gen Himmel: der Schornstein auf dem einstigen Süd-Chemie-Gelände, das der Clariant AG gehört. Der untere Teil des 75 Meter hohen Kamins ist im Jahr 1938 errichtet worden, der obere Bereich nach Angaben von Clariant in den 1970er-Jahren.

Nahezu unbemerkt

Nur sehr wenigen war wohl bekannt, dass der Schornstein am 1. September verschwindet. Im Laufe der vergangenen Woche war abends einmal zu beobachten, wenn man auf der Straße von Kelheim in Richtung Saal fuhr, dass eine Person in luftiger Höhe am Kamin sich bewegte. Der Schornstein-Abbruch erfolgte dann auch ohne, dass die Öffentlichkeit davon etwas mitbekam – auch in der Nähe in Affecking nicht.

Clariant teilte am Montag auf Anfrage mit: „Der Abriss wurde am Samstag erfolgreich durchgeführt. Der Schornstein wurde an zwei Stellen gezielt geschwächt und im Anschluss in zwei Teilen per Seilzug in die vorgesehene Richtung umgelegt.“ Einschließlich der Vorbereitungen dauerte die Abriss-Aktion am Samstag „circa sechs Stunden“. Es seien drei Mitarbeiter von Clariant und fünf Personen von Abbruchunternehmen im Einsatz gewesen. Wegen der Entsorgung des Abbruchmaterials hieß es seitens der Unternehmenssprecherin: „Der Bauschutt wird auf Schadstoffbelastung untersucht und im Anschluss ordnungsgemäß entsorgt.“

Stephan Schweiger, Leiter der Instandhaltung der Firma Gimborn, die sich auf einem Bereich des Clariant-Geländes befindet, war vor Ort, als der obere Kaminbereich am Samstagmittag abgetragen wurde. „Man hat die Erschütterung schon gespürt auf dem Gelände“, sagte er gegenüber unserem Medienhaus. Mittels eines großen Traktors mit Seilwinde sei das obere Schornstein-Teil heruntergezogen worden.

Bereits im Vorfeld war geplant, den Kamin für die Abluft aus der einstigen Schwefelsäure-Herstellung an zwei Stellen gezielt zu schwächen und dann in zwei Teilen in die nordwestliche Richtung auf den Boden zu holen. Als Grund für die Abbruchmaßnahme gab eine Sprecherin von Clariant „Verkehrssicherungsgründe“ an.

Das Unternehmen Chemie Kelheim war der letzte Betrieb, der auf dem Clariant-Standort in Kelheim-Affecking unweit des Hafengebietes Schwefelsäure und Oleum produzierte. Im November 2016 hatten die 32 Mitarbeiter erfahren, dass ein Insolvenzantrag gestellt worden war.Am 10. Januar 2017 wurde vom Insolvenzgericht am Amtsgericht Regensburg das Insolvenzverfahren für das Werk eröffnet.Chemie Kelheim war Mieterin auf dem Industriestandort von Clariant im Stadtteil Affecking. Wie Clariant dieser Tage auf Anfrage mitteilte, „besteht im Zusammenhang mit der Insolvenz der Chemie Kelheim ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zur Durchführung von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, der zur Zeit abgearbeitet wird“.

Auf die Frage, was Clariant auf dem Industriegelände in Kelheim plant, antwortete die Unternehmenssprecherin: „Grundstück und Gebäude sind weiterhin Gegenstand verschiedener Gespräche. Es werden derzeit Optionen für eine weitere industrielle Nutzung geprüft. Eine Entscheidung ist noch nicht getroffen worden.“ Auf die Frage nach anderen Mietern auf dem Clariant-Gelände wurde mitgeteilt, dass mit vier Unternehmen weiterhin „Mietverhältnisse bestehen“.

Clariant plant keine Produktion

„Clariant hat die Süd-Chemie im Jahr 2011 übernommen. Das Gelände in Kelheim gehört zum Portfolio der Süd-Chemie. Clariant verfügt über keine Produktionsanlagen am Standort und plant nicht, in Kelheim eine neue Produktionsstätte aufzubauen.“

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