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Essen an der Schule: Ein Blick über den Tellerrand

08.05.2023 | Stand 15.09.2023, 0:09 Uhr
Beim Pausenverkauf: Michaela Jobst und Marjam Abbasquour −Foto: Andrii Buchatskyi

Es betrifft uns jeden Tag, aber oft macht man sich nicht so viele Gedanken darüber: das Schulessen. Wir haben uns damit beschäftigt, was es in Mensa und Kiosk gibt. Und wir haben Schüler gefragt, was ihnen gefällt und was sie gerne anders hätten.

13 Uhr und wie immer um diese Zeit sitzt unsere ukrainische Klasse in der Mensa des Werner-von-Siemens-Gymnasiums. Heute sind wir aber nicht nur auf der Suche nach einem duftenden Schnitzel mit Kartoffeln und Salat, auch nicht, um den letzten Test in Deutsch zu besprechen, sondern wir machen uns Gedanken über das Schulessen. Schließlich isst der durchschnittliche Mensch im Laufe seines Lebens 35 Tonnen Lebensmittel, was durchschnittlich 750 Kilogramm pro Jahr sind. Wir essen, um zu leben und um die nötige Energie zu erhalten. Denn unsere gute Laune, unsere geistige und körperliche Aktivität, der gesunde Schlaf, die gute Figur und die reine Haut hängen von der richtigen Ernährung ab.

Aber jeder von uns hat seinen eigenen Geschmack, individuelle gastronomische Vorlieben und seine eigene Vorstellung von gesundem Essen, auch in der Schule. Deswegen laden wir Matthias Boßle von den Johannitern, die das Siemens-Gymnasium mit Essen beliefern, zu uns in den Unterricht ein.

Johanniter versuchen, umweltfreundlich zu sein

Der gelernte Koch und Betriebswirt ist für den Unterricht zuständig und erklärt uns: „Die Johanniter sind ein eingetragener Verein. Das heißt, dass der Gewinn nicht ihr Hauptziel ist. Die Lebensmittelpreise sind im letzten halben Jahr um 40 Prozent gestiegen, aber der Preis für das Essen in der Mensa ist seit September gleich geblieben.“ Zudem versuchen die Johanniter, umweltfreundlich zu sein. Es sollen möglichst wenige Plastikverpackungen verwendet werden.

Neben dem Experten, der uns die Hintergründe erläutert, interessieren uns vor allem die Kinder, die täglich hier essen. Die meisten sind recht jung. Die elfjährige Angel meint: „Das Essen ist lecker und gesund, aber es ist ein bisschen laut in der Mensa. Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich den Speisesaal vergrößern.“ Auch Melda (zehn Jahre) hat ihre eigenen Ansichten: „Ich finde das Essen in der Kantine gesund und gut und auch nicht teuer. Mein Lieblingsessen ist Schnitzel mit Salat. Die Atmosphäre ist gemütlich. Aber ich würde etwas mit den Dekorationen machen.“ Die Schulkinder haben also ihre eigenen Ansprüche an das Mittagessen in der Schule. Es soll vor allem lecker, aber auch abwechslungsreich sein. Ihrer Meinung nach sollte ein Buch ausgelegt werden, in dem neue Essenswünsche notiert werden können. Die Atmosphäre ist für unsere Befragten wichtig, denn es geht sowohl bei der gemeinsamen Zeit am Tisch nicht nur darum, den Hunger zu stillen, sondern auch um eine großartige Gelegenheit, mit Freunden zusammen zu sein, sich zu unterhalten, Pläne für den Abend zu besprechen, interessante Dinge nach dem Wochenende zu erzählen.

Einige Schüler wollen sogar eine musikalische Begleitung in der Schulkantine einführen. Problematisch ist dabei nur, dass die musikalischen und gastronomischen Vorlieben bei allen Schülern unterschiedlich sind. Auch der Schulleiter, Berthold Freytag, ist der Meinung, dass nur zwei Regeln funktionieren: „Gutes Essen – mehr Kinder; schlechtes Essen – weniger Kinder."

Schöne Atmosphäre

Ein interessanter Vorteil, den deutsche Schüler haben und den zum Beispiel ukrainische Mensen nicht kennen, ist das Online-Bestellsystem. Die Schüler haben zwei Menüs zur Auswahl, die Kinder erhalten diese mit einem speziellen Chip. Ein weiterer Unterschied ist die Verfügbarkeit eines separaten Menüs für Vegetarier. In der Ukraine können Schulkinder nur darum bitten, bestimmte Produkte nicht zu ihren Tellern hinzuzufügen.

Dennoch essen nicht alle Kinder in der Schulmensa. So hat die Schule einen eigenen Kiosk mit exklusiven Gerichten und Produkten sowie einem vegetarischen Sortiment. Das Essen am Kiosk wird von Lehrern und Kindern unterschiedlichen Alters und Vorlieben gekauft. Der Vorteil eines solchen Mini-Shops ist die Möglichkeit, jederzeit Lebensmittel einkaufen zu können, im Vergleich zur Mensa. Es herrscht eine sehr schöne Atmosphäre, die von drei Mitarbeiterinnen geschaffen wird. „Wir verbringen hier viel Zeit und ich finde, dass der Kiosk genauso schön und gemütlich sein sollte wie das Haus“, sagt eine Mitarbeiterin.

Beliebt: „Mamas-Sandwich“

Vielleicht ist es diese heimelige Atmosphäre, die viele Oberstufenschüler, die das Mittagessen in der Mensa meist ignorieren, an den Kiosk lockt. Anstatt sich in der Mensa einen Snack zu gönnen, essen Oberstufenschüler lieber „Mamas-Sandwich“ oder kaufen in nahe gelegenen Einkaufszentren ein. Ukrainische Schüler machen das meistens so – sie suchen in Geschäften oder in ihren Rucksäcken nach einem Snack, wenn ihre Mutter ein Sandwich von zu Hause hinterlassen hat. Damit ähneln sie ihren deutschen Altersgenossen.

Im vergangenen Jahr begann in der Ukraine die Reform der Schulverpflegung. Die wichtigsten Innovationen sind: Die Nahrung der Schüler muss Getreide, Kartoffeln, Obst, Gemüse, Milch, Milchprodukte, Fleisch, Fisch, Eier, Nüsse, Hülsenfrüchte und gesättigte Fette enthalten. Aber keine Würste, überschüssigen Zucker, Salz und Transfette. Und bei Buffets gibt es ein Verbot von Chips, Croutons, Kuchen, kohlensäurehaltigen Getränken, nicht pasteurisierten Säften, Milchprodukten und Kaffee.

Spezielles Wochenmenü

Um den Umstieg auf eine neue Ernährung zu erleichtern, hat das Team des berühmten ukrainischen Kochs und Gründers des Sozialprojekts „Neue Schulernährung“, Yevhen Klopotenko, ein spezielles Vier-Wochen-Menü entwickelt. Neben traditionellen ukrainischen Gerichten enthält es auch Gerichte, die für die Schulküche untypisch sind, wie Chili con Carne, Bolognese, Frittata, Gnocchi oder Minestrone. Folglich ist es egal, in welchem Land der Schüler lebt und für welches Schulmenü er sich entscheidet, Hauptsache ist, dass jedes Kind sich gesund ernährt. Denn Gesundheit beginnt beim Essen, deshalb sollte gesunde Ernährung in der Familie, in der Schule, auf dem Land und in der Welt ein Trend sein.

Das Pilotprojekt InGym richtet sich an besonders leistungsfähige Schüler der Jahrgangsstufen 6 bis 9 mit Flucht- oder Migrationshintergrund. In kürzester Zeit werden sie intensiv in deutscher Sprache sowie in verschiedenen Fächern gefördert. In der Klasse 9ing lernen am Siemens-Gymnasium derzeit 19 Schüler, aktuell allesamt Ukrainer. Die Projektklasse ist aber nicht nur für Ukrainer geöffnet.

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