Rechtsserie
Chamer Experte über die rechtlichen Folgen einer „Blutgrätsche“

14.01.2023 | Stand 15.09.2023, 2:02 Uhr
Benedikt Kuchenreuter
Auch beim Fußball ist Schadensersatz möglich. −Foto: afp

Ein Großteil der Bevölkerung ist in Sportvereinen bzw. im Individualsport aktiv. Leider kommt es bei der Sportausübung immer wieder zu Verletzungen. Vor allem bei Kampf- und Mannschaftssportarten besteht das Risiko, eine Verletzung zu erleiden. Oftmals kommt es bei der Sportausübung zu schweren Verletzungen, wobei sich die Frage stellt, ob dem Geschädigten Schadensersatzansprüche gegen den Schädiger zustehen.

Es gilt auch im Sport der Grundsatz, dass jeder für Verletzungen, die er einem anderen zufügt, haftet, auch wenn die Verletzung fahrlässig herbeigeführt wird. Die Rechtsprechung hat jedoch die Haftung beim Sport eingeschränkt, mit dem Ziel, dass im Bereich der Sportausübung auch schon geringes Fehlverhalten nicht zu Schadensersatzansprüchen führt. Dabei wird jeweils die Eigenart der jeweiligen Sportart berücksichtigt, dies führt z. B. zu Einschränkungen bei Kampf- und Mannschaftssportarten.

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Grundsätzlich gibt es keine Schadenersatzansprüche, wenn sich der Sportler, der die Verletzung verursacht hat regelkonform verhalten hat. In der Regel entfällt eine Haftung auch dann, wenn die Spielregeln nur geringfügig – aus Spieleifer, Unüberlegtheit, mangelnder Spieltechnik oder ähnlichen Gründen – verletzt werden.

Wenn der Verstoß jedoch vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen wurde, stellt sich die Frage der Haftung. Dabei kommt es darauf an, ob sich der Regelverstoß noch im „Grenzbereich“ der in der Sportart gewohnten Härte bewegt oder ob es sich um ein offensichtliches grobes und unsportliches Verhalten handelt. So wird beispielsweise ein Foul bei dem Versuch, den Ball zu erreichen, im Regelfall auch bei einer erheblichen Verletzung des Gegenspielers nicht zu einer Haftung des Sportlers führen und daher auch keine Schadenersatzansprüche begründen; im Gegensatz dazu kann ein überhartes „Einsteigen“ („Blutgrätsche“) Ansprüche herbeiführen.

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Regelmäßig wird die Grenze zwischen einer Haftung und begründeten Ansprüchen dort verortet, wo ein grober Regelverstoß vorliegt, beispielsweise wenn beim Fußball ein Spieler aus vollem Lauf mit gestrecktem Bein in einen Mitspieler „hineingrätscht“. Ein massiver und grober Regelverstoß ist dann auch nicht mehr von dem üblichen Verletzungsrisiko gedeckt, welches jeder Mitspieler durch die Teilnahme am Spiel in einem gewissen Umfang eingeht. Die Teilnahme am Spiel/Sport alleine führt auch nicht zu einer schadenersatzmindernden Einwilligung in mögliche Verletzungen.

Gegen das Risiko, aufgrund seines Sportunfalles auf Schadenersatz in Anspruch genommen zu werden, kann sich der einzelne durch eine private Haftpflichtversicherung absichern. Diese zahlt auch bei einem absichtlichen Foul, solange nicht direkt die Verletzung des Gegners beabsichtigt war.

Der Geschädigte kann sich zumindest bei schweren Verletzungen durch eine private Unfallversicherung absichern. Handelt es sich um einen Unfall beispielsweise im Bereich des Schulunterrichts, so bestehen auch Ansprüche gegen die gesetzliche Unfallversicherung.

Darüber hinaus kann auch für den Sportverein der Abschluss einer Haftpflichtversicherung sinnvoll sein. Das OLG Celle hat entschieden, dass einer Mutter Schadenersatz für die Beschädigung ihres Autos zusteht, welches bei der Fahrt mit den Kindern des Sportvereines zu einem Auswärtsspiel bei einem Unfall beschädigt wurde. Soweit Gerichte derartige Ansprüche zuerkennen, können sich hieraus für den Verein teils erhebliche Haftungsrisiken ergeben.