Kunst
Chamerin gewinnt digitalen Poetry-Slam

Katharina Salzberger setzte sich im RAUM gegen Künstler aus ganz Deutschland durch. Ihr Text drehte sich ums Erwachsenwerden.

02.04.2021 | Stand 16.09.2023, 3:40 Uhr
Katharina Salzberger gewann den zweiten Chamer Poetry-Slam, der online ausgetragen wurde und Kandidaten aus ganz Deutschland anzog. −Foto: Franz Bauer

Nach dem erfolgreichen Debüt im Vorjahr gab es zum zweiten Mal im RAUM eine Poetry- Slam-Battle, diesmal online, aber nicht minder mitreißend und erkenntnisreich. Zuschauer aus allen Teilen Deutschlands konnten RAUM-Manager und technischer „Direktor“ Franz Bauer und die Moderatorin des Abends, Maron Fuchs, begrüßen. Publikum und Teilnehmer der Battle waren online auf Zoom zugeschaltet.

Fuchs, bayerische Vizemeisterin im Poetry Slam und Fachfrau, führte mit fröhlich-energetischem Enthusiasmus durch das Programm, stellte die sechs Teilnehmer kurz vor, feuerte das Publikum, das als Jury fungierte, mit ihrer mitreißenden Fröhlichkeit zum Gebärdenapplaus an und sorgte mit lockeren Sprüchen äußerst professionell für einen schwungvollen und amüsanten Abend. Zu Beginn erklärte sie die drei einfachen Grundregeln beim Poetry Slam, nämlich dass die vorgetragenen Texte selbst geschrieben sein müssen, ein Zeitlimit von sieben Minuten einzuhalten ist und keine Requisiten verwendet werden dürfen.

Als Warming up gab sie selbst mit dem Text „Wirbelwind“, in dem sie eine Kaskade von Erinnerungen aus ihrer Kindheit dem Verlust der Spontaneität im Erwachsenenalter gegenüberstellt, ein Beispiel für einen gelungenen Text, und als Requisiten benutzte sie dabei gekonnt ihre Hände. Die erste Teilnehmerin war Kerstin Pongratz, die in einem Rap Flow, angelehnt an das vor einigen Wochen gebotene RAUM-Kabarettprogramm „Hirnzwirn“, den coronabedingten Lockdown der Kulturszene im Allgemeinen und im RAUM im Besonderen, Revue passieren ließ.

Satire im besten Sinn

Hans Hastreiter schilderte feinsinnig den Gewissenskonflikt und die ungeklärten Fragen, die ihn als kleinen Junge quälten, wenn nach dem Besuch der katholischen Sonntagsmesse seine Mutter an der Tankstelle für 20 D-Mark tankte und er die Aufschrift „Blasenfrei zapfen“ las. Die Verwirrung blieb über die Jahre und wurde nicht geringer, als er eine Generation später an derselben Tankstelle auf die neue Beschriftung „Restmengen müssen tropfenfrei aufgenommen werden“ stieß. Satire im besten Sinn, fanden viele Zuschauer.

Fynn Häniken aus Homburg, der Sieger im ersten Durchgang, bot in gekonnten Reimen einen bewegenden Text mit dem Thema „ich - du -wir“ dar, in dem er schilderte, wie er in seinem Körper gefangen ist und dadurch sein wahres Ich verstecken muss. Ein anrührender Blick in das Innenleben eines Transgenders. Im zweiten Durchgang folgten zwei Liebesgedichte. Katja Eva Steiger aus Bamberg beklagte in ihrem Gedicht „Tiefseewelten“ mit der Metaphorik des Wassers– Strudel, Meer, Hafen, Kompass – eine große, eine zu heftige Liebe, die letztlich endet und losgelassen werden muss.

In einem sehr nachdenklichen Text mit dem Titel „Die Liebe“ beschrieb Max Heinz aus Trier, wie wir uns aus Liebe oft selbst vergessen und dass schließlich das Wichtigste ist, sich selber zu lieben, bevor man andere lieben kann. Die letzte Teilnehmerin am Wettbewerb war Katharina Salzberger aus Cham. Sie ging schließlich als Gesamtsiegerin vom Platz. Mit einem erstaunlichen Maß an Selbstreflexion erzählte die junge Poetin in ihrem Text „Ich falle“ vom schwierigen Erwachsenwerden und der Suche danach, wie man das Leben meistern kann.

Ihr zweiter Text, dargeboten im Finale, trug den Titel „Keine Kleinigkeit“ und übte in Reimform harsche Kritik an den skandalösen Umwelt- und Klimaschäden, die die Menschen seit Jahren verursacht haben. Mit großer Klarheit zeigte sie auf, wie träge und herablassend die Erwachsenen auf die brennenden Anliegen und die Wut der Jugendlichen bei „Fridays for future“ reagieren. Damit überzeugte sie das Publikum und setzte einen überraschend ernsten Schlusspunkt an diesem äußerst niveauvollen Abend voller Lyrik, Poesie, Ideen, Kreativität und Humor.

Dank an Förderer

Der Abend war ein Genuss für das Publikum und ein weiterer Beweis dafür, dass es im RAUM keinen Kulturlockdown gibt, darüber waren sich viele einig. Der RAUM sagte „Danke“ für die Förderung durch den Kulturverein Bayerischer Wald für den voraus abgehaltenen Workshop mit Maron Fuchs und für das Poetry-Slam Battle. Um so einen Abend mit zwei Zoom-Zugängen, einen für die Poeten und einen für die Zuschauer, mit weichen Übergängen zu mischen, gehört auch die entsprechende Technik dazu. Diese konnte die Bühne aufwerten durch die Kulturförderung der Bundesregierung (BKM) NEUSTART und den Bundesverband „Soziokultur“, betonte Franz Bauer.