Festtag in Cham
Bedford-Strohm lobt die Gemeinschaft

Der Landesbischof predigte zum KirchentagsSonntag in der Chamer Erlöserkirche. Er sprach von Vielfalt und Gottvertrauen.

13.02.2022 | Stand 15.09.2023, 21:07 Uhr
Ferdinand Schönberger
Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm bei seiner Predigt am KirchentagsSonntag in der Erlöserkirche −Foto: Ferdinand Schönberger

In 480 Tagen findet in Nürnberg der 38. Deutsche Evangelische Kirchentag statt. Seit 2007 ist es zu dessen Vorbereitung und Einstimmung Brauch, 70 Tage vor Ostern, an Septuagesimä, bundesweit einen „KirchentagsSonntag“ mit einem Gottesdienst zu begehen. Dieser soll neugierig machen, informieren, motivieren und die Gemeinden einladen, den Kirchentag in ihre Fürbitte mit einzuschließen und auf diesem Weg mitzunehmen, damit sie von diesem Ereignis und dem Guten, das darin steckt, nicht unberührt bleiben und ein Stück des „Kirchentags-Flairs“ erfahren.

Deshalb wurde auch in der Erlöserkirche unter Hygienevorschriften ein besonderer Gottesdienst gefeiert. Dekan Walter Kotschenreuther eröffnete ihn aus Freude darüber, dass der Kirchentag in seiner Heimatstadt abgehalten werden wird, auf Fränkisch mit den Worten „Allmächd! Des bassd scho!“ Mit Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm begrüßte er einen hohen Gast als Prediger, der nicht zum ersten Mal vor Ort sei.

Ruhe geben und aufrichten

Die Feier stand unter dem Leitspruch „Meine Zeit steht in deinen Händen“ aus Psalm 31, der gleich im rhythmischen Anfangslied erklang: „Gott, der uns in diese Welt sendet, uns begleitet und mit seiner Kraft ausstattet, sie zu vollenden, gebe uns Geborgenheit und ein festes Herz.“ Pfarrerin Tamara Stampka bat in ihrem Gebet Gott darum, dass er den Besuchern Ruhe gebe, sie aufrichte, ihnen die Sorgenfalten aus der Stirn streife und ihnen neue Wege zeige, damit sie gestärkt in den Alltag zurückkommen.

Der Gottesdienst wurde von den drei Mitgliedern der Dekanatsjugend, Hannah Baltes, Katharina Kübler und Arthur Baumann, mit einem Gebet und einem religiösen Disput gestaltet, von Dorothea Müller liturgisch begleitet und musikalisch von Bezirkskantor Aurel von Bismarck an der Orgel und dem Kirchenchor unter Leitung von Margarete Hetzelein umrahmt. In seiner Festpredigt betonte Landesbischof Bedford-Strohm, schon jetzt spüre man in diesem Gotteshaus die Kirchentags-Atmosphäre: durch alte und neue Lieder, durch biblische Texte in zeitgemäßer Sprache und durch einen gewissen Experimentiergeist, der überall in der Kirche gebraucht werde und den viele junge Leute zusammen mit den Älteren verströmen.

Man brauche die Vielfalt der Formen. Die einen würden das Neue lieben, andere die alte Form und es gebe welche, zu denen er sich zähle, die beides lieben, jedes zu seiner Zeit. Das zeige sich auch in der Übersetzung des Leitwortes aus dem Hebräischen: Ob die Zeit in Gottes Hand stehe – wie es in der Lutherbibel heißt und was er bevorzuge –, liege oder ruhe. Alle drei Möglichkeiten würden die zentrale Botschaft ausstrahlen, dass in guten wie schwierigen Momenten Gottes verlässliche Gegenwart bleibe. Aber Gott dürfe nicht vereinnahmt und für eigene Zwecke missbraucht werden. Im Psalm spreche jemand, der in höchster Bedrängnis um Hilfe schreie. Bedford-Strohm nannte als aktuelles Beispiel eine Studie über Mobbing, die durch das Internet noch verstärkt werde: 48 Prozent aller Jugendlichen müssen Beschimpfungen und Beleidigungen über sich ergehen lassen, über 41 Prozent werden Lügen und Gerüchte verbreitet und ein Drittel erlebt Einschüchterungsversuche. Die Folge seien Zorn und Ohnmachtsgefühle.

Manchmal fehlen die Worte

Manchmal hätten die Menschen keine Worte mehr, wenn sie am Boden sind, und da sei es gut, dass es Worte der Bibel gebe, die in die Seele einsickern und jeden Einzelnen in die große Gemeinschaft der Menschen stellen. Diese würden man sowohl in diesem Gottesdienst erfahren wie auch auf großen Veranstaltungen wie dem Kirchentag; einen achtsamen, rücksichtsvollen, toleranten und wertschätzenden Umgang miteinander. Wo diese Botschaft Gottes gehört werde, bringe sie auch Frucht, selbst in den größten Turbulenzen.

Nach dem Gottesdienst war zu persönlichen Gesprächen ins Hotel am Regenbogen geladen worden, denn Bedform-Strohm sei, sagte Kotschenreu-ther, ein „Bischof, den man anfassen und mit dem man reden könne“. Bei diesem Empfang musste sich der bei der Bundespräsidentenwahl weilende Landrat Franz Löffler entschuldigen lassen, und Bürgermeister Martin Stoiber wurde durch Walter Dendorfer vertreten.

Der Landesbischof nutzte die Gelegenheit zur Kontaktaufnahme mit den Anwesenden. Er freue sich über das herzliche Willkommen und die Schönheit der Landschaft, die er schon bei der Herfahrt genossen habe, noch dazu mit „organisiertem Superwetter“. Seine besondere Freude galt der Genesung von Dekan Kotschenreuther, dem er vor seinem Ruhestand noch begegnet sei, und er dankte für die Zusammenarbeit sowohl in der Ökumene als auch mit Politik und Kommunen. Pfarrerin Stampka überreichte ihm zur Erinnerung ein künstlerisch gestaltetes Kreuz. Der katholische Regionaldekan Holger Kruschina pflichtete dem Bischof in seinem humorvollen Grußwort bei, dass beide Konfessionen mit Blick auf die Zukunft in vielerlei Dingen an einem Strang ziehen. Dabei gelte es, auf den anderen zu hören und ihn ausreden zu lassen. Dies miteinander teilen zu können, sei ein großer Segen.