Waldmünchen
CSU schießt gegen Ampel-Regierung und sieht sich als Sprachrohr des ländlichen Raums

23.02.2023 | Stand 15.09.2023, 1:25 Uhr

Gschichtl statt Predigt: Barbara Löffler übernahm den unterhaltsamen Part.

Gut möglich, dass ihn der Besuch beim „großen“ politischen CSU-Aschermittwoch in Passau angestachelt hat: Denn wenige Stunden später teilte Gerhard Hopp in Waldmünchen aus. Ungewohnt hart, ungewohnt kämpferisch.

Hopp ist Landtagsabgeordneter und Kreisvorsitzender. Als solcher stellte er fest, dass fünf zeitgleiche Veranstaltungen ein deutliches Zeichen seien, dass die CSU im Kreis lebt. Und, dass „d‘Leit komma“. Hopp wusste auch den Grund: „Weil wir Klartext reden, weil wir zusammenhalten.“ Die Christsozialen seien keine Partei, die sich mit vier, fünf Leuten im Hinterzimmer trifft. „Wir wollen Rückmeldung kriegen, was gut läuft und was nicht.“

Die Bodenhaftung verloren

Er zeigte sich erschrocken, wie schnell die Ampelregierung in Berlin den Bezug zur Basis verloren habe. Bestes Beispiel: Die Gaspreisdiskussion, bei der die Menschen am Land vergessen wurden. Hopp kündigte an, als CSU dagegenzuhalten und weiterhin die Stimme für den ländlichen Raum zu erheben.

Einen Impuls der anderen Art als Hopp mit Passau hatte Jürgen Lampatzer. Als er den Saal betrat, ahnte er noch nicht, dass er den Abend moderieren wird. Vorsitzender Martin Frank fiel krankheitsbedingt aus. Und mit ihm sein Bericht. Lampatzer kompensierte dies mit kurzen Statements zu den einzelnen Beiträgen. Zum ländlichen Raum meinte er: „Man muss die Welt sehen, um zu erkennen, was man hier hat.“ Lebensqualität und eine liebenswerte Heimat.

Auch Franz Löffler, Hauptredner, Landrat und Bezirkstagspräsident, bezog sich auf Gerhard Hopp. Diesem sehe er auf Augenhöhe mit CSU-Granden wie Weigel und Stoiber. „Dass einer von uns die Grundsatzkommission der Partei leitet, nötigt mir Respekt ab.“

Der brutale Angriffskrieg auf ein freies Land („weil es ein freies Land ist“) habe zwar zum einen gezeigt, wie verletzbar staatliche Systeme seien. Zum anderen aber auch, wie solidarisch die Gesellschaft („ein Mutmacher“) und wie stabil die Wirtschaft sei. Eine Rekord-Gewerbesteuer von 84 Millionen Euro im Landkreis würden dies eindrucksvoll bestätigen.

Auf eigene Stärken besinnen

Löffler appellierte, Lehren zu ziehen: Was wir selber können, sollten wir auch selber tun – statt uns in eine Abhängigkeit von China zu begeben, Stichwort Pharmaindustrie. „Da waren wir mal führend“, erinnerte er, gleichermaßen zum Nachdenken anregend.

Schwere Geschütze fuhr der Waldmünchner („Es tut gut, zuhause reden zu dürfen“) in Richtung Ampel-Koalition auf, wenngleich er dieser bescheinigte, das ein oder andere richtig gemacht zu haben. Die kostenlose Meisterausbildung sei „überfällig“ und von entscheidender Bedeutung für das Handwerk.

Auf der anderen Seite fand er eine Menge Kritikpunkte, aus seiner Sicht gar „No-Go‘s“. Die deutsche Staatsbürgerschaft etwa ohne gute Sprachkenntnisse. Ein Länderfinanzausgleich (für den Bayern schon 100 Milliarden eingezahlt hat und heuer zehn Milliarden einzahlt), in dem sich die Nehmerländer „Sachen leisten, von denen wir uns lange verabschiedet haben“.

Keine Flüchtlinge mehr in Turnhallen

Löfflers weitere Schlagworte: Die Außengrenzen der EU müssen funktionieren, Strom kenne keine nationalen Grenzen und er sei auch nicht der Landrat, der Windkraftanlagen verhindert, sich aber überlegt, wer diese betreiben soll („Da gibt es keine Blaupause“) . Aber er sei der, der „keine Turnhallen“ für aus der Ukraine Geflüchtete will.

Löffler gab zu, dass Migration eines der Themen ist, das ihm Sorgenfalten auf die Stirn zeichnet. Wie weitere: Die Bundeswehr, der Fachkräftemangel, die Mobilität, die eine zweite Seite hat: „Ich kann keine leeren Busse durch die Gegend fahren lassen.“ Und die Pflege. Als Bezirkstagspräsident wisse er nicht um ein einziges Haus, das nicht über „freie“ Betten wegen Personalmangels verfüge. Da sind kreative Lösungen gefragt, ein Gemeindeschwesternsystem vielleicht, wenngleich dies „leichter gesagt als umgesetzt“ sei.

Schnelle Wege zur Autobahn

Zur Autobahn ohne eine einzigeOrtsdurchfahrt,das war eine der Botschaften, die Franz Löffler den Waldmünchnern übermitteln wollte. „Trotz der Lage abseits des Nabels der Welt ist vieles möglich“, ermutigte er – „soweit die Weichen richtig gestellt sind.“ Er wünschte sich, dass statt der Nachteile die Chancen in den Vordergrund rücken. „Denn die haben wir.“

Bürgermeister Markus Ackermann hatte (nach erneuter Blasmusik-Kurzweil durch den zünftig aufspielenden Blechscho‘n) als letzter Redner keine einfache Rolle. Einerseits juckte ihn, die angerissenen Themen zu kommentieren, andererseits sprach die Zeit dagegen und Waldmünchen sollte schließlich nicht zu kurz kommen. Ein Waldmünchen, in dem Netzwerke bestens funktionieren, sich die Wirtschaft „top gehalten“ hätte und im Stadtrat alle an einem Strang ziehen würden.

Ackermann richtete seinen Fokus auf Spotlights (Festspieltribüne/Platzgestaltungen in der Innenstadt)und strategisches Arbeiten vom ISEK bis zum Projekt Demografiefeste Kommune. Seine Bilanz: Das Vorjahr wurde gut abgeschlossen, Schulden erneut reduziert, und 2023 schicke sich an, dank vieler Projekte das Gesicht Waldmünchens nachhaltig positiv zu verändern.

Gschichtl statt Predigt

Aus gegebenem (Wahl)Anlass rezitierte Barbara Löffler die hintersinnige und humorvolle Geschichte eines Kreistags-Kandidaten. Eine Antragung, die man trotz Alltagsstress mit Rasenmähen und Schafkopf der Sache wegen annimmt. Listenplatz 52 allerdings, indiskutabel. Also muss eine Strategie her. Beim Metzger, beim Bäcker (im Semmelstau), im Seniorenheim. Selbst zuhause, wenngleich: „Privat braucht man keine Frau, politisch schon.“

Um Jürgen Lampatzer zu ziteren: Eine gute, unterhaltsame Abrundung, das war das „Geschichtl“, keine Frage. Aber Barbara Löffler als männlicher Kandidat, wenn Umschreiben (sechs oder acht Zeilen) leicht gewesen wäre? Und überhaupt: Früher war irgendwie mehr Barnabas.