Leider halb leere Ränge
„Der Kleine Prinz“ in der Stadthalle Cham: Musical mit Charme und Herz

15.01.2023 | Stand 15.09.2023, 2:07 Uhr
Ferdinand Schönberger
Sie begegnen sich in der Wüste: der Pilot (Benoit Pitre) und der Kleine Prinz (Anna Friederike Wolf). −Foto: Fotos: Ferdinand Schönberger

Eines der beliebtesten Kinderbücher der Welt ist gerade in Cham auf der Bühne zu erleben. Ein notgelandeter Pilot in der Wüste, der eigentlich hätte Maler werden wollen, erinnert sich an seine Kinderzeichnung. In ihr erkannten die „großen Leute“ nur einen Hut.

Doch als er – alter Ego des Buchautors – in seiner Vorstellung dem von einem Asteroiden gekommenen „Kleinen Prinzen“ begegnet, nimmt dieser in dem Bild sofort einen von einer Riesenschlange verschlungenen Elefanten wahr.

Schon hier steckt die wohl bekannteste Botschaft der Geschichte: Man sieht nur mit dem Herzen gut. Die Fantasie ist größer als die vordergründige Realität und wird gebraucht, um die Welt in ihrer Komplexität zu verstehen. Die Gespräche zwischen Pilot und jungem Planetenreisenden sowie dessen Erlebnisse stehen im Mittelpunkt des Musicals, das am Donnerstagabend in der leider nur etwa zur Hälfte besetzten Stadthalle aufgeführt wurde.

Prinz trifft Egozentriker

Der Prinz (Anna Friederike Wolf für den erkrankten Moritz Bierbaum) erzählt dem Piloten (Benoit Pitre) von den Stationen seiner Reise, bei der er seinen Stern und eine anspruchsvolle Rose (Jessica Falceri) verließ und auf anderen Planeten nur ichbezogene Personen antraf: Karikaturen des Erwachsenenlebens. Schließlich lernt er auf der Erde den Fuchs (Abby Cheng) kennen, der ihm das Geheimnis einer einmaligen Bindung zwischen zwei Wesen erklärt: „Das Wesentliche bleibt unsichtbar. Was wirklich zählt, ist, was man liebt.“ Daraufhin will der Prinz zu seiner Rose zurück, wozu ihm der Biss der Giftschlange (Natalie Schättle) verhilft.

Die Aufführung erwies sich als ein visueller und akustischer Leckerbissen. Der philosophische Inhalt, eng an der Buchvorlage angelehnt, wurde durch das sensible Spiel der Darsteller/innen und modernste Technik wiedergegeben. Es erklangen zwar keine Ohrwürmer, doch zu Playback eingängige, niveauvolle Melodien, oft im Dreiviertel-Takt und passend zu den einzelnen Szenen. Da stolzierte der Eitle zum Tango-Rhythmus wie ein Torrero, wand sich die Schlange verführerisch und akrobatisch zu Bauchtanzklängen am Baum, zeigte die Rose Ballettsequenzen und der Laternen-Anzünder Slapstick- und Sprungeinlagen, trat der König bei Zirkus-Can-Can mit zungenbrecherischem Gesang auf: „Ich richte und regiere gern.“ Selbst lokaler Bezug fehlte nicht, da dieser verkündete, sogar Martin Stoiber ins Kanzleramt zu holen, wenn er sein Untertan würde. Neben dem frankokanadischen Bariton Pitre, der kraftvoll dem Piloten die nötige Tiefe verlieh, und der knabenhaften Stimme der Darstellerin des Prinzen überzeugten auch die übrigen neun Mitwirkenden gesanglich. Außer den rasanten tänzerischen Einlagen, den fantasievollen Kostümen und der abwechslungsreichen Choreographie beeindruckten auch die – im Vergleich zum „Phantom der Oper“ noch spektakuläreren – Multimedia-Animationen.

Tanzende Rosenblüten

Durch geschicktes Spiel mit teilweise durchsichtigen Vorhängen und ausgefeilter Projektionstechnik wurden verschiedene Ebenen suggeriert: Tanzende Rosenblüten, ein Gewittersturm oder die Reise durch die Galaxis waren ebenso zum Greifen nahe wie die sich zu Adlerschwingen auf des Prinzen Rücken formierenden Vögel.

So gab es am Ende zu Recht viel Applaus und begeisterte Bravo-Rufe für die unterhaltsame Mischung für Herz und Seele ohne ein wirkliches Happy-End.