Tierschutz
Billig-Welpen überfluten Tiermarkt

Im Landkreis Cham blüht der illegale Handel mit Hunden aus Osteuropa. Teilweise grausame Zuchtbedingungen

13.02.2012 | Stand 13.02.2012, 17:09 Uhr

LANDKREIS.Der putzige Welpe schien bei der Übergabe recht verspielt und munter. Als er nach zwei Tagen zu schwächeln begann, führte der Hundekäufer das auf den Schmerz zurück, den die Trennung von der Mutter ausgelöst hatte. Nach acht Tagen verweigerte das sichtlich geschwächte Hundekind die Nahrungsaufnahme, der Besuch beim Tierarzt konnte sein Leben nicht mehr retten. Ein fast schon klassisches Schicksal eines „Modewelpen“, der „vor schlechter Haltung in Rumänien gerettet“ werden sollte.

Das glaubten zumindest die Käufer – bis sie sich näher mit dem Hundezucht-Unwesen in Osteuropa befassten und schließlich zu der Erkenntnis kamen, dass sie mit ihrem Irrglauben, einen Hund vor Verwahrlosung zu retten, die kriminellen Zuchtmethoden der Verkäufer unterstützt hatten.

Dutzende von Hundewelpenbildern sind auf Internetseiten zu sehen. Rassehunde mit Papieren und Impfungen kosten bei deutschen oder westeuropäischen Züchtern je nach Rasse und Züchter zwischen 600 und 1200 Euro. Im Internet werden vor allem „Moderassen“, wie Golden Retriever, Magyar Vizsla, Chihuahua, Jack-Russell-Terrier, Tibet-Shi-Tzu oder West-Highland-Terrier schon für rund 300 Euro angeboten. Die Hundewelpen stammen laut Anbieterangabe meist „aus privater Haltung“ und werden „in Grenznähe übergeben“.

Hundekäufer fördern das Problem

„Viele dieser Tiere verenden ganz elendig, weil sie nicht entsprechend medizinisch versorgt wurden“, erklärt Dr. Franz Wiesenreiter, Leiter des Veterinäramtes beim Landratsamt Cham. Der illegale Hundehandel aus Osteuropa blühe auch im Landkreis Cham. Dieses „Dauerthema“ betreffe die gesamte EU. Durch den Wegfall der Grenzkontrollen seien nur mehr Zufallsfunde möglich. Hinzu komme das Internet als perfekter Marktplatz für die Hundeschmugglerbanden.

LANDKREIS.Dr. Wiesenreiter: „Wir vom Veterinäramt bekommen das Schicksal der Tiere leider erst mit, wenn es Probleme gibt. Sind die Welpen in Behandlung oder verenden, dann melden sich die Besitzer bei uns und beschweren sich, wir sollen was unternehmen. Dabei sind sie es, die das illegale Treiben fördern.“

In den Zwingern, etwa in Rumänien, Tschechien oder Ungarn, würden die Welpen oft schon nach vier bis fünf Wochen vom Muttertier weggenommen, erklärt Wiesenreiter. Dabei seien sie gerade in dieser Zeit stark auf die Abwehrstoffe angewiesen, die mit der Muttermilch aufgenommen werden. „Jeder Tag, an dem die Mutter ihre Welpen ernähren muss, kostet natürlich Geld und drückt so die Rendite, weil das Tier dementsprechend mehr Futter braucht“, sagt Dr. Wiesenreiter. Auch die notwendigen Impfungen oder Entwurmung würden meist aus Kostengründen unterlassen. „Je früher der Welpe wegkommt, desto größer fällt der Gewinn der Züchter aus“, erklärt der Veterinär.

Die Tierärztin Dr. Sandra Bruckner aus Neukirchen b. Hl. Blut rät Hundekäufern, bei der Wahl des Züchters achtsam zu sein. „Mitleidskäufe sind der falsche Weg“, sagt die Veterinärmedizinerin: „Auch wenn etwa die Kätzchen in der Verkaufsbox einer Zoohandlung noch so putzig sind, für jedes Tier, das gekauft wird, wandern zwei Neue rein“. Mit der vermeintlich guten Tat verschärfen die Kunden die Situation letztlich noch, sagt die Tierärztin. Ein kompetenter Anlaufpunkt für Informationen sei der Verband für das deutsche Hundewesen (VDH).

Zucht und Impfpass genau prüfen

Beim Züchter sei vor allem der Impfpass wichtig. „Wenn einfach irgendein Blankopass aus einer Schublade gezogen wird, dann ist das nicht seriös“, sagt Dr. Bruckner. „Eine genauere Beschreibung des Welpen sollte daraus zu entnehmen sein. Auch eine mehrmalige Impfung ist wichtig. Ab der sechsten Woche sinkt die Menge, der über die Muttermilch aufgenommenen Antikörper. Darum sollte das Tier spätestens ab der achten Woche geimpft werden.“

LANDKREIS.Da aber noch immer Antikörper aus der Muttermilch im Körper sein können und eine zweifelsfreie Aussage über Aktivierung der selbstständigen Abwehrkörperproduktion des Tieres zu dieser Zeit nicht möglich ist, müssen um die 12. und 16. Woche weitere Impfungen folgen. Danach habe das Tier ein entsprechend stabiles Immunsystem.

Ebenfalls sollte beim Hundekauf auf die Vorlage eines aktuellen Impfpasses der Elterntiere bestanden werden, rät die Veterinärmedizinerin. Es gäbe auch immer wieder Züchter, die etwa bei Bauernhöfen einen ganzen Wurf aufkaufen und den dann als die eigenen Tiere ausgeben. Um hier nicht auf üble Tricks hereinzufallen, rät Bruckner dazu, sich auf jeden Fall das Muttertier zeigen zu lassen. Wenn der Züchter dann ausweiche, sei Vorsicht angebracht. Hundehalter, die gleich mehrere Rassen züchten, ja schon regelrechte Massenproduktionen betreiben, seien ebenfalls zu meiden. Wenn die entsprechenden Standards überprüft werden, sieht Dr. Bruckner kein Problem bei Hundekäufen, etwa aus tschechischer Zucht.

Veterinärverordnungen beachten

Welpen werden erst mit drei Monaten gegen Tollwut geimpft. Die Impfung ist aber für die Einfuhr vorgeschrieben. Eine Ausnahme von der Regelung ist nur in Begleitung des geimpften Muttertiers möglich oder mit einer Bescheinigung darüber, dass das Tier am Geburtsort aufgewachsen ist und nicht mit frei lebenden Tieren in Berührung kam. Wenn mehr als fünf Welpen aus einem EU-Staat eingeführt werden, wird von gewerblichem Handel ausgegangen und ein im Herkunftsland ausgestellter Heimtierausweis mit Microchip-Nummer ist vorzulegen. Zusätzlich muss der Hundehändler in diesem Fall noch einen Sachkundenachweis erbringen können.