North Carolina ist ein US-Bundesstaat, der noch der Entdeckung durch die Deutschen harrt. Dabei herrscht dort eine ebenso ausgeprägte Bierkultur wie in Bayern. Und die Sandstrände von Wilmington ziehen Besucher von der ganzen US-Ostküste an. Die Stadt ist aber auch eine Hochburg der Filmemacher.
Als Bayer fühlt man sich in North Carolina auf Anhieb wohl. In dem US-Bundesstaat mit seinen etwa 10,5 Millionen Einwohnern produzieren über 400 Brauereien Biere von faszinierender Vielfalt. Eine Bierkönigin wie im weiß-blauen Freistaat trifft man in der Hauptstadt Raleigh ebenfalls an. Jessica Holt, die zurecht den Titel „Raleigh Beer Queen“ trägt, hat bereits 1600 Biere verkostet und auf Instagram beschrieben (Instagram: @Raleigh BeerQueen). Sie ist stolz auf ihre irischen, englischen und deutschen Vorfahren und nicht zuletzt dank ihrer Oktoberfest-Erfahrung prädestiniert für diese Aufgabe. „Bier ist ein faszinierendes Produkt“, sagt Jessica Holt und erntet mit diesem Satz weder in North Carolina noch in Bayern Widerspruch.
Das Geld wird nicht mehr mit Baumwolle verdient
Doch damit haben sich die Parallelen zwischen dem Bundes- und dem Freistaat längst nicht erschöpft. Beides sind weltweit anerkannte Bildungs-, Wissenschafts- und Hightech-Standorte. Weil die Ostküsten-Großräume Boston, New York und Washington fast unerschwinglich geworden sind, siedeln sich Konzerne aus Deutschland und China inzwischen lieber weiter südlich in North Carolina an. Der bayerische Autokonzern BMW hatte das wirtschaftliche Potenzial der beiden Südstaaten mit dem Bau seines Werks in Spartanburg im benachbarten South Carolina bereits vor 30 Jahren erkannt.
Auch in North Carolina wird das große Geld längst nicht mehr mit Tabak und Baumwolle verdient. Im amerikanischen Bürgerkrieg von 1861 bis 1865 hatte North Carolina noch auf der Seite der Konföderierten gegen die Abschaffung der Sklaverei gekämpft. Heute zieht das Wissenschaftsdreieck, gebildet aus den Städten Raleigh, Durham und Chapel Hill, junge Talente gleich welcher Hautfarbe aus Indien, China und ganz Europa an. In dieser Metropolregion locken Jobs mit überdurchschnittlichen Einkommen, eine hohe Lebensqualität, kurze und milde Winter sowie entsprechend lange Sommer und ein umfangreiches Freizeit-Angebot. In gut zwei Fahrstunden erreicht man die Traumstrände von Wilmington und ebenso weit entfernt ist die bis zu 2000 Meter hohe Gebirgskette der Appalachen mit ihren Wanderwegen durch unberührte Natur.
Im Kunstmuseum sind 70 Skulpturen von Auguste Rodin ausgestellt
Doch Raleigh wartet noch mit zwei Hidden Champions auf, die man in einer Stadt mit knapp 500000 Einwohnern nicht vermuten würde. Im North Carolina Museum of Art kann man über 5000 Exponate bestaunen. Darunter befinden sich viele Werke bekannter Impressionisten und Expressionisten, die während des Zweiten Weltkriegs aus Europa herausgeschmuggelt und so vor dem Furor der Nazis gerettet wurden. Später wurden die Bilder von wohlhabenden Amerikanern mit „Tobacco Money“ gekauft und dem Museum in Raleigh gespendet. Und für die 70 Skulpturen des französischen Bildhauers Auguste Rodin würde mancher Museumsdirektor in der Grande Nation seine Seele verkaufen.
Weltklasse ist auch das North Carolina Museum of Natural Sciences in der Downtown von Raleigh. Unvergesslich bleiben hier die Skelette riesiger Wale, die gleichsam an der Decke schweben. Einen weiteren Schwerpunkt dieses Naturkundemuseums bildet die Erforschung von Dinosaurier-Fossilien. Nur durch eine Glasscheibe getrennt, kann man Paläontologen im Dino Lab bei der Arbeit zusehen.
Saurier lagen 67 Millionen Jahre gemeinsam im Grab
Bei der Multimedia-Präsentation „Dueling Dinosaurs“ erfährt man alles über einen spektakulären Ausgrabungsfund, in dem ein Tyrannosaurus und ein Triceratops miteinander verschlungen sind. Rund 67 Millionen Jahre ruhten sie gemeinsam in einem Grab, nun geben sie den Forschenden ihre Geheimnisse preis.
Danach lässt man den Tag in einem der vielen Biergärten ausklingen. Der Raleigh Beer Garden in der Glenwood Avenue hat es sogar ins Guinness Buch der Rekorde geschafft. Hier kann der Besucher an mehr als 300 Zapfhähnen zwischen ebenso vielen Sorten an Fassbier wählen. Und jedes Jahr steigt in Raleigh ein Craft-Beer-Festival mit 110 Brauereien, das sich vielsagend Brewgaloo nennt. Sowas gibt es nicht einmal in Bayern.
Wilmington – Hochburg der Sonnenanbeter und Superstars
Bisweilen werden die Einwohner der Downtown von Wilmington von quietschenden Reifen und sich jagenden Autos geweckt. Dann drehen die Superstars des US-Kinos im historischen Stadtzentrum wieder eine Verfolgungsjagd. Was Hollywood für die Westküste ist, ist Wilmington für die US-Ostküste: Filmhochburg. Ihre Karriere als Schauplatz von Blockbustern begann die 115000-Einwohner-Stadt vor 40 Jahren, als Stephen Kings Roman „Feuerkind“ („Firestarter“) hier mit Drew Barrymore, Heather Locklear und Martin Sheen verfilmt wurde. Danach entdeckten Filmemacher wie Dennis Hopper die bis dahin unbekannte Location, der trinkfeste Hopper brachte es flugs sogar zu seiner eigenen Stammkneipe. Julia Roberts, Steven Spielberg und Arnold Schwarzenegger tauchten in den Restaurants auf. Und seit „One Tree Hill“ hier gedreht wurde, wollen Besucher aus der ganzen Welt Wilmington erleben. Die Straßenzüge voll mit Häusern im Baustil des 19. Jahrhunderts dienten schon als Kulisse für Boston, New York, Washington, Bukarest und sogar Hamburg zu früheren Zeiten. Zusätzlich gibt es längst ein modernes Studio. Wilmington ist inzwischen in den Credits von über 500 Filmen als Schauplatz gelistet.
Der Hype wirkte sich positiv auf die Entwicklung der Innenstadt aus. Wo in den 1970er-Jahren noch Stripbars und schummrige Kneipen ein fragwürdiges Publikum anzogen, lässt es sich heute rund um die Uhr gefahrlos flanieren. Die beeindruckende Altbau-Substanz erfährt man bei einer Tour mit einer von Pferden gezogenen Kutsche. Damit wird zugleich Geld für einen Gnadenhof gesammelt, der Farmerpferde vor der Schlachterei rettet. Ansonsten dominieren schicke Hotels, Restaurants mit grandiosen Fisch- und Meeresfrüchte-Gerichten und Modeboutiquen die Szenerie.
Bis zu 1000 Schiffswracks ruhen in den Tiefen vor der Küste
Die meisten Besucher tummeln sich aber an den Traumstränden von Carolina Beach und Kure Beach. Die üblichen Betonbunker sucht man hier vergebens. Die touristische Entwicklung der Region begann in den 1920er-Jahren, gebaut wurden damals Holzhäuser in farbenfrohem Karibiklook – was glücklicherweise bis heute beibehalten wurde.
An den Sandstränden bieten sich bei wohligen Wassertemperaturen von Mai bis zum Labour Day alle Möglichkeiten des Wassersports. Dank einer ordentlichen Brise kommen auch Surfer auf ihre Kosten. Geschätzt bis zu 1000 Schiffswracks ruhen in der Tiefe, viele können bei Tauchgängen erforscht werden.
Über Gesundheit und Leben der Schwimmer an Carolina Beach wacht Christopher Trenker. 2023 musste er alleine an seinem Strandabschnitt 55 Menschen aus der Brandung ziehen. Mit seinem braungebrannten Traumbody könnte er einem „Baywatch“-Dreh entsprungen sein.
INFORMATIONEN
North Carolina ist ein US-Bundesstaat an der Ostküste mit rund 10,5 Millionen Einwohnern. Er zählte 1776 zu den 13 Kolonien, die sich für unabhängig von Großbritannien erklärten. Im amerikanischen Bürgerkrieg ab 1861 schloss sich North Carolina den Konföderierten an.
ANREISEN
Lufthansa bietet seit Anfang Juni erstmals Direktflüge von Frankfurt zum Raleigh-Durham International Airport an. Der Hinflug dauert etwa neuneinhalb Stunden, der Rückflug ist eine knappe Stunde kürzer.
ÜBERNACHTEN
Das Washington Duke Inn & Golf Club Hotel am Stadtrand von Durham ist in einer gepflegten Gartenlandschaft im alten englischen Landhausstil errichtet. Es passt stilistisch zum Campus der nahen Duke University.
Das Arrive Wilmington ist ein Boutique-Hotel im Herzen der Downtown von Wilmington. Es ist im Stil der Häuser aus dem 19. Jahrhundert gebaut, die es im Zentrum zu Hunderten gibt.
www.visitnc.com www.visitraleigh.com www.wilmingtonandbeaches.com
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