Bilanz
Ein Ausnahmejahr für alle

Landrat Richard Reisinger blickt auf ein Ausnahmejahr zurück und setzt Hoffnungen in die Siemens-Selbsttests.

05.03.2021 | Stand 16.09.2023, 3:58 Uhr
Im März 2020 waren die ersten zwei Menschen im Zusammenhang mit dem Coronavirus verstorben. Sie sollen kurzzeitig im AWO-Seniorenzentrum Antonius gelebt haben. −Foto: Gerd Spies

Es ist der 5. März vor einem Jahr. Erstmalig in der Oberpfalz wird das Coronavirus an einer 49-jährigen Frau aus Kümmersbruck nachgewiesen. Kurz darauf kommen auch der 53 Jahre alte Ehemann und die 14 Jahre alte Tochter mit der Virusinfektion ins Klinikum. Einen Tag später vermeldet der Landkreis drei offiziell bestätigte COVID-19-Fälle. „Wir haben zwar alle mit einem Virusausbruch auch in unserem Landkreis gerechnet und waren darauf mehr oder weniger gut vorbereitet. Aber dass uns das Virus für viele Monate sprichwörtlich in Quarantäne zwingen würde, das hat sich niemand vorgestellt“, resümiert Landrat Richard Reisinger. Rückblickend spricht der Landkreischef in einer Mitteilung von einem Ausnahmejahr, wie er es in seiner Amtszeit noch nicht erlebt hat.

„Von der ersten Minute an, als die Gefährlichkeit des Virus kommuniziert worden ist, war mir klar: Da rollt eine Welle auf uns zu, die uns in beispielloser Weise fordern wird. Was das im Detail heißen sollte, konnte aber auch ich nicht abschätzen“, so Landrat Richard Reisinger. Bei der Landkreisbehörde und dem Gesundheitsamt folgen Wochen und Monate, in denen die Bekämpfung und Eindämmung des Infektionsgeschehens einen immer breiteren Raum einnehmen. Für Teile der Belegschaft des Landratsamtes, insbesondere des EDV-Sachgebietes, den Mitarbeitern des Gesundheitsamtes und dem Landrat selbst verlangt die Pandemie viel ab. Normale Arbeitsschichten gibt es nicht mehr. Fortan wird sieben Tage die Woche sowie an Feiertagen gearbeitet. „Dies war und ist nur möglich, weil die Mitarbeiterzahl massiv aufgestockt wurde und andere Behörden sowie Bundeswehr und Polizei Unterstützung bei der Fall- und Kontaktpersonenermittlung leisten“, betont der Leiter des Gesundheitsamtes, Medizinaldirektor Dr. Roland Brey.

Eine seiner ersten schmerzlichen Amtshandlungen ist für Landrat Richard Reisinger die Absage der für 13. März geplanten Sportlerehrung mit rund 400 Teilnehmern. „Die Vorgaben des Bayerischen Gesundheitsministeriums und die Handlungsempfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) waren bereits zu dem Zeitpunkt eindeutig: jede Art von Massenveranstaltung meiden, um das Infektionsgeschehen einzudämmen“, so Reisinger. Viele weitere Absagen von Seiten der Behörde wie der Landkreislauf und der Seniorennachmittag folgen, ohne dass sich das Virus in entscheidendem Maße zurückdrängen lässt.

Landrat richtet Krisenstab ein

Am 16. März ruft Ministerpräsident Dr. Markus Söder den Katastrophenfall aus. Landrat Richard Reisinger richtet kurz darauf einen Krisenstab ein und bestellt Dr. Michael Scherer aus Sulzbach-Rosenberg zum Versorgungsarzt. Unter der Leitung des Landrats trifft die Führungsgruppe Katastrophenschutz mit Vertretern des Gesundheitsamts und der Krankenhäuser sowie Mitarbeitern des Katastrophenschutzes sogleich die nächste Entscheidung: Der Parteiverkehr im Landratsamt Amberg-Sulzbach sowie in sämtlichen Außenstellen wie Führerschein-/Zulassungsstelle, Touristinfo, Veterinäramt und vhs Amberg-Sulzbach werden zum Schutz der Mitarbeiter und Bürger eingestellt und ein Bürgertelefon eingerichtet.

Wer?Wie?
Mit den Selbsttests (Foto: Selbsttest, Anna Müller, dpa) können sich Lehrkräfte und die an den Schulen tätigen Personen (also einschließlich Verwaltungsangestellte, Ganztags- und Mittagsbetreuungskräfte, JaS-Fachkräfte, Schulbegleiterinnen und -begleiter) zweimal pro Woche sowie Schüler ab 15 Jahren an staatlichen, kommunalen und privaten Schulen im Freistaat einmal wöchentlich zu Hause selbst testen. Von einer Testung der Schüler und der Kinder in der Kinderbetreuung unter 15 Jahren wird derzeit abgesehen. Die Teilnahme ist freiwillig.Die Organisation der Verteilung der Tests erfolgt durch die Schulen. Diejenigen, die sich testen wollen, machen dies zu Hause vor dem Besuch der Schule an ein bzw. zwei Tagen die Woche. Die Testung soll immer erfolgen, egal, ob die testbereite Person Symptome einer Erkrankung verspürt oder nicht. Die Testungen erfordern nur einen kurzen Zeitaufwand von max. 20 Minuten (15 Minuten Wartezeit).

Noch im März muss der Landkreis seine ersten Toten bedauern, die ursächlich bzw. im Zusammenhang mit dem Coronavirus verstorben sind. „Die Mitteilung vom Tod der Senioren hat weh getan, weil wir erleben mussten, dass das Virus vor Niemandem Halt macht“, erinnert sich Landrat Richard Reisinger. Als wenig später in einem Seniorenheim sowohl bei Bewohnern als auch bei Mitarbeitern eine Häufung von Corona-Infektionen auftritt, wendet sich der Landkreischef tief bewegt an die Betroffenen und deren Angehörige. „Ich habe ihnen mitgeteilt, dass meine Gedanken bei ihnen sind. Ich wollte, dass die Menschen wissen, dass man in so einer Zeit nicht einfach nur seinen Job macht, sondern emotional mitgeht.“

Bis heute gilt sein Dank allen engagierten Mitarbeitern in den Senioren- und Krankenhauseinrichtungen, der FüGK, dem Team des Gesundheitsamtes um Leiter Dr. Roland Brey, Testzentrum sowie den Impfzentren unter der Leitung des BRK-Kreisgeschäftsführers Sebastian Schaller. „Herzlichen Dank für Ihr außergewöhnliches Engagement, das – jeder an seiner Stelle – so vorbildlich leistet. Ohne Sie wären wir heute nicht so weit. An der Stelle möchte ich auch allen Landkreisbürgern meinen Dank aussprechen, die unser Impfangebot annehmen. Mit jeder Impfung kommen wir unserem Ziel näher, die Pandemie zu besiegen. Das wird aber noch eine Weile dauern“, räumt der Landrat ein.

Indessen kommt das Amberg-Sulzbacher Land in seiner Impfstrategie gut voran. Bisher haben 9363 Personen eine Erst-, 5188 bereits die Zweitimpfung erhalten. „Weil wir inzwischen Hochinzidenzgebiet sind, werden wir morgen 1000 zusätzliche Dosen des Impfstoffes von Astrazeneca erhalten“, kündigt BRK-Kreisgeschäftsführer Sebastian Schaller an. Er rechnet vor, dass dann nächste Woche insgesamt 2070 Dosen des Herstellers Biontech/ Pfizer, 220 von Moderna und 1980 von Astrazeneca an registrierte Personen im Amberg-Sulzbacher Land verabreicht werden können.

Selbsttests von Siemens

Bereits am Freitag begann das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege mit der Auslieferung der ersten Selbsttests der Firma Siemens an Kommunalbehörden mit einem Inzidenzwert zwischen 100 und 50 (gemäß den Zahlen des RKI mit Stichtag 25. Februar). Die nunmehr zugelassenen Selbsttests zur Laienanwendung sollen in den Schulen für mehr Sicherheit im Unterrichtsbetrieb sorgen.

Derzeit liegt der Inzidenzwert des Landkreises Amberg-Sulzbach über 100. „Wir gehen davon aus, dass wir die Siemens-Selbsttests dann erst in der nächsten oder übernächsten Woche erhalten werden“, so Reisinger. Aktuell ermittelt seine Behörde den Bedarf an den Landkreis-Schulen. Wie viele dieser Tests nach Amberg-Sulzbach geliefert werden, steht indes noch nicht fest. Sicher ist dagegen, dass die ersten Lieferungen dem Schulpersonal zur Verfügung gestellt werden. Tests für Schülerinnen und Schüler ab 15 Jahren werden später ausgeliefert. „Sobald die Selbsttests da sind, werden wir sie unverzüglich an die entsprechenden Einrichtungen verteilen und damit einen weiteren bedeutenden Schritt in der Pandemiebekämpfung leisten,“ so Reisinger.