Natur
Achtung: Bienenschwarm!

Sichtet man einen Schwarm, sollte sofort ein Imker in der Nähe benachrichtigt werden, der wieder für Ordnung im Volk sorgt.

11.05.2021 | Stand 16.09.2023, 3:00 Uhr
Gregor Raab
An einem heißen Sommertag beginnen die Bienen zu schwärmen. −Foto: Gregor Raab

Im Wonnemonat Mai beginnt bei den Bienen die sogenannte „Schwarmzeit“. An einem heißen Sommertag kann es dann um die Mittagszeit passieren, dass es in Gärten, in Hecken oder Baumkronen ordentlich brummt und summt. Die Luft ist plötzlich voller Bienen, die sich allmählich an einer Stelle in der Nähe eines Bienenstocks sammeln.

Ein solcher Schwarm ist die natürliche Form der Vermehrung von Bienenvölkern. Im Frühjahr bietet die Natur Nektar und Pollen in Überfluss und die emsigen Insekten nutzen das große Nahrungsangebot, um für Nachwuchs zu sorgen. Die Königin legt in dieser Zeit bis zu 2000 Eier am Tag. Innerhalb weniger Wochen erreicht das Bienenvolk sein Maximum an Größe. Da das Platzangebot nicht mehr ausreicht, kommt das Volk in Schwarmstimmung.

Ein wahres Naturschauspiel

Die Arbeiterinnen legen dazu zapfenartige Weiselzellen an und nötigen die Königin förmlich dazu, jeweils ein Ei darin abzulegen. Innerhalb von 16 Tagen entwickeln sich in den zapfenartigen Gebilden aus den geschlüpften Larven, die nur mit dem hochwertigen Gelée Royal aus speziellen Drüsen von Arbeiterinnen gefüttert werden, die „Prinzessinnen“. Doch kurz vor dem Schlupf der ersten Nachfolgerin zieht die Mutter etwa mit der Hälfte der Bienen aus und setzt sich mit ihnen als dunkle „Schwarmtraube“ an einem nächstgelegenen Baum oder im Gebüsch fest.

Für den Beobachter ist dieser kurze Moment des Ausschwärmens mit einer riesigen Wolke an laut summenden Bienen ein wahres Naturschauspiel. Der Rest des Volkes bleibt zurück und wird von einer frisch geschlüpften Königin übernommen. Diese duldet keine Konkurrenz. Deswegen sucht sie den Stock hurtig nach den übrigen Weiselzellen ab, beißt ein Loch hinein und sticht ihre königlichen Schwestern ab. Ein paar Tage später begibt sich die noch jungfräuliche Königin dann auf den „Hochzeitsflug“. Dabei wird sie im Flug nacheinander von bis zu 20 männlichen Drohnen begattet. Nun ist sie in der Lage, befruchtete Eier zu legen. Der aufgenommene Spermienvorrat reicht ihr ganzes Leben – etwa fünf Jahre.

Das Fortbestehen des ursprünglichen Volkes ist somit sichergestellt. Der ausgezogene Schwarm hat hingegen noch mit vielen Widrigkeiten zu kämpfen. Während die Bienentraube an einem Ast hängt, halten die Suchbienen Ausschau nach einer passenden Bleibe. Entdeckte Standorte und deren Qualität übermitteln sie bei ihrer Rückkehr den Artgenossinnen mit einer Tanzsprache. Bei einer Wahl zwischen verschiedenen Behausungen kann es unter den Bienen sogar zu einer Abstimmung kommen, indem sie das Muster ihrer Favoritin nachtanzen. Diese Vorgänge können mehrere Tage dauern, und die Schwarmtraube, in deren Mitte sich meist die Königin befindet, kann während dieser Zeit auch mehrmals den Standort wechseln.

Unterschlupf finden die Bienen heutzutage hinter Verschlägen, in Fehlböden oder großen Nistkästen. Von Natur aus bevorzugen sie hohle Baumstümpfe, die inzwischen wegen des intensiven Waldbaus aber sehr selten geworden sind. In der Not bauen die Tierchen auch frei im Geäst von Bäumen ein neues Nest. Diese Völker werden den folgenden Winter jedoch nicht überleben.

Gefahr: Varroa-Milben

Selbst wenn die Bienen sogar einen geeigneten Unterschlupf in der Wildnis entdecken, werden ihnen die mitgeschleppten Varroa-Milben ohne Hilfe eines Imkers langfristig den Garaus machen. Im schlimmsten Fall können sich sogar die umliegenden Bienenvölker über den verseuchten Schwarm die Varroa-Milbe einfangen. Häufig lösen sich die Schwärme wegen zu vieler Parasiten auf und die hilflosen Bienen betteln sich dann in der Umgebung bei anderen Bienenvölkern ein. Bei diesem Vorgang bringen sie auch die Milben in die Stöcke.

Jeder Naturliebhaber, der einen herrenlosen Bienenschwarm entdeckt, sollte deswegen den nützlichen Insekten zuliebe sofort einschreiten und einen Imker in der Nähe verständigen. Dieser freut sich über den Anruf und kann meist mühelos den Schwarm einfangen, ihm ein neues Zuhause bieten sowie gegen die Varroa-Milbe behandeln. Die Bienenhalter können ihn mit Leitern erreichen, mit Wasser einsprühen und dann in einen Schwarmkasten oder einen Eimer stoßen oder fegen.

Ist bekannt, aus welchem Volk der Schwarm stammt, sollte der entsprechende Imker umgehend darauf hingewiesen werden, denn im zurückgebliebenen Muttervolk können ab diesem Zeitpunkt weitere „Nachschwärme“ entstehen. Solche treten meist dann auf, wenn mehrere Königinnen gleichzeitig schlüpfen und sich nicht über die Nachfolge einigen können. Aus diesem Grund verlässt wiederum eine junge Königin mit einem Teil der zurückgeblieben Bienen die Beute. Ein zuverlässiger Imker muss deswegen umgehend nach einem Schwarm wieder für Ordnung im Volk sorgen.

Übrigens: Zuschauer, die einen Imker beim Einfangen eines Schwarmes beobachten, sind meist sofort der Faszination der Bienen erlegen. Für viele war dieses Erlebnis der Einstieg in die Imkerei – ein überaus interessantes Hobby.