EU-Projekte Kelheim

Kräfte sammeln für Krisenzeiten

Die EU will regionale „Resilienz“ fördern. Das wird bedeutsam für alle im Kreis Kelheim, die ein „Leader“-Projekt planen.

18.05.2022 | Stand 15.09.2023, 5:16 Uhr
Nachhaltiger und naturverträglicher Tourismus ist eines der Kelheimer Ziele für die neue Leader-Förderphase. −Foto: Dietmar Denger/Dietmar Denger

Die Welt stolpert gerade von einer Krise in die nächste. Deshalb stellt die EU ihre Regionalförderung „Leader“ jetzt unter das Motto „Krisenfestigkeit“. Neue Projekte, die im Kreis Kelheim geplant werden, müssen deshalb nachweisen, dass sie die genannte Resilienz erhöhen; nur dann fließt Fördergeld aus Brüssel.

2022 startet die neue, bis 2027 dauernde Förderphase des EU-Programms „Leader“. Auch dann will sich die landkreis-weite Leader-Region Kelheim wieder ein Budget aus dem EU-Zuschusstopf sichern. Dazu braucht es eine neue „Lokale Entwicklungsstrategie“, in der die Akteure vor Ort festlegen, wo es Handlungsbedarf gibt und welche Ziele man sich vornimmt. Diese Akteure – die „Lokale Aktionsgruppe Landkreis Kelheim eV.“ (LAG) – haben in ihrer jüngsten Sitzung beschlossen, dass auch künftig Projektideen (mindestens) einem von vier Entwicklungszielen dienen müssen, damit die LAG sie befürwortet. Sie ähneln den bisherigen Zielen.

Geschäftsstelle:Lokale Aktionsgruppe:Bewilligungsstelle:
An EU-Förderung zu kommen, ist nicht einfach. Deshalb fungiert eine Leader-Geschäftsstelle als Bindeglied zwischen Antragstellern und den lokalen und überregionalen Entscheidern. Im Kreis Kelheim ist sie beim Kelheimer Landschaftspflegeverband VöF angesiedelt; Anne-Katharina Mahle ist die Leader-Managerin.Sie ist die erste „Instanz“ für neue Leader-Projekte: Die LAG muss prüfen, ob das Projekt zu den LAG-Zielen und Handlungsfeldern passt. Die LAG ist als eingetragener Verein organisiert, bei dem alle Interessierten Mitglied werden können. Ihr sollen Vertreter der Wirtschafts- und Sozialpartner, von Politik und Verwaltung sowie der Zivilgesellschaft angehören.Das eigentliche Antrags- und Bewilligungsverfahren für ein Leader-Projekt führen in Bayern die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten (AELF) durch. Für Kelheim ist das AELF Ingolstadt-Pfaffenhofen zuständig; Agnes Stiglmaier fungiert dort Leader-Koordinatorin.

Ein Ziel heißt nun „Ressourcenschutz, Biodiversität, Klimaschutz und -anpassung fördern“. Antragsteller können punkten, wenn ihr Projekt der Energieerzeugung vor Ort dient; wenn sie eine innovative Boden- und Wassernutzung planen oder Gebäude-Leerstände beseitigen wollen; wenn sie zum Klimaschutz beitragen.

Außerdem sollen Land- bzw. Wirtschaft „enkel-tauglich“ und der Tourismus nachhaltig werden: mit Projekten zur Regionalvermarktung; Aus- und Fortbildungs- sowie Initiativen gegen den Fachkräftemangel; und Projekten für einen nachhaltigen, naturverträglichen Tourismus.

Als drittes Ziel schreibt sich die LAG die Sicherung von Dorf-Strukturen und -Kultur auf die Fahnen: indem alte und historische Bausubstanz erhalten wird; mittels Projekten für ein aktives Dorfleben und eine bessere Nahversorgung; und mittels Projekten, mit denen Jugendliche und junge Familien am Ort gehalten werden.

Handlungsbedarf bei Sozialem

Viertes Ziel ist es, „Soziales Miteinander, Bildung und gesundes Leben“ zu stärken: durch Projekte zu Bildung, mehr Lebensqualität und neuen medizinischen sowie sozialen Betreuungsmöglichkeiten Jung und Alt. Vor allem bei diesem Ziel gibt es offenkundig im Kreis Kelheim noch Handlungsbedarf.

Denn die Kelheimer Leader-Geschäftsstelle hat wie gefordert eine Evaluierung zur derzeitigen Leader-Förderung durchgeführt. Darin haben Vertreterinnen und Vertreter von Vereinen und Kommunalpolitik im Landkreis geurteilt, dass „Leader“ bislang gute Effekte bei Klima- und Ressourcenschutz sowie Tourismus und regionale Land-/Wirtschaft auslöste; außerdem überwiegend gute Effekte für die Dorfkultur. Im Bereich Demografie/ Bildung sahen einige Befragte nur mittelmäßige Erfolge. Das schilderten Leader-Managerin Anne-Katharina Mahle und VöF-Geschäftsführer Klaus Amann.

Mit Blick auf die nächste Förderperiode und ihr Leitmotiv „Resilienz“ muss die LAG beleuchten, wo der Landkreis bislang „verwundbar“ scheint, sprich: Handlungsbedarf besteht. Bei Ökologie und Klima muss nach Ansicht von lokalen Experten mehr für Schutz und Renaturierung von Mooren sowie den Humus-Aufbau in den landwirtschaftlichen Böden getan werden, ebenso für Bio- und regionale Produkte, fasste Anne-Katharin Mahle Anregungen regionaler Experten zusammen. Auch im Bereich Wirtschaft sollen Unternehmen für Klimaschutz und regionale Kreisläufe sensibilisiert werden sowie für das Gesundheitsmanagement. Im Bereich Dorfleben soll die Kulturlandschaft erhalten und an den Klimawandel angepasst werden. Im Bereich „Soziales“ sehen Experten noch Bedarf an „menschenfreundlichen Betreuungsmöglichkeiten“ für Alt und Jung.

Das alles als „Verwundbarkeit“ des Landkreises zu bezeichnen – wie es die Leader-Terminologie tut – fand Landrat und LAG-Vorsitzender Martin Neumeyer zu alarmistisch: „Der Landkreis, in dem ich lebe, ist nicht ,verwundbar‘“, sagte er mit Nachdruck. Eine solche Einstufung sei indes nötig, damit die LAG ein Thema als künftiges „Handlungsfeld“ definieren und später dann Projektanträge genehmigen kann, erklärte VöF-Geschäftsführer Amann.

URL: https://www.mittelbayerische.de/archiv/1/kraefte-sammeln-fuer-krisenzeiten-11813510
© 2024 Mittelbayerische.de