Eiserne Hochzeit

Beim Melkkurs hat es damals gefunkt

Das Ehepaar Graf aus Dieterskirchen ist seit 65 Jahren verheiratet. Ihr Geheimrezept: Respekt und Akzeptanz füreinander.

31.01.2022 | Stand 15.09.2023, 21:34 Uhr
Ralf Gohlke
Hermine und Georg Graf haben 2021 das seltene Fest der Eisernen Hochzeit, 65 gemeinsame Jahre, feiern dürfen. −Foto: Ralf Gohlke

In der Regel plätschert die Ascha in Dieterskirchen relativ ruhig vor sich ihn. In der Schneeschmelze oder bei Starkregen steigt sie dann gelegentlich auch mal aus ihrem Bett, ohne jedoch großen Schaden anzurichten. Richtig wild wurde sie allerdings bei schweren Unwettern im Juli 1956. Seinerzeit riss sie sämtliche Brücken im Gemeindegebiet mit sich. Für Georg Graf (88) und Hermine Kraus (85) bleibt dieser Sommer besonders in Erinnerung, denn ihre Hochzeit fiel genau auf den 16. und 17. Juli.

„Die Brücken waren natürlich noch nicht so stabil gebaut wie heute, aber die innerörtlichen, kurzen Verbindungen waren erstmal gekappt“, erinnert sich Georg Graf im Gespräch mit der Mittelbayerischen. Sogar Eisenträger lagen auf der Wiese.

Pandemie ermöglichte keine große Feier

Auch 2021 war wieder so ein erinnerungswürdiges Jahr. Anstatt ihren 65. Hochzeitstag, genannt auch „die Eiserne“, gemeinsam mit der Familie und Freunden feiern zu können, stand die Pandemie dazwischen. Ihren Humor haben beide aber trotzdem nicht verloren und erzählen gern von ihren gemeinsamen Jahren.

Das Kennenlernen gestaltete sich eher unromantisch. Georg aus Weislitz und Hermine aus Teunz nahmen in der damals noch landwirtschaftlich geprägten Umgebung gemeinsam an einem Melkkurs teil. „Für die Praxis mussten wir nach der Theorie am Gummieuter zu verschiedenen Landwirten und dort Probemelken“, erklärt Georg. Dabei habe es dann zwischen ihnen gefunkt. Daraus resultierte auch eine zunächst noch uneheliche Tochter, was natürlich damals einen kleinen Skandal im Dorf bedeutete. Die Grafs ließen sich davon nicht beirren und schlossen eben ein Jahr später standesamtlich und kirchlich die Ehe. Gefeiert wurde eher bescheiden zu Hause in Dieterskirchen. Um zur Kirche zu gelangen, musste Georg allerdings von Weislitz mit der Kutsche über Winklarn dorthin fahren, weil die fünf Brücken weg waren.

Sich gegenseitig respektieren

Das Wichtigste für Georg Graf war es immer, die kleine Familie zu ernähren, zu der auch noch ein Sohn kam. Viele Tätigkeiten und Berufe prägten Georg Grafs Leben. Mit 42 Jahren drückte er noch einmal die Schulbank und lernte Maschinenschlosser, um den „Hilfsarbeiterstatus“ endlich loszuwerden. Schlimm war für beide der Verlust ihrer Tochter, die nur 54 Jahre alt wurde. Freude bereiten dagegen die drei erwachsenen Enkel und das Urenkerl.

Die Grafs haben sich das Leben immer schön gestaltet und sind bis ins hohe Alter oft und spontan verreist. Die gewohnten Badeaufenthalte hat nun Corona gestoppt.

Papierene Hochzeit:Hölzerne Hochzeit:Rosenhochzeit:Silberhochzeit:Gold und Eisen:Himmelshochzeit:
Ein Jahr nach der Eheschließung ist der Zusammenhalt noch eher dünn. Weiter geht es mit Baumwolle, Leder und Seide.Ob das etwas mit dem „Nudelholz“ nach fünf Jahren zu tun hat, ist nicht belegt.Bis zum zehnten Hochzeitstag schließen sich eher unedle Metalle und Keramik an.Verschiedene Materialien und Blumen begleiten den Weg der Paare dann bis zum 25. Jahr.Wer 50 Jahre geschafft hat, kann die „Goldene Hochzeit“ feiern, bei 65 Jahren ist es die „Eiserne“.100 Jahre müsste die Ehe bestehen, wenn das erreicht werden soll.

Aus dem Rezept für ihr ungebrochenes Zusammenstehen machen beide kein Geheimnis: „Man muss sich gegenseitig einfach respektieren und akzeptieren und das Leben nicht ganz so ernst nehmen“, erklärt Georg. Wenn doch mal gestritten wird, sollte man nicht zu lange miteinander zürnen. Jeder habe eben seine Marotten. Altersbedingt stellt sich natürlich auch die eine oder andere Krankheit ein – aber auch die werden gemeinsam angegangen und bewältigt. An Freizeitbeschäftigungen mangelt es beiden in keiner Weise.

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