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Die super-giftige Eibe stirbt aus

Der Bogenbaum gilt als Todesbaum. Dabei brauchte ihn schon Robin Hood und sein Fruchtfleisch ist reich an Vitamin C.

14.05.2019 | Stand 16.09.2023, 5:33 Uhr

Charakteristisch für die Eibe sind die dunkelgrünen, zugespitzten, aber nicht stechenden Nadeln und die roten Früchte. Foto: Schoplocher

Dr. Arthur Bauer muss überlegen. Im Kötztinger Stadtpark, ja, aber dann? „Ich wüsste im Wald nichts mehr.“ Wenn der Forstdirektor schon passen muss, kann es mit der Eibe zwangsläufig nicht weit her sein. Dabei wäre es durchaus angebracht, der Baumart, die waldbaulich keine Rolle mehr spielt, Bewunderung entgegenzubringen.

So hat sie verschiedene Überlebensstrategien entwickelt, damit sie mit Buchen, Fichten und Tannen konkurrieren kann: Sie verträgt von allen unseren Arten am meisten Schatten und kommt selbst dann noch mit wenig Licht klar, wo andere längst die Flügel, besser Blätter, streichen. Zudem kann sie aus gefällten oder abgebrochenen Stämmen neu austreiben.

Fast gäbe es die Eibe nicht mehr

Dass sie dennoch auf der roten Liste der bedrohten Arten steht, hat zwei Gründe: Ihre enorme Giftigkeit – als so ziemlich einzige Baumart ist fast alles an ihr giftig – und die Beschaffenheit ihres Holzes. Dieses hat eine derart hohe Spannkraft, dass es sich zum Nonplusultra für Bogen- und Armbrustbau (sowie für Lauten-Instrumente) entwickelt hat. Die entsprechende extreme Übernutzung führte bereits im Mittelalter zu einer beinahen Ausrottung.

Fuhrleute und Pferdebesitzer taten ein übriges, um die Eibe entlang der Wege aus Selbigen zu schaffen. Bereits kleine Mengen sind für die Tiere tödlich. Auch beim Menschen werden Herzversagen und Atemlähmung nach dem Verzehr herbeigeführt. Ganz anders Rehe und Rotwild: Ihnen kann das giftige Taxin nichts anhaben. Rehe lieben die Eibe, „ohne Zaun geht da nichts“.

Ungiftig – mit ein wenig Mut auch im Selbstversuch getestet – ist einzig das Fruchtfleisch namens Arillus der leuchtend roten Beeren, das ist sogar reich an Vitamin C und drängt sich für Marmelade und Co. auf. Aber Vorsicht: Die Samen in den Früchten sind auch schon wieder giftig. Vielleicht wegen ihrer düsteren, dunklen Ausstrahlung sind Eiben auf Friedhöfen weit verbreitet, schon in der Antike wurden sie als Bäume der Unterwelt beschrieben, unter denen man am besten auch sein Haupt nicht betten sollte. Vielleicht auch, weil der Laie mit der Unterscheidung „männlicher oder weiblicher Baum“ (wirklich wahr, gibt es beides) keine Chance hat. Es sei denn, er will anfangen, kleine Pollen zu suchen und Farb-Memory spielen.

Die Eibe braucht Zeit

Bleibt für den „Baum des Todes“ im Grunde nur eine ganz besondere Rolle: Er ist etwas für Liebhaber. Weil er zu unserer heimischen Baumartenausstattung gehört, sollten Waldbesitzer ihn ruhig auch pflanzen, „aus ökologischer Sicht“. Außer auf Nassböden kann die Eibe überall gut wachsen, wenn auch nicht sonderlich schnell.

Letztlich hat Dr. Bauer sogar noch einen Ausflugstipp parat: Der Paterzeller Eibenwald südwestlich von München ist nicht nur eines der ältesten Naturdenkmäler/Schutzgebiete Deutschlands (seit 1913), sondern mit 90 Hektar der größte Eibenwald der Republik. Rund 2000, teils sehr alte Bäume (Eiben können 1000 Jahre alt werden) vermitteln Urwald-Charakter und zaubern eine mystische Stimmung. Vielleicht auch wieder was für Mutige.

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