MZ-Serie
Ein Oberpfälzer mit italienischer Seele

Richie Necker gründete mit elf Jahren seine erste Band. Seitdem will der gebürtige Amberger nur auf der Bühne stehen.

24.01.2017 | Stand 16.09.2023, 6:42 Uhr
Richie Necker wusste schon als Neunjähriger, dass in seinem Leben die Musik eine zentrale Rolle spielen würde. −Foto: Uli Zrenner-Wolkenstein

Musik kann sehr viel mehr sein als ein schönes Gefühl, eine Erinnerung, ein Begleiter durch den Tag. Musik kann Halt geben, wenn man nicht mehr weiter weiß. Sie trägt einen, wenn man keinen klaren Gedanken mehr fassen kann. Sie kann heilen, wenn man ihr den Raum dafür gibt. Bei Herbert Grönemeyer war das so. Sein Album „Mensch“ half ihm durch die Trauer um seine Frau und traf die Menschen mitten ins Herz. Auch der in Amberg geborene Sänger und Gitarrist Richie Necker sagt, dass die Musik ihn durch ein tiefes Tal getragen hat. „Als es mir nach dem Tod meiner Frau sehr schlecht ging, wurde mir erst so richtig bewusst, was Musik für mich bedeutet, was die Bühne für mich bedeutet.“ Am Valentinstag wird Richie Necker zu Gast in der MZ-Kulturkantine sein – mit einem ganz speziellen Programm voller Liebeslieder.

Musikalische Umarmung

Soeben ist Neckers neues Album „odysseus“ erschienen. Er hat sich lange dafür Zeit genommen, sagt er. Es sei ein sehr persönliches Album geworden. Mit Songs, in denen er auch eine harte Zeit verarbeitet hat. Die Musik habe ihm die Kraft gegeben, sagt Necker, der nach dem Tod seiner Frau die drei gemeinsamen Kinder alleine großziehen musste. Jetzt, kurz vor seinem 50. Geburtstag, packt der Musiker voller Tatendrang aber nun gleich mehrere große Projekte an. Neben seinem Album, das mit Songs wie „Nacht im Mai“, „Kira“ oder „The river flows“ eine musikalische Umarmung zu einem kuscheligen Abend am Kamin liefert, präsentiert Necker ab Februar mit „I dolci Signori“ auch die erste Italo-Pop-Revue. Das Musical hat am 10. Februar im Theaterzelt in Landshut Premiere.

Einen Nerv getroffen

„Hier sind wir gesessen, im Rosarium“, erzählt Necker im Gespräch mit unserem Medienhaus und deutet auf den derzeit mit Schnee überzuckerten Biergarten. In Regensburg, das ja gerne als nördlichste Stadt Italiens bezeichnet wird, kam der Musikerrunde 2001 die Idee zu einem Abend mit viel Amore. Eine Band, die ein Programm komplett mit italienischen Liedern gestaltet, das hatte zuvor noch niemand in Regensburg, in Bayern, ja in Deutschland ausprobiert. An die erste Probe am 20. Januar 2002 kann sich Richie Necker noch in allen Details erinnern. Denn seine Frau rief ihn an, dass er nun sofort abbrechen müsse, weil die Geburt der jüngsten Tochter unmittelbar bevorstand. Vier Wochen später spielten „I dolci Signori“ ihren ersten Auftritt in Passau. „Wir merkten sofort, dass wir einen Nerv getroffen hatten, die Veranstalter rannten uns förmlich die Bude ein.“ In der Presse wurden sie als „die erfolgreichste italienische Band in Deutschland“ gefeiert. Fernsehauftritte, Touren, die die Band bis in den Orient führten, in 15 Jahren mit ‚I dolci Signori‘ hat Necker viel erlebt. Rund 50 Auftritte absolviert die Band bis heute im Jahr, im Sommer spielen sie oft vor tausenden Besuchern eigene Songs oder bekannte Covers von „Azzurro“ bis „Gloria“. Manchmal, erzählt der Sänger und Gitarrist, sprechen ihn die Gäste nach dem Konzert auf Italienisch an. Manche können nicht glauben, dass ein Teil der Band aus der Oberpfalz kommt. Aber die Oberpfälzer haben auch ganz viel „Amore“ und „La dolce vita“. Vielleicht hört man es nur manchmal nicht sofort.

Mit den Beatles fing alles an

Schon mit neun Jahren wusste Richie Necker, dass er Musiker werden wollte. Damals schenkte ihm seine Schwester zwei Kassetten mit Beatles-Songs zum Geburtstag. Er hörte sie rauf und runter, kaufte sich das rote und das blaue Album, dann das weiße Album. „Musik war damals ein Statement, ein Kunstwerk, in das man sich vertiefen konnte.“ Das tat der Schüler dann auch in jeder freien Minute. Mit elf Jahren gründete er am Gymnasium seine erste eigene Band. Er spielte Gitarre, komponierte und textete die Songs für die Punk-Formation „FAX“. Die politisch inspirierten deutschen Texte trafen Anfang der 1980er den Zeitgeist. Die Band wurde eingeladen, 1982 auf dem Anti-WAA-Festival zu spielen. „Zu diesem Zeitpunkt wusste ich schon, dass ich das gefunden hatte, was ich in meinem Leben machen wollte – Musik“, sagt Necker. Mit der Formation „Rock’n’Rolls Royce & The Brass Brothers Connection“ spielte er ab 1985 bereits Konzerte in ganz Deutschland und zwei weitere Male auf dem Anti-WAA-Festival.

Nach dem Abitur etwas Solides

Dennoch hatte der Musiker nach dem Abitur zunächst nicht den Mut, alles auf eine Karte zu setzen. Necker studierte Sozialpädagogik, machte sein Diplom. Bis heute habe er aber nur zwei Monate fest in diesem Beruf gearbeitet, sagt Necker. Diese zwei Monate fielen in jenen Sommer, als er mit Musikerfreunden im Rosarium zusammensaß und sie die Idee von einer Italo-Band ausbrüteten.

Inzwischen hat „I dolci Signori“ eine so große Fangemeinde, dass die Band nun auch den Sprung auf die Musicalbühne wagt. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass auch diese Idee wieder ein Erfolg wird. „Wir sind selbst überrascht, wie viele Bühnen bei uns anfragen.“ Die Arbeit an dem Projekt mache „höllisch Spaß“, sagt Necker. Nach der Premiere der Revue in Landshut wird „Azzurro“ zunächst in Passau und Straubing zu sehen sein, im Oktober dann auch in Regensburg. Dazu kommen wieder mehrere Dutzend Auftritte bei verschiedenen Festivals im Sommer. Mit anderen Formationen ist Richie Necker zudem weitere rund 150 Mal im Jahr unterwegs.

„Wenn ich auf der Bühne stehe und spiele, dann lebe ich“, sagt Necker. Einen Tag ohne Musik zu verbringen? Das kann er sich beim besten Willen nicht vorstellen.

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