Leidenschaft
Mit dem Kajak in ganz Europa zu Hause

Dr. Leif Zimmermann aus Hirschau paddelt auf Flüssen, Seen oder im Meer. 70 bis 80 Tage sitzt er jährlich in seinem Boot.

02.10.2019 | Stand 16.09.2023, 5:32 Uhr
Werner Schulz

Seit seinem elften Lebensjahr paddelt Dr. Leif Zimmermann. Bis dato war er etwa 53 000 Kilometer mit einen Kajaks unterwegs. Foto: Zimmermann

„Wenn Jemand ein Reise thut, so kann er was verzählen“, schrieb Matthias Claudius 1774 in seinem Gedicht „Urians Reise um die Welt“. Einer der ganz viel reist, und daher ganz viel zu erzählen hat, ist Dr. Leif Zimmermann. Sein Verkehrsmittel ist ein außergewöhnliches – sein Kanu. Heuer hat er auf den verschiedensten Gewässern Mittel- und Osteuropas rund 2700 Kilometer zurückgelegt. Damit ist er einmal mehr Oberpfalzmeister im Wanderfahren.

Seit 2006 wohnt der Mathematik- und Physiklehrer, der sich beim Kanu-Weiden als Familien- und Jugendwart engagiert, in Hirschau. Geboren in Osterrode im Harz, wuchs er am Niederrhein auf. Im Alter von sechs Jahren fuhr er bereits im Canadier seiner Eltern mit. Als Elfjähriger begann er, ein Fahrtenbuch zu führen, paddelte also überwiegend alleine im Boot. Animiert von seinem Vater, wurde er sehr früh Mitglied beim SSF Bonn.

Auf 100 Gewässern gepaddelt

2015 war sein Rekord-Paddeljahr. 4503 Kilometer legte der Kanute damals per Boot zurück. Kein Bayer paddelte weiter als er. Im selben Jahr zeichnete ihn der Deutsche Kanuverband (DKV) mit dem Globus-Abzeichen aus. Um es zu erhalten, muss man nachweislich 40 000 Kilometer zurückgelegt haben – eine Strecke, die dem Umfang der Erde entspricht. Nur rund 300 Kanuten haben die Auszeichnung bisher erhalten. Zwischenzeitlich hat Zimmermann seine Leistung auf über 53 000 Kilometer gesteigert.

Im Durchschnitt sitzt er jährlich 70 bis 80 Tage in seinem Boot und bringt es auf eine reine Paddelzeit von 300 bis 400 Stunden. Tagelang ist er alleine unterwegs, im Gepäck nur das Nötigste. „Ein Gaskocher, Wasser, ein paar Fertiggerichte, Müsli und Milch – damit bin ich eine Woche autark!“ Sein Zelt baut er oft erst spät abends an einem einsamen Ufer auf. Bei Sonnenaufgang startet er wieder.

Ihn reizt es, sich sportlich zu bewegen und mit seinem einfachen „Verkehrsmittel“ aus eigener Kraft wo hinzukommen, wo nur wenige hinkommen. Angst hat er wegen des Alleinseins nicht. „Kurzfristige Anspannung, vielleicht auch Sorge, verspüre ich wegen des Wetters, in schwierigen Flussabschnitten oder auch wegen behördlicher Vorgaben“, sagt er.

Im Jahr 2000 hat er die Neiße und Oder bis zum Stettiner Haff befahren, 2017 ist er von Belgrad durch Rumänien und Bulgarien bis zum Schwarzen Meer gepaddelt. Die Elbe ab der deutsch-tschechischen Grenze zu fahren, ist für ihn schon Routine. Die mit etwa 900 Kilometer längste 2019er-Tour führte Zimmermann auf der Memel durch Weißrussland und Litauen bis zum Kurischen Haff. Häufig kommt er bei seinen Fahrten durch mehrere Länder.

Sonderauszeichnung:Bedingung:
Im Visier hat Dr. Leif Zimmermann im nächsten Jahr die Sonderauszeichnung des Deutschen Kanuverbands „30 Jahre Deutsche Einheit“. Um sie zu bekommen, muss man zwischen dem 3. Oktober 1990 und 2. Oktober 2020 in jedem Bundesland mindestens 30 Kilometer paddelnd zurücklegen.In 13 Ländern hat Zimmermann die Bedingung für die Auszeichnung mehr als erfüllt. Thüringen, Berlin und das Saarland sind nun 2020 fällig.

Die Grenzüberquerungen gestalten sich bisweilen problematisch. Eine ist ihm in besonderer Erinnerung: Im August 2014 paddelte er auf der Sava in Slowenien. Vor dem Grenzübertritt auf dem Fluss nach Kroatien hatte Zimmermann wegen der EU-Zugehörigkeit beider Länder eigentlich keine Schwierigkeiten erwartet. Trotzdem gaben ihm slowenische Polizisten eine Telefonnummer und Verfahrenshinweise mit.

Polizisten holten ihn ab

Als er das grenznahe Dorf Jesenice erreichte, rief der Hirschauer Paddler die angegebene Nummer an. Kurz darauf erschienen zwei Polizisten und fuhren ihn zum nahen Autobahngrenzübergang. Dort musste er im Neoprenanzug neben den Autos warten. Sein Personalausweis wurde kopiert, ein Stempel kam auf die Kopie und sein Grenzübertritt war offiziell. Die Polizisten fuhren ihn zum Boot zurück und Zimmermann paddelte nach Kroatien hinein.

Die diesjährige Saison ist für ihn bis auf ein paar Tagesfahrten und das Silvesterpaddeln des Vereins so gut wie gelaufen. Sein Blick richtet sich schon auf 2020, insbesondere auf den etwa 680 Kilometer langen Großpolen-Ring. 2017 konnte er ihn wegen einer Schleimbeutelentzündung nicht fahren. Heuer zwang ihn eine Verletzung nach 220 Kilometern zum Abbruch. Für nächstes Jahr hat er sich die restlichen 460 Kilometer von Naklo nad Notecia nach Skwierzyna fest vorgenommen.

Ein Fixtermin ist für ihn am 31. Mai die Teilnahme an der „Vogalonga“ in Venedig. Mit dem Wasserspektakel protestieren alljährlich rund 6000 Ruderer und Paddler friedlich gegen die von den Motorbooten erzeugten Wellenbewegungen, die für die Stadt und seine Lagunen gefährlich sind.

Mehr Nachrichten aus Amberg lesen Sie hier.

Erhalten Sie täglich die aktuellsten Nachrichten aus der Region bequemvia WhatsApp auf Ihr Smartphone.