Ausstellung
„Circus Corpus“ hat eröffnet

Der Bildhauer und Zeichner Peter Senoner zeigt neue Werke in einer eigens für Cham kuratierten Einzelschau.

05.09.2021 | Stand 16.09.2023, 0:54 Uhr
Elisabeth Angenvoort
Bürgermeister Martin Stoiber, Kuratorin Anjalie Chaubal, Peter Senoner und Dr. Christian Schoen (v.l.) bei der Eröffnung der Ausstellung. −Foto: Elisabeth Angenvoort

München, New York, Tokyo, Wien, Berlin, Detroit: Peter Senoners Leben und Schaffen ist geprägt von der Vielfältigkeit seines jeweiligen „Standortes“. „Ich bin überzeugt, dass wiederholte ständige Ortswechsel ganz wichtig sind, aber ebenso Heimat als geschützter Ort“, sagt der in Bozen geborene Künstler. Dass Senoner nun mit einer Einzelausstellung im Cordonhaus zu Gast ist, das ist dem untrüglichen Feingespür und unermüdlichen Einsatz von Kuratorin Anjalie Chaubal zu verdanken: Künstler von herausragender Bedeutung nach Cham zu holen.

Sinnstiftende Kultur

Bürgermeister Martin Stoiber begrüßte zur Eröffnung am Samstagabend neben Vertretern des Stadtrats besonders auch die Leiterin des Kulturreferats im Landkreis Cham, Dr. Bärbel Kleindorfer-Marx, sowie Altbürgermeister Leo Hackenspiel. Die zurückliegenden schwierigen Zeiten hätten deutlich gemacht, „dass Kultur, dass Kunst zum Sinn gehört, den wir Menschen brauchen“, betonte Stoiber. Mit dem Kunsthistoriker Dr. Christian Schoen konnte Chaubal zur Einführung in die Ausstellung nicht nur einen absoluten Fachmann, sondern auch langjährigen Kenner von Senoners Werk gewinnen.

Im Dialog mit dem Künstler skizzierte Schoen die wesentlichen Stationen auf Senoners Schaffensweg, ausgehend von der Frage, ob jene „Obdachlosigkeit“, wie Rainer Maria Rilke sie 1907 in Blick auf Auguste Rodins „Balzac“ erkannte, auch heute noch sowohl Dilemma als auch Voraussetzung für die Existenz plastischer Arbeiten ist.

Aufgewachsen in der langen Tradition Südtiroler Holzbildhauerkunst, ging Senoner den „Umweg“ über New York und das Zeichnen auf Papier, um zum Werkstoff Holz zu finden, dem für ihn „technisch perfekten Medium, um die Form darzustellen, die ich darstellen möchte“, erklärte der Künstler. „Solange ich die Möglichkeit habe, Material wegzunehmen, solange ist das Werk auf der Reise“, sagte er. Die Formen von Senoners Skulpturen verändern sich wiederum durch die Transformation in ein anderes Material, wirken durch den Guss in Bronze, durch eine geschliffene Oberfläche wie der in Cham gezeigte „Stitch“ (2020), oder durch Feuerpatina äußerlich monochrom.

Symbiose von Natur und Technik

Die Figuren selbst scheinen in ihrer Androgynität ästhetisch so vollkommen, als seien sie Geschöpfe aus einer zukünftigen, jedoch nicht allzu fernen Zeit. Wie ein „Übereinanderlegen von Erinnerungen, an Physiognomien, an die ich mich erinnere beim Prozess des Unterwegs-Seins“, wiederholt sich der erhaben anmutende Ausdruck in den Gesichtern von Senoners Skulpturen.

„Ich glaube, dass wir uns so annähern werden an Technologie, immer enger und stärker, und dass das natürlich was mit uns macht“, erläuterte Senoner, der seine Arbeit im „Spannungsfeld zwischen Technologie und Natur“ verortet sieht. „Es kommt darauf an, dass wir als Gesellschaft das nötige Verantwortungsgefühl entwickeln, um damit richtig umzugehen“, formuliert er seine Vision einer Symbiose des menschlichen Körpers mit der Technik, als Modell der Zukunft im positiven Sinn. „Technologie kann uns helfen, mit der Kraft von Naturgewalten besser klar zu kommen“, ist der Künstler überzeugt.