Heimat
Das Herzstück von Stamsried

Seit 125 Jahren gibt es in der Marktgemeinde eine Poststelle. Früher war sie das örtliche Kommunikationszentrum schlechthin.

19.05.2021 | Stand 16.09.2023, 3:02 Uhr
Die Farbe Gelb dominiert: Im Gasthof zur Post, links vom Eingang, befand sich lange die Postexpedition mit Telefrafenstation. Foto: Jakob Moro −Foto: Jakob Moro

Am 1. Mai 1896 erhielt Stamsried eine eigene Postexpedition, schrieb der Stiftungsadministrator, Gemeindeschreiber und Chronist Pentner in der Stamsrieder Chronik.

Pentner kam 1891 als Stiftungsadministrator nach Stamsried. Er bemühte sich um diese Poststelle in Stamsried, damals wie heute eine der wichtigsten Einrichtungen einer Kommune. Inhaber der ersten Postagentur waren der Musiker Johann Berghammer, später der pensionierte Gendarmarie-Stationskommandant Franz Xaver Böhm. Vorher erfolgte die Postzustellung von Roding und Cham aus, und noch früher war Stamsried auf höchst unzuverlässige Boten angewiesen.

Durch ein Entgegenkommen des Oberpostamts Regensburg konnte am 1. Mai 1896 die Postexpedition eröffnet werden, bald darauf auch eine Telegrafenstation und ein öffentliches Telefon. Die Stamsrieder Post war mit der Post- und Bahnexpedition in Pösing durch Postbotenfahrten verbunden.

Die Stamsrieder Post befand sich in der Nähe der Kirche, am Eingang zum Marktplatz nach dem heutigen Wohnhaus Dirnberger. Da Reisende früher eine Übernachtungsmöglichkeit brauchten, war es nötig, dass eine Gaststätte sich der Postagentur anschloss. So dürfte in Stamsried, wie vielerorts, der Gasthof zur Post eine der ältesten örtlichen Gastwirtschaften sein.

In Cham war ein Hauptpostamt, von dort wurden alle umliegenden Postämter betreut.

Im Zeitalter von Handy, Internet und E-Mail sind die Erinnerungen an die Zeiten verblasst, in denen das Telefon Luxus war, Telegramme ein Zeichen der Moderne waren und die Post als Nabel jeden Ortes galt. Stamsried gehörte ab 1782 zum Postamt Cham.

Das Postamt Cham wurde von Straubing aus mit Post versorgt. Von dort gingen Postwagen nach München, Regensburg, Passau und Cham. Eine Fahrt nach Regensburg dauerte sechs, bis Passau 14 Stunden. Die Stamsrieder holten ihre Post vom Postamt Cham.

Als in Roding am 1. April 1847 eine Postexpedition errichtet wurde und ein Stamsrieder (Ring) Inhaber war, kamen Stamsried und die umliegenden Orte zu dieser Postexpedition. Im Landgerichtsbezirk Roding bestand zu jener Zeit nur in Nittenau ein Postamt.

Neuheit: Postablagen

Ab 1860 wurden die Postablagen eingeführt. Stamsried kam zur Postablage Pösing und gehörte dieser von 1876 bis 1896 an; von 1861 bis 1876 gehörte Stamsried zur Postablage Roding. Stamsried bekam relativ spät eine eigene Poststelle, der Markt lag abseits der Verkehrswege. Da war Pösing näher dran. Das Dorf hatte sehr früh eine eigene Bahnstation.

In der Lokalpresse steht am 1. Januar 1952: „Die Marktgemeinde Stamsried erhält täglich zwei Anlieferungen bzw. Abholungen. Der Kraftpostwagen trifft um 9.50 Uhr und um 17.05 Uhr in Stamsried ein.“ Dadurch wurden die Schalterstunden angepasst. Die Postagentur befand sich in der Nähe der Kirche. Eine eigene Poststelle war ein Kommunikationszentrum. Wer dort arbeitete, kannte jede und jeden, wusste um die Sorgen und Nöte.

Die Postboten kannten sich, die Post war ihr Leben. Die Post in Stamsried prägte neben Kirche, Wirtshaus, Tante-Emma-Laden und Schule das Leben, sie war das Herzstück Stamsrieds. Sie war in der Hand von Familien (Dirrigl, Winkler, Eberwein). Zum Tagesgeschäft gehörten die Postausgabe, die Aufnahme von Telegrammen und die Vermittlung von Telefongesprächen.

Die Zustellung der Briefe und Pakete bei Wind und Wetter war mühsam. Der Rodinger Generalanzeiger schrieb 1911: „Niedermeyer dahier von Pösing machte über Stamsried seinen Dienstgang und die Zustellungen. Zehn Jahre sah man denselben schwer bepackt seinen Dienstgang antreten, öfters, wie er gerne erzählt, 15-20 Postanweisungen mit barem Geld zu 2000 Mark und darüber in seinem Postranzen, Wertbriefe und Wertpakete zu 1000 bis 4500 Mark und bis zu 14 Kilo schwer und noch eine Unmenge Zeitungen. Das waren wirkliche schwere 10 Dienstjahre. Als Herr Niedermeyer nach Stamsried versetzt wurde, wurde der Dienst wohl etwas leichter, aber immerhin noch schwer genug, da sich der Postverkehr im Laufe der Jahre bedeutend gehoben hat.“

Trotz der Strapazen ging es in der Poststelle menschlich zu. Da war der „Helm“ (Wilhelm Schmid), der morgens um 7 Uhr wegging und die Post austrug. Es war die Zeit der Eberwein Amalie (geborene Winkler), die hinter dem Postschalter saß, die Bäcker-Marie und die Bäcker-Lies gegenüber am Marktplatz frisches Brot und Semmeln verkauften, Preißer Bürgermeister war, Josef Stahl und Johann Gruber Stamsrieds Pfarrer waren, die Schulschwestern gegenüber der Poststelle wohnten und der Weitzer die Bauern mit Dünge- und Futtermittel versorgte.

Die Hilfspostboten

Als Hilfspostboten waren Michael Koller und Michael Streber bekannt. Das Postmonopol hatten die „Dirrigl“ inne. Später war der Spangler Konrad (Konrad Werner) ein zuverlässiger Zusteller. Zwei der letzten Dorfbriefträger waren der Fritz Stöberl und der Eberwein Heinz.

Früher gab es keine Postleitzahlen. Man fand sich so zurecht. Später erhielt Stamsried die Postleitzahl 13 a, die sie von 1944 bis 1961 führte. Von 1961 bis 1993 führte der Ort die Postleitzahl 8491; heute ist es die 93491.

Die Standorte der Stamsrieder Poststelle wechselten danach mehrfach im Ort, bis sie ganz in der Nähe der früheren Post eine Bleibe fand. Heute befindet sie sich im Edeka-Markt am Marktplatz. Sie ist täglich von 8 bis 12 Uhr und von 14 Uhr bis 19 Uhr geöffnet. Auch am Samstagvormittag ist die Poststelle offen.

Ein Briefkasten befindet sich außen am Eingang zum Edeka-Markt und an vielen weiteren Stellen in Stamsried und seinen Ortsteilen. (rjm)