MZ-Serie
Grünwald ist nur auf der Bühne derb

Günter Grünwalds Lebensweg war alles andere als geradlinig. Heute ist er einer der beliebtesten Kabarettisten in Bayern.

18.04.2018 | Stand 16.09.2023, 6:09 Uhr
Benedikt Dietsch

Günter Grünwald kann bei seinen Auftritten ganz schön loslegen.Foto: Tobias Hase/dpa

Der bayerische Musiker und Fernsehmoderator Werner Schmidtbauer wandert in der Fernsehserie Gipfeltreffen für den Bayerischen Rundfunk regelmäßig mit einem prominenten Gast in den Bergen. 2013 begleitet ihn auch Günter Grünwald bei einem Ausflug. Zusammen sind sie bei Garmisch-Partenkirchen unterwegs. Nach langem Aufstieg erklimmen sie einen Vorgipfel des 1236 Meter hohen Eckbauer. Schmidtbauer sagt, man nenne den Vorgipfel nur „s’Kreiz“, also „das Kreuz“. Dann deutet er im Gehen vage auf die Kulisse. Von hier aus sehe man den Eckbauer schon, auch die Zugspitze könne man bereits sehen, ganz dahinten. Grünwald, leicht außer Atem, schaut sich um und sagt: „Wenn ich die Berge dahinten sehe, das langt mir. Auf die muss ich nicht rauf.“

Alles andere als zielstrebig

Diese Geschichte steht sinnbildlich für die Karriere des Kabarettisten. Er ist kein ehrgeiziger Mensch. Er ist der gemütliche Typ, unprätentiös und authentisch. „Ich lass’ mich einfach treiben. Und es passiert dann oder es passiert halt nicht“, sagt er, „Forciert habe ich nie etwas. Ich hab’ nie bei einem Fernsehsender angerufen oder so. Die sind immer auf mich zugekommen.“

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Dafür, dass er nie wollte, sondern immer einfach nur machte, hat der Ingolstädter viel erreicht: Seit 2003 hat er eine eigene Late-Night-Show im Bayerischen Fernsehen, die Grünwald Freitagscomedy. Er hatte Gastrollen bei den Rosenheim-Cops, dem Café Meineid und Herbert & Schnipsi. Doch am besten beherrscht er sein ursprüngliches Handwerk: das Kabarett. Dafür bekam er 2005 auch den Bayerischen Kabarettpreis verliehen. Der Weg dorthin? Alles andere als geradlinig. Und nicht geplant. Schon mit 14 Jahren geht Grünwald von der Schule ab. „Die hat mich einfach nicht interessiert. Am ersten Tag wo ich in die Schule gekommen bin, wusste ich: Da gehör’ ich nicht her.“

Fortan wechselt er von einem Job zum nächsten. Er arbeitet im Kaufhaus, als Getränkeausfahrer, im Lager. Er fängt eine Lehre als Automechaniker an – und bricht nach einem Jahr wieder ab. „Ich hab’ gemerkt: Die Arbeitswelt ist nicht meine Welt. Eigentlich blöd, nachdem ich ja schon gemerkt hab’, dass die Schulwelt nicht die meine ist“, erzählt er, „trotzdem bin ich wieder auf die Schule gegangen.“ Die Handelsschule, auf die er fortan geht, schmeißt er aber auch bald schon wieder hin.

Mit 20 Jahren heiratet Günter Grünwald seine Freundin, die er gerade einmal drei Monate kennt. Ein Jahr später kommt ihre erste Tochter zur Welt. Auch als junger Vater geht für ihn die Job-Achterbahnfahrt weiter: Mit seiner Frau eröffnet er erst einen Naturkostladen, später dann einen Plattenladen. Irgendwann kommt Grünwald auf die Idee, Holzspielzeug herzustellen und auf Handwerksmärkten zu verkaufen. Auch das verwirft er jedoch bald wieder: „Leider hat sich recht schnell herausgestellt, dass ich kein handwerkliches Geschick hab’. Damit hatte sich das dann auch erledigt“, sagt er.

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Doch genauso spontan, wie er von Naturkost zu Platten wechselte, kommt Grünwald schließlich auch zu einer Tätigkeit, die ihm nicht nur Spaß macht, sondern die auch von Anfang an Früchte trägt: dem Kabarett. Anfang 1988 tritt er in einem Ingolstädter Lokal mit seinem ersten Programm auf. Ende 1988 gewinnt er das Passauer Scharfrichterbeil, ein renommierter Nachwuchspreis. Vermutlich ein großes Glück für das Kabarett. „Das war nicht schlecht, dass ich diesen Preis gleich gewonnen hab’. Durchhalten ist nicht meine große Stärke. Wenn das zwei Jahre lang nichts geworden wäre, hätt’ ich das wahrscheinlich auch wieder hingeschmissen“ meint Grünwald dazu. Auch dank des Preises bleibt er also beim Kabarett – und die Achterbahnfahrt Berufsleben findet damit ihr Ende.

Merkel-Schelte gibt es nicht

Wer eine Show des Kabarettisten besucht, der bekommt keine Schonkost zu hören. Keine politisch korrekten Witze, die bloß niemanden verletzen. Grünwald übertreibt. Er regt sich auf, schnauzt, schimpft und flucht. Und bleibt dabei trotzdem irgendwie sympathisch. Er ist kein politischer Kabarettist. Ein Auftritt beim Nockherberg wäre wohl nichts für ihn. „Tagesaktuelle Sachen oder Merkel-Schelte gibt es bei mir nicht. Es geht um Sachen wie Kochsendungen, Verkehrsdurchsagen, Swingerclubs. Was ich halt so alles sammle im täglichen Leben“, schildert Grünwald.

So derb er auf der Bühne auch sein mag, abseits davon ist Grünwald ein eher zurückhaltender, ein höflicher Mensch. Zwar ist er immer für einen Witz gut, das schon. Doch sonst ist von der Rolle, die er auf der Bühne spielt, nicht viel zu sehen. „Es gibt ja Leute wie den Konstantin Wecker, wenn du den fragst, was hältst du von den spanischen Erbfolgekriegen, dann redet der 14 Tage durch. Ich bin abseits der Bühne nicht so der große Plauderer“, sagt er selbst. „Aber andersrum wär’s doch furchtbar: Wenn ich mich privat aufführen würde wie ein Gartenschlauch und auf der Bühne hock‘ ich mich hin und schau bloß ins Publikum.“ Das wäre wirklich sehr schade für seine Fans. Und von denen hat Grünwald inzwischen einige, obwohl er das ja nie so richtig forciert hat.

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