Immobilien und Bauen
Bedarf an Wohnraum im Kreis Cham wächst

Momentan ist extrem viel Bewegung auf dem Markt. Experten geben eine Einschätzung zur Entwicklung in der Region.

03.05.2022 | Stand 15.09.2023, 5:26 Uhr
Vorstandsvorsitzender LBS Bayern Bumberger, Vorstandsvorsitzender Sparkasse Cham Wittmann, Vertriebsdirektor Wanninger und Vorstandsmitglied Schneidhuber (v. links) −Foto: Ferdinand Schönberger

Bauen ist deutlich komplexer geworden als in der Vergangenheit, interne Projektplanung erweist sich als wichtiger denn je und eine neue Bescheidenheit zielt auf den richtigen Kurs. Dieses Fazit zogen bei einem Pressetermin am Montag in der Sparkasse des Landkreises Cham Vorsitzender Franz Wittmann, Vorstandsmitglied Theo Schneidhuber, Vertriebsdirektor Martin Wanninger und Erwin Bumberger, Vorstandsvorsitzender der LBS Bayern. Alle zwei Jahre, so Wittmann, wolle die Sparkasse in einer Analyse des Immobilienmarktes wichtige Trends in Bayern aufzeigen und einen Überblick zur Marktentwicklung in der Region geben.

Schneidhuber führte aus, das Thema Immobilien interessiere die Menschen, egal, ob sie Eigentum besitzen oder zur Miete wohnen. Momentan gebe es extrem viel Bewegung. Einerseits zeige sich seit Ende letzten Jahres bei den Bauzinsen, die über viele Jahre gleich blieben und die man ein halbes Leben lang zahlen muss, eine rasante Steigerung. Der Zins der Banken untereinander erhöhte sich von minus 0,76 auf plus 0,96. Seit 2020 seien die Baufinanzierungskonditionen stetig gestiegen und verändern sich schnell, was so bleiben wird. Nach wie vor werde viel Geld für den Ukrainekrieg ausgegeben.

Zins: Was ein Prozent auslöst

Aktuell werden hier Angebote eine Woche aufrecht gehalten. Das bedeute in den Gesprächen mit Bauwilligen gewisse Schwierigkeiten. Schon ein leichter Zinsanstieg um ein Prozent auf zwei Prozent habe spürbare Folgen. In einem Finanzierungsbeispiel steigen dadurch die Gesamtzinsen bei einer Kreditsumme von 300 000 Euro und einer Monatsrate von 1 500 Euro von 28 800 Euro auf etwa 65 000 Euro, was einen längeren Zeitraum der Zahlungen bedeutet.

Bausparkunden merken von diesen Auswirkungen aber nichts, denn der Darlehenszins ist festgeschrieben. Andererseits wurden Ende Januar die staatlichen Fördermittel der KfW für energieeffiziente Neubauten, die auch über einen langen Zeitraum stabil waren, wegen der enorm hohen Nachfrage gestoppt. Als am 20. April wieder eine Beantragung möglich war, die nicht nur für Privatleute, sondern auch für gewerbliche Finanzierer galt, waren sie nach drei Stunden ausgeschöpft. Für eine neue Förderung ist das Qualitätssiegel „Nachhaltiges Gebäude“ Voraussetzung. Bereits zugesagte Kredite seien davon nicht betroffen.

In Bayern wachse der Bedarf an Wohnraum stark, erklärte Bumberger. 2040 werden über eine halbe Million mehr Menschen im Freistaat leben als heute: überwiegend Zuzüge aus anderen Bundesländern und dem europäischen Ausland. Im Landkreis wird das Wachstum bei 1,6 Prozent liegen. So stellt das Angebot an Wohnraum weiterhin einen spürbaren Engpass dar.

Trotz, aber auch gerade wegen der Pandemie verstärkte sich der Wunsch nach einem eigenen Zuhause deutlich. Die Zahl der Fertigstellungen stieg in den letzten Jahren deutlich und nähert sich den notwendigen 70 000 Wohneinheiten pro Jahr an. Die Zahl der Baufreigaben war in größeren Städten rückläufig, nahm aber in den Landkreisen deutlich zu. Gründe seien das Homeoffice, der Wunsch nach einem eigenen Garten, die Natur vor der Haustür. 2021 stieg der durchschnittliche Preis für ein gebrauchtes Objekt um 13 Prozent an. Viele wollen schnell ihren Immobilienwunsch erfüllen, da Baumaterial knapp und (überzogen) verteuert ist. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Modernisierung von Wohnungen. Drei Viertel von ihnen sind älter als 30 Jahre und ohne energetischen Standard – und das bei ambitionierten Klimazielen.

Nachfrage Eigenheime:Neubaumarkt Stadt Cham:
In Bayern sehen 79 Prozent im Eigenheim eine sichere und 64 Prozent die beste Altersvorsorge sowie 75 Prozent die beste Geldanlage. Für 70 Prozent der Eigentümer ist das eigene Zuhause noch wichtiger geworden. 71 Prozent der Mieter würden lieber in Wohneigentum leben.Der Mittelwert der Preise für Baugrundstücke liegt bei 90 Euro/m², der für eine Eigentumswohnung pro m² Wohnfläche bei 3 400 Euro bei jeweils steigender Tendenz.

Die Nachfrage nach Wohnraum ist auch in der Region deutlich größer als das Angebot, stellte Wanninger klar. Dennoch haben sich die Immobilienvermittlungen der Sparkasse gut entwickelt. 2021 erreichte der Wert der Kaufobjekte 11,3 Millionen Euro – trotz Corona-Einschränkungen. Mit der Bewilligung von Wohnbaukrediten in Höhe von 126 Millionen Euro sei 2021 erneut ein sehr gutes Ergebnis erreicht worden. Die steigenden Baukosten bedeuten einen höheren Kapitalbedarf zur Anschaffung oder Renovierung einer Immobilie.

„Vorsparen“ wird wieder wichtig

Steigende Zinsen können durch mehr Eigenkapital abgefedert werden, sodass die Wichtigkeit des „Vorsparens“, was einmal „unsexy“ war, zunimmt. Es sei auch Aufgabe der Sparkasse, Verantwortung bei Immobilien zu tragen. Hat der Kunde alles berücksichtigt, detailliert geplant? Steht die Finanzierung? Sind 15 Prozent der Bausumme als Festpuffer vorhanden? Daher sollte frühzeitig mit den Bauspezialisten der Sparkasse das Gespräch gesucht werden. Könne man sich die steigenden Zinsen nicht leisten, böten sich eventuell in der Stadt leerstehende Wohnungen an, so die Experten: deutlich niedrigere Kosten, höhere staatliche Förderung und mehrjähriger Sanierungsplan.