Die Politik streitet über Impfstoff-Mangel. Aber die, die ihn als Erstes haben könnten, sagen Nein zur Spritze. Ausgerechnet dort, wo die Risikogruppen leben, für die wir unser Leben drastisch einschränken, will sich nur jeder zweite Pfleger impfen lassen. Ist das nicht ein echter Schlag in die Magengrube?
Als ich das erfahren habe, hat mich das im ersten Moment wütend gemacht. Der lang ersehnte Ausweg aus dem Lockdown-Leben schien mit dem Impfstart doch schon so nahe. Doch muss ich mich an die eigene Nase fassen. Wenn ich einer der Ersten wäre, die einen gerade erst zugelassenen m-RNA-Impfstoff gespritzt bekämen, hätte ich auch großen Respekt. Insofern ist es wichtig, nicht gleich alle Impfverweigerer unter den Pflegekräften zu verurteilen. Eine Voraussetzung gibt es aber. Die Fakten, auf denen ihre Meinung fußt, sollten stimmen.
Hier sind Politik und Behörden gefragt. Wenn das Landratsamt nur ein halbherziges Infoblatt an die Einrichtungen schickt, wundert es wenig, wenn bei den Mitarbeitern am Ende Fake-News und Filterblasen die Oberhand gewinnen. Wenn Mitarbeiter von Pflegeeinrichtungen die Impfung verweigern, weil sie Angst davor haben, von Bill Gates gechippt zu werden oder anderen Verschwörungstheorien der Querdenken-Bewegung anhängen, läuft hier etwas gewaltig schief.
Die Einführung einer Impflicht wäre da nur Wasser auf den Schwurbel-Mühlen. Insofern ist es richtig, wenn die Politik und Einrichtungen sich von einem Zwang zur Spritze distanzieren.
Weitere Artikel aus diesem Ressort finden Sie unter Cham.
Kommentar Die Angst vor der ersten Spritze
Ein Kommentar von Michael Gruber