Ausflug
Der „heilige“ Berg ruft

Der Lamberg ist das klassische Naherholungsziel der Chamer. Seine frisch restaurierte Wallfahrtskirche, eine Geschichte bis in die Keltenzeit und viele Wanderwege locken die Besucher. (Teil 1)

29.04.2021 | Stand 16.09.2023, 3:21 Uhr
Stefan Schönberger
Die Votivtafeln für die heilige Walburga zeugen von einer tiefen Verbundenheit der Wallfahrer zu der Schutzheiligen, derer am 1. Mai gedacht wird (Walpurgisnacht).Foto: Stefan Schönberger −Foto: Stefan Schönberger

Sie suchen Auszeit von der Arbeit und dem Alltag? Dann besuchen Sie doch wieder mal den Lamberg. Die höchste Erhebung vor den Toren der Stadt Cham bietet Spaziergängern, Wanderern, Pilgern, Radfahrern und Naturliebhabern Entspannung und Erholung. Und weil es daheim bekanntlich am schönsten ist, hat sich der Lamberg für Sie ordentlich rausgeputzt.

Der Wallfahrtsunterstützungsverein Lamberg und die Kirchenverwaltung Chammünster sind in den vergangenen Monaten sehr aktiv gewesen und haben viele geplante Vorhaben wie Restaurierungen, Räumaktionen und diverse Baumaßnahmen in die Tat umgesetzt. Und weitere Projekte folgen.

Daher gibt es auf dem Lamberg allerlei Neues und Altes zu bestaunen. An erster Stelle ist die Wallfahrtskirche zur heiligen Walburga zu nennen. Neben diversen Wanderwegen führt auch der Friedrich-Nietzsche-Weg auf die exakt 602 Meter höchste Erhebung im Stadtgebiet Cham. Weiterhin locken der historische Keltenwall sowie eine Mountainbike-Strecke. Das Lamberg-Wirtshaus bietet corona-konform Speisen und Getränke zum Mitnehmen an.

Wallfahrt über dem Regental

Der Lamberg ist Teil eines markanten Höhenzuges und präsentiert sich in einer besonderen Lage, hoch über dem uralten Verkehrsweg zwischen Bayern und Böhmen, der durch die Further Senke verläuft. Teilweise recht steil ansteigend liegt der Gipfel rund 230 Meter über dem Regental. Die Besiedelung des Lambergs reicht weit in die keltische Zeit zurück und auch im Mittelalter beheimatete der Lamberg einen vermutlich beträchtlichen Burgenbau. Obwohl die Kirche St. Walburga erstmals urkundlich 1359 erwähnt wurde, ist anzunehmen, dass bereits im 8. Jahrhundert der Lamberg zum Kloster St. Emmeram gehört hat und im 12. oder 13. Jahrhundert an das Kloster Reichenbach ging. Die erste Kirche ist vermutlich aus einer alten Ministerialenburg mit eigener Burgkapelle hervorgegangen. Es waren vermutlich die Mönche von Reichenbach, die die Verehrung der hl. Walburga auf den Lamberg brachten. In den folgenden Jahrhunderten gab es Hochs und Tiefs der Wallfahrt, welche in der Barockzeit auf dem heiligen Berg in Bayern, wie er von den Böhmen genannt wurde, eine Blütezeit erlebte. Nach zweimaliger Zerstörung der Kirche konnte erst 1832 eine neue Kapelle errichtet werden.

Das Hauptwallfahrtsfest, die Kirchweih, findet am dritten Sonntag im September statt, welches in bescheidenem Maße auch heute noch besteht. Am 1. Mai werden traditionell auf dem Parkplatz unterhalb der Wallfahrtskirche die Fahrzeuge gesegnet und an Christi Himmelfahrt findet ein Gottesdienst zur Männerwallfahrt statt.

Die Inneneinrichtung der Kirche, besonders die drei Altäre, stammen aus der Zeit um 1840. Das Altarblatt auf dem Hochaltar ist eine Kopie der „Walburgaeinkleidung“ auf dem Münsteraltar. Drei qualitätsvolle Ölbilder und eine Sammlung von nahezu 200 Votivtafeln um einen altarähnlichen Aufbau im rechten Seitenrondell sind sehenswert. Die Kirche hat seit 2019 verschiedene Restaurierungen erfahren. So konnte im vergangenen Jahr nach sechsmonatiger Bauzeit der Glockenturm wieder in Betrieb genommen werden. Aufgrund des maroden Glockenstuhls, die Glocke durfte nicht mehr geläutet werden, war eine Sanierung zwingend erforderlich. Und so erklingt nun wieder mehrmals täglich die Glocke der Wallfahrtskirche .

Ebenfalls neu in der Kirche ist die kleine Orgel, die aus dem Mutterhaus, der Urkirche in Chammünster, auf den Lamberg verlegt wurde. Ganz aktuell wurde die Kirchenausstattung durch diverse Figuren nach Restaurierung durch den Kirchenmaler Karl Simmet ergänzt. Das Wiederherstellen dieser sakralen Gegenstände wurde durch den ehemaligen Pfarrer von Chammünster, Franz-Xaver Hebauer, der eine Leidenschaft für den Lamberg pflegte, in Auftrag gegeben. Ebenfalls wieder in neuen frischen Farben erstrahlen die neun Heiligen, die in den Granitnischen auf den Bildstöckl-Stelen an ihre alte Heimat auf dem Lamberggipfel rund um die Kirche zurückkehren.

„Im bairischen Walde fieng es an …“ Mit diesem Satz des Philosphen Friedrich Nietzsche beginnt eine Wanderung über den gleichnamigen Wanderweg rund um den Lamberg. Nietzsche war sein Leben lang einer der größten Kritiker des Christentums und trotzdem ist er im Jahre 1867 mit seinem Freund Erwin Rohde in den Böhmerwald gereist. Damals wurde die Gegend östlich und westlich der Grenze noch als Böhmerwald bezeichnet. Interessant ist, dass Nietzsche, den man später als meisterhaften Stilisten gepriesen hat, sich in seinen Aufzeichnungen dieser Reise als wortkarg präsentierte. Nietzsche vermerkte über den 10. August 1867, dass er mit der Eisenbahn nach Cham fuhr, für Heidelbeeren und Milch am Lamberg zwölf Kreuzer und für ein Abendessen im Gasthaus Scherbauer in Cham, es gab Entenbraten, Eiersuppe, zweimal Kompott, Kirschkuchen sowie Arrak und ein Glas Bier, Geld ausgegeben hat, so dass sich alle Ausgaben dieses Tages auf 3 Gulden und zwölf Kreuzer summierten. Das Tagebuch von Erwin Rohde wird dem philosophischen Ansatz der beiden Wandersleut eher gerecht, indem er auf dem Gipfel notiert: „Die Natur war in diesem Augenblick vollkommen, und der Geist wurde im reinen Anschauen verklärt und geläutert: selig, wer diese besten Augenblicke des Daseins festzuhalten vermöchte!“ Erläuterungen zu geschichtlichen Hintergründen, Sagen und Mythen sind an den markanten Punkten auf Tafeln auf dem Rundkurs für die Besucher zu finden.