REISE-REPORTAGE
Mit dem E-Bike durchs Kufsteiner Land: Jeder Halt ein Hochgenuss

18.10.2024 |

Wege wie Ziele der Kaiserweis’-Radrouten sind ein Erlebnis. Diesen besonderen Blick auf den Inn, den Kufsteiner Hausberg Pendling (rechts) und den „Zahmen Kaiser“ (links) genießen Radfahrer oberhalb des Dorfes Ebbs auf dem Weg nach Niederndorf.  − Fotos: Matthäus Gartner, Ingrid Frisch



Ein charmantes, lebendiges Städtchen – das ist Kufstein. Die „Perle Tirols“ eignet sich bestens, um mit dem E-Bike auf Entdeckungsreise zu gehen: am Inn entlang, ins Kaisergebirge, auf Almen und in Dörfer zu kreativen Produzenten regionaler Köstlichkeiten.

Mal geht es entspannt am Inn entlang, mal über sanfte bis knackige Anstiege bis in hochalpines Gelände. Wer nicht nur die Natur, sondern auch die kulinarischen Perlen des Kufsteiner Landes entdecken will, radelt auf einer der drei „Kaiserweis’-Touren“. Dahinter steckt ein Schulterschluss von Gastronomen, Produzenten und Schaubetrieben aus den acht Dörfern Bad Häring, Ebbs, Erl, Langkampfen, Niederndorf, Niederndorferberg, Schwoich und Thiersee. All diese kreativen Handwerker haben eines gemeinsam: Sie halten Tiroler Traditionen hoch und verknüpfen sie mit neuen Ideen.

Die Kaiserweis’ vom Radsattel aus erleben sportliche Feinschmecker am intensivsten auf der 71 Kilometer langen Runde von Kufstein über den Walchsee bis Kössen und über Rettenschöss und Niederndorf wieder zurück. Auf einem E-Bike sind sie schnell genug, um diese Distanz an einem Tag zu schaffen. Und sie sind langsam genug, um die Naturschönheiten rechts wie links zu sehen, zu riechen und zu hören: Die Panoramen des Wilden und Zahmen Kaisers, prächtig herausgeputzte Bauernhäuser, das Heu auf den Wiesen.

Die Alleskönner vom Kronbühelhof

Auch jede Verschnaufpause wird zum Genuss für Augen, Ohren und Gaumen. Wer zum Beispiel auf dem Kronbühelhof Halt macht, begegnet außergewöhnlichen Menschen und erlebt Erstaunliches: Manfred Höck ist ein Tausendsassa. Auf dem Hof, vom Vater übernommen, betreibt der 57-Jährige, der früher in der Pharmaindustrie beschäftigt war, Forstwirtschaft, hält zehn Mutterkühe und 35 Bienenvölker und brennt in seiner mit Holz beheizten „Crownhill-Destillerie“ 45 Sorten Whiskey, Rum, Gin und Obstbrände. Und zwar mit so viel Kreativität und von so hoher Qualität, dass der Edelbrandsommelier regelmäßig bei internationalen Wettbewerben Siege einfährt.

Äpfel, Birnen, Zwetschgen und Beeren stammen von den eigenen Streuobstwiesen. Höck ist ein furchtloser Ausprobierer und Anpacker, dem scheinbar alles mühelos gelingt: Die 160 Obstbäume schneiden? Macht er selbst. Die professionellen Videos über seinen Betrieb drehen und schneiden? Macht er selbst („do pack i mei I-Phone und dahi geht’s“). Ein perfektes Gewölbe mauern, in dem sein Whiskey in Fässern reift? Hat er selbst gemacht – mit Anleitungen von „Mr. Google“. Auch sein Sohn ist ein kreativer Geist, allerdings auf einem anderen Feld: Er hält Hühner, schreibt Fachbücher über sein Federvieh und hat auf seinem Social-Media-Kanal „happy huhn“ fast eine Million Follower.
 

Bier neu erfunden: Mit Kürbis, Rüben, Zirben und Molke

Auch Christoph Bichler ist ein heimatverbundener, geerdeter Tiroler mit moderner Denke und Mut zu Neuem: Mit seinem jungen Team verknüpft der gelernte Koch die Kunst des Bierbrauens mit kreativer Freiheit. Bierol, eine Wortschöpfung aus Bier und Tirol, nennen sie ihre Marke. Die Idee von einer kleinen Brauerei hat er aus den USA mitgebracht. In dem Dorf Schwoich hat er vergangenes Jahr eine moderne Produktionsanlage eröffnet.

Allein neun Fassbier-Sorten werden gebraut und abgefüllt. Der Renner aber sind, vor allem bei jungen Kunden, die außergewöhnlichen Biere, die in bunten, kunstvoll gestalteten Dosen verkauft werden. Inhalt wie Verpackung sind besonders: So gibt es etwa Bier mit Kürbis, Roten Rüben oder ein Zirbenradler. Gemeinsam mit den Jungs der Milchbuben Käserei aus dem nahen Penningberg entwickelte das Bierol-Team das „Ku Brew“: Das erfrischende Molkebier enthält ein Nebenprodukt der Käseherstellung, vereint also zwei kulinarische Welten der Region.

Inmitten der Bergwelt „Zahmer Kaiser“ hat sich Herbert Plangger dem Käse verschrieben. Gute, gesunde Böden, kräftige Tiroler Almkräuter und silofreie Heumilch von 90 Milchbauern aus der Region sind die Basis für den preisgekrönten Schnitt- und Hartkäse der Felskäserei Plangger in Niederndorf.

Eine Kalkstein-Kathedrale für besonderen Käse



Im Oktober 2015 ist der ehemalige Eiskeller eines Gasthauses gesprengt worden, so dass im Kalkstein ein 160 Meter langer, zehn Meter breiter und acht Meter hoher Felsenkeller entstand, in dem sich die Käselaibe auf langen Regalen haushoch türmen. Bei exakt elf Grad reifen in dieser speziellen Umgebung Tilsiter, Sennkäse & Co. drei bis 20 Monate lang – ohne Schimmelrisiko. Schaukäsereien wie die von Herbert Plangger bringen auch Laien den spannenden Herstellungsprozess des einzigartigen Heumilchkäses nahe.

Wer zum Hinterschachnerhof nördlich von Kufstein radelt, den begleitet eine atemberaubende Aussicht auf das Kaisergebirge. Drei Generationen der Familie Anker-Feistl leben und arbeiten auf dem Bergbauernhof im Einklang mit der Natur. Ihre Produkte sind heiß begehrt. Zwei Mal pro Woche werden Bauernbrot, Käse, Marmelade, Fleisch und Wurst aus der hofeigenen Metzgerei, veredelt in der eigenen Selche, auf dem Markt angeboten – und rund um die Uhr in einem Verkaufsautomaten: Tiroler arbeiten eben traditionell und innovativ.


INFORMATIONEN

Die Stadt Kufstein liegt am Inn, an der Grenze zu Bayern, und ist mit rund 20 000 Einwohnern nach Innsbruck die zweitgrößte Stadt Tirols. Sowohl für Natur- als auch Kulturfreunde ist ganzjährig viel geboten.

ANREISEN

Gute Zugverbindungen ab München (das Deutschland-Ticket gilt bis Kufstein) oder auf der Inntalautobahn bis zur Ausfahrt Kufstein.

ÜBERNACHTEN
• Hotel Andreas Hofer in Kufstein, zentrales Stadthotel, guter Startpunkt für Radtouren.
• Hotel „Das Sieben“ in Bad Häring mit großem Wellness- und Gesundheitsangebot.

www.kufstein.com


Redakteurin Ingrid Frisch wurde bei ihren E-Bike-Touren unterstützt vom Tourismusverband Kufsteinerland.

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