Die Bauabnahme ist mehr als reine Formsache. Der Termin ist - wie die Unterzeichnung des Kaufvertrages - ein wichtiger Rechtsakt. Was Bauherren wissen müssen und wie sie sich darauf gut vorbereiten.
Endlich ist das Haus fertig. Die Bauabnahme ist ein Meilenstein: Rechtlich bedeutet sie, dass der Bauherr die vom Bauunternehmer erbrachte Leistung entgegennimmt. Gleichzeitig bestätigt er damit, dass im Wesentlichen alles fertiggestellt und mangelfrei ist. Daher sollten Bauherren sich gut auf den Termin vorbereiten und ihre Rechte kennen.
„Der Bauherr ist verpflichtet, das Bauwerk abzunehmen, wenn es vertragsgemäß und mängelfrei fertiggestellt ist“, sagt Erik Stange vom Bauherren-Schutzbund in Berlin. „Wann das der Fall ist, entscheidet in der Regel aber das Bauunternehmen. Es lädt zur Bauabnahme ein, wenn aus seiner Sicht die Leistung vertragsgemäß erbracht ist.“
Die rechtlichen Konsequenzen
Was Bauherren bewusst sein sollte: Die Bauabnahme hat gravierende rechtliche Konsequenzen. Denn danach „kann der Bauunternehmer die Schlussrechnung stellen und hat Anspruch auf die vollständige Bezahlung der Werkleistungen“, sagt Erik Stange.
Außerdem gehen dann auch bestimmte Rechte und Pflichten vom Bauunternehmer auf den Bauherren über. So ändert sich mit der Bauabnahme etwa die Beweislast, wer eventuelle Mängel verursacht hat.
Während vor der Unterschrift des Abnahmeprotokolls also das Bauunternehmen beweisen muss, dass es mängelfrei gearbeitet hat, gilt danach: Der Bauherr muss beim Auftreten von Mängeln dem Bauunternehmen nachweisen, dass es die Mängel verursacht hat, und zwar innerhalb der Gewährleistungsfrist. Nur dann muss die Firma den Schaden kostenfrei beheben.
Es liegt also im Interesse des Bauherren, eventuelle Mängel am besten schon vor der Bauabnahme zu finden. Damit die Firma diese noch rechtzeitig beseitigen kann und ihm keine Zusatzkosten entstehen.
Termin auf der Baustelle
In den meisten Fällen besichtigen Bauherr und Bauunternehmer die Baustelle aber im Rahmen des Bauabnahme-Termins gemeinsam, um eventuelle Mängel zu entdecken. Das Problem: „Bauherren haben oft vorher kaum Zugang zur Baustelle oder erhalten nur gegen vorherige Anmeldung Zutritt während der Bauphase“, so Sabina Böhme von der Arbeitsgemeinschaft Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein.
„Deshalb sollten sie den Tag der Bauabnahme gut nutzen und das Bauwerk genau unter die Lupe nehmen.“ Für einen Neubau gibt es etwa eindeutige Kriterien, wann dieser abnahmereif ist. „Er muss zum Gebrauch tauglich, ohne Mängel und nach den allgemeinen Regeln der Technik errichtet worden sein“, erklärt die Rechtsanwältin.
Das Abnahmeprotokoll
Grundsätzlich ist der Bauherr bei dem Termin angehalten, das Abnahmeprotokoll zu führen. „Aber in der Praxis ist es verbreitet, dass der Vertreter der Baufirma einen Vordruck mitbringt, der dann bei der Begehung ausgefüllt wird“, sagt die Rechtsanwältin.
Sie rät Bauherren, die Bauabnahme gemeinsam mit einem unabhängigen Bauexperten zu absolvieren. Denn: „Die meisten Bauherren und Käufer sind baufachliche Laien. Ein Experte kennt mögliche Schwachstellen am Bau und kann eventuelle Schäden gut einschätzen.“
Noch besser sei es, wenn der Experte den Bau über die gesamte Bauphase begleitet. Denn manche Mängel sind bei der Abnahme nicht mehr sichtbar, weil sie überbaut wurden. Klassisches Beispiel: eine Fußbodenheizung, über die der Boden verlegt wurde.
Wichtig ist, alle Mängel und ausstehenden Restarbeiten im Abnahmeprotokoll festzuhalten. Nur dann werden sie später berücksichtigt. Das gilt auch für bereits angezeigte Mängel, die die Baufirma bislang nicht beseitigt hat.
„Sonst gelten sie als abgenommen, weil die Baufirma nur Mängel beseitigen muss, die im Protokoll stehen“, warnt Sabina Böhme. Bauherren können also nicht davon ausgehen, dass längst bekannte Mängel selbstverständlich mit beseitigt werden.
Im Zweifel Unterschrift verweigern
Sofern das Bauwerk abnahmereif ist, unterschreiben beide Parteien das Abnahmeprotokoll - also wenn keine wesentlichen Mängel vorliegen, die den Gebrauch beeinträchtigen oder umfangreiche Maßnahmen und hohe Kosten zur Beseitigung erfordern.
Meist nimmt der Vertreter der Baufirma dann das Schriftstück mit. „Bauherren sollten es aber nicht aus der Hand geben, ohne vorher eine Kopie gemacht zu haben“, rät Erik Stange. Auch Rechtsanwältin Sabina Böhme hält das für wichtig, denn: „Man sollte sich nicht darauf verlassen, dass das Bauunternehmen irgendwann eine Kopie schickt.“
Sicherer sei es, sämtliche Seiten des Protokolls zu fotografieren. „So hat der Bauherr einen Nachweis, welche Mängel erfasst wurden und bis wann welche Mängel beseitigt sein müssen“, sagt die Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht.
Gibt es Zweifel, ob das Bauwerk schon abnahmereif ist, kann der Bauherr seine Unterschrift erst einmal verweigern. Liegen wesentliche Mängel vor, muss die Baufirma diese beseitigen und dann zu einem neuen Termin einladen.
Fiktive Abnahme vermeiden
Manchmal wird auch eine Teilabnahme vorgeschlagen, etwa, dass nur der Rohbau abgenommen wird. „Das ist aber ein großes Risiko für den Bauherrn“, warnt Erik Stange. Denn damit geht nicht nur die Beweislast für diesbezügliche Mängel auf ihn über. „Auch das Risiko der Beschädigung oder Zerstörung liegt dann bei ihm. Er muss also dafür geradestehen, wenn das Bauwerk durch Wettereinflüsse oder Vandalismus Schaden nimmt“, so Erik Stange.
Wichtig: Bauherren sollten immer auf die Einladung des Bauunternehmens reagieren - zumindest schriftlich. „Wenn sie meinen, dass noch Mängel bestehen, sollten sie die Abnahme verweigern, mindestens einen gravierenden Mangel schriftlich geltend machen und eine angemessene Frist zur Beseitigung setzen“, rät Erik Stange.
Denn wer die Einladung völlig ignoriert, weil etwa nicht alle Mängel beseitigt wurden, geht ein Risiko ein: Der Bau kann dadurch als abgenommen gelten. „Dann kann es sich um eine fiktive Abnahme handeln und alle Abnahmewirkungen treten ein“, so Erik Stange.
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