Rechtsserie Cham
Arbeitszeit-Erfassung: Das gilt für Arbeitnehmer und Unternehmen

01.01.2022 | Stand 15.09.2023, 2:19 Uhr
Einem aktuellen Urteil des höchsten deutschen Arbeitsgerichts zufolge müssen künftig alle Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit erfassen. −Foto: Sina Schuldt/dpa

Von einer allgemein geltenden Verpflichtung der Erfassung der Arbeitszeit ist schon lange die Rede. Seit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshof (EuGH) vom 14. Mai 2019 war klar, dass eine gesetzlich verpflichtende Arbeitszeiterfassung kommen wird. Der EuGH hat entschieden, dass die Mitgliedsstaaten Arbeitgeber dazu verpflichten müssen, Arbeitszeiten systematisch zu erfassen.



Der EuGH hat es jedoch den EU-Staaten überlassen, die konkrete Umsetzung und die Art des Systems selbst zu bestimmen. Die Mitgliedsstaaten hätten hierbei im Rahmen eines Gesetzes auch individuelle Regelungen und Ausnahmen für bestimmte Arbeitsbereiche und Unternehmensgrößen bestimmen können.

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Eine gesetzliche Regelung hat aber auf sich warten lassen. Seit 2019 wurde damit gerechnet, dass mit einer Änderung des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) dieser Verpflichtung durch die Regierung nachgekommen wird. Es passierte jedoch nichts.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) ist sodann der Gesetzgebung zuvorgekommen. In einer unterwarteten Entscheidung hat sich das BAG zu der Arbeitszeiterfassung geäußert.

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 13. September 2022, Az. 1 ABR 22/21, entschieden, dass der Arbeitgeber nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet ist, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann. Aufgrund dieser gesetzlichen Pflicht kann der Betriebsrat die Einführung eines Systems der (elektronischen) Arbeitszeiterfassung im Betrieb nicht mithilfe der Einigungsstelle erzwingen. Ein entsprechendes Mitbestimmungsrecht nach § 87 BetrVG besteht nur, wenn und soweit die betriebliche Angelegenheit nicht schon gesetzlich geregelt ist.

Das BAG hat demnach entschieden, dass bereits jetzt eine Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung besteht und durch den Betriebsrat auch durchsetzbar ist.

Die wichtigsten Aussagen des Bundesarbeitsgerichts zur Arbeitszeiterfassung sind:

Die Verpflichtung zur Erfassung der Arbeitszeit gilt demnach ab sofort.

Es müssen der Beginn, das Ende und damit die Dauer der Arbeitszeit erfasst werden.

Es gibt keine Vorgaben wie die Erfassung der Arbeitszeit zu erfolgen hat.

Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung gilt für alle Arbeitnehmer, wohl aber nicht für leitende Angestellte.

Arbeitgeber sind demnach verpflichtet, die Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer zu erfassen. Von Seiten der Bundesregierung könnte jedoch noch nachgefasst werden. Es besteht noch die Möglichkeit, dass die Bundesregierung eine gesetzliche Regelung nachschiebt und so von der Regelungsmöglichkeit Gebrauch macht und zum Beispiel Kleinbetriebe aus dieser Verpflichtung herausnimmt.

Aktuell ist dies aber noch nicht passiert, so dass die ausgeführten Grundsätze zur Anwendung kommen. Eine Arbeitszeiterfassung sollte somit erfolgen.