Ebermannsdorf
Um Raunächte ranken sich viele Legenden – Historischer Verein spürte ihnen nach

03.01.2023 | Stand 15.09.2023, 2:12 Uhr
Mit Fackeln machten sich die Mitglieder des Ebermannsdorfer Vereins auf zum Meilerplatz. −Foto: Christine Wendl

Die Mitglieder des Historischen Vereins Ebermannsdorf trafen sich erstmalig zu einer Raunachtwanderung, die zum Meilerplatz führt.

Dort angekommen, genossen die Mitglieder Glühwein und Bratwürste, während Josef Gilch interessante Tatsachen und Fakten zu den Raunächten erzählte, die bis vor wenigen Jahrzehnten auch in unserer Region noch einen großen Stellenwert im Volksglauben einnahmen.

Es sind die längsten, meist kalten, Nächte zwischen den Jahren. Übriggeblieben sei nur noch das Silvesterfeuerwerk zum Vertreiben der bösen Geister, bei manchen das Räuchern des Hauses, aber auch das Orakeln über die Zukunft beim Bleigießen.

Mit Kräutern geräuchert

Die Raunächte gehen zurück auf das Mondjahr, das mit 354 Tagen kürzer ist als das Sonnenjahr. Als unsere Vorfahren vom Mond- auf das Sonnenjahr übergingen, blieben noch elf Tage und zwölf Nächte – die Raunächte, berichtete Gilch den Anwesenden. Man glaubte, in dieser Zeit stünden die „Tore zur Anderswelt“ weit offen und die Verbindung zu den Ahnen, Lichtwesen und Geistern sei intensiver und näher. Manche Quellen sind der Meinung, dass Raunächte von dem Wort „Rauchnächte“ komme, weil in dieser Zeit mit Kräutern geräuchert wurde, um die bösen, dunklen Geister und Dämonen zu vertreiben aber auch gleichzeitig die guten Geister willkommen zu heißen.

Auf die Frage, was man tunlichst während dieser Zeit unterlassen sollte wussten doch noch einige, dass früher in dieser Zeit keine Wäsche gewaschen wurde und auf keinen Fall im Freien aufgehängt werden durfte. Der Vorsitzende Gilch hatte seine Hausaufgaben gemacht und klärte auch über den Ursprung dieser Theorie auf: „Unsere Vorfahren glaubten, die weiße Wäsche könnte von der wilden Jagd gestohlen und als Leichentücher verwendet werden oder sie könnten sich in der Wäsche verfangen und dann sehr böse reagieren und alles zerfetzen.“ Die jüngeren Mitglieder des Vereins sahen da kein Problem darin, sie meinten ganz lapidar: „Heute wird die Wäsche ja im Wäschetrockner getrocknet.“

Man solle sich bitte in die Lage der Vorfahren versetzen, forderte Gilch auf. Draußen war es kalt, der Wind pfiff ums Haus, es gab keinen Strom. Wärme und Licht spendete nur das offene, flackernde Feuer und man erzählte sich Geschichten. Jeder hatte Angst vor Geistern und wilden Tieren. Und so manche Geschichte wurde von Jahr zu Jahr gruseliger und mystischer – ein guter Nährboden für Aberglauben und Mythen. Heute würden die Menschen abends in gut geheizten Häusern bei hellem elektrischem Licht zusammensitzen oder auf große und kleine Bildschirme schauen und bekämen darüber Horrorgeschichten übermittelt, meinte Gilch.

Vom Ballast befreien

Nachdem sich jeder nochmals mit Glühwein gestärkt hatte, machten sich die Wanderer bei bester Stimmung auf den gemeinsamen Heimweg. Die Wanderung mit den brennenden Fackeln im finsteren Wald sah nicht nur ungewohnt gespenstisch aus, sie trug auch dazu bei, seine Gedanken während des Gehens auf das Gehörte zu den Raunächten zu lenken.

„Sind die Raunächte vielleicht nicht doch die Zeit, um loszulassen, sich vom Ballast des alten Jahres zu befreien, böse Geister und Dämonen zu vertreiben und gute Vorsätze für das neue Jahr zu fassen?“, fragte der Vorsitzende Josef Gilch beim Abschied.

− awe