Furth im Wald
Gute Unterhaltung gegen das Vergessen

09.06.2022 | Stand 15.09.2023, 4:47 Uhr
Roman Hiendlmaier
Mit Kind, Kegel und Maskottchen: Die Tanzgruppe unter Edeltraud Sander (v.M.) ist das Aushängeschild des Sozialverbands in Furth im Wald. −Foto: Sander

Es sind nur ein paar getanzte und gesungene Schlager, die die AWO-Damen nun wieder in den Heimen vortragen - manche Zuhörer rührt die Dankbarkeit dafür aber zu Tränen.

„Bittschen hörts auf,“ stöhnte der Mann in der ersten Reihe mit gefalteten Händen, als die AWO-Damen vor ihm ihr Programm abzogen.

Edeltraud Sander muss heute noch Tränen lachen, wenn sie an den Bewohner eines Pflegeheims denkt, dessen Geschmack die Schlager und Evergreens nicht getroffen haben, die die Gruppe unter ihrer Leitung vorgetragen hatte.

„Wir können‘s nicht allen Recht machen,“ lacht die Vorsitzende der Further Ortsverein der Arbeiterwohlfahrt, besser bekannt als AWO. Edeltraud Sander wird aber gleich wieder ernst: „Die Allermeisten sind aber heilfroh, wenn wir zu ihnen kommen. Und das gilt auch für die Heime selbst.“

Als Außenstehender mag man es bagatellisieren, wenn wöchentlich rund ein Dutzend Frauen „Ü65“ Pflegeeinrichtungen abklappern, um dort für musikalische Farbtupfer zu sorgen, wo aus bekannten Gründen oft nur grauer Pflegealltag herrscht.

Dass ihnen das auch gelingt, das bekommt das Team Sander aus nächster Nähe mit: „Wenn dann mal jemand Tränen in den Augen hat, weil ihn ein Lied von uns an einen besonderen Moment seiner Jugend erinnert, stellt‘s einem die Haare auf, so bewegend ist das.“

Was die AWO motiviert

Diese Emotion ist dann auch die Motivation für die AWO-Damen nach der Pandemie wieder weiterzumachen. Wöchentlich wird trainiert, wöchentlich wird aufgetreten, lautet ihr Rhythmus.

Und das gleich aus doppeltem Grund: Zum einen, um dem Publikum etwas bieten zu können, andrerseits natürlich auch, um selber in Schuss zu bleiben: „Tanzen und Singen hält fit“ – nicht nur körperlich, sondern auch geistig, lautet ihr Motto. Und so ist das wöchentliche „Training“ im BRK-Pflegezentrum auch für die Mitglieder willkommener Treffpunkt für einen Ratsch und Unterhaltung.

Dieser kleine Ausschnitt aus dem AWO-Programm spiegelt dabei auch das Gesamtbild des Sozialverbandes in Furth im Wald wieder. 66 Mitglieder hat der Ortsverband aktuell, sagt Edeltraud Sander und für die sei soziale Betreuung ebenfalls wichtig. „Mal anrufen, oder kurz vorbeikommen, zuhören und ein bisserl Spaß haben - darüber sind die allermeisten sehr froh.“

Zentrale Anlaufstelle für Mitglieder sind die Monatstreffen im Café Mühlberger in Furth, wo durch Gesang und Vorträge auch Unterhaltung im Vordergrund steht. Die AWO hilft aber auch Kindern und Bedürftigen und gehört so fest zum sozialen Antlitze der Stadt Furth ikm Wald. Durch Corona sind viele Momente der Geselligkeit wie die Adventsfeiern oder die Faschingsnachmittage ausgefallen. Das gelte auch für die grenzüberschreitenden Seniorentreffen, bei denen die AWO-Tanzdamen vor Corona auch immer dabei waren.

Durch die Pandemie ist aber auch Zeit vergangen - in einer Phase des Lebens, in der vielen diese Zeit nicht mehr unbegrenzt zur Verfügung steht. Das gilt auch für mich, sagt Edeltraud Sander. Bei der nächsten AWO-Versammlung stünden darum wieder Neuwahlen an. „Ich stell mich schon wieder zur Wahl, aber es ist an der Zeit an der Nachfolge zu arbeiten.“ Das gelte für den Ortsvorsitz, wo Sander auf die Unterstützung von jüngeren Mitgliedern wie Bärbel Traurig setzt. Das gilt aber auch für die Tanzgruppe, wo die eine oder andere Mittänzerin gern gesehen wäre. Kurz gesagt: „Es geht mir darum, dass sich auch in Zukunft jemand um die Älteren und Schwächeren kümmert, weil es wohl auch es immer mehr gibt“, sagt sie.

Mitmachen erwünscht

Die AWO kennen manche von den „Frühjahrssammlungen“, bei denen die Mitglieder auch häufig spendabel bedacht werden. Weniger bekannt ist dagegen, dass es auch Leute in Furth und Umgebung gibt, denen die AWO auch mit diesem Geld hilft, den nötigsten Bedarf zu decken, weil die eigene Rente oder andere Einkommen dafür nicht reichen. Wobei bei den AWO-Leuten nicht immer die Bedürftigkeit alleine zählt, auch der Zweck spielt eine Rolle: Zuletzt bekam der Further Stadtpfarrer 500 Euro Spende für die Sanierung der Stadtpfarrkirche.

Unterm Strich geht‘s der ehemaligen Flabeg-Betriebsratsvorsitzenden Sander aber nicht ums große Spendenverteilen, sondern darum, die Schwächeren ein wenig zu stärken, und wenn es nur die Auflockerung des Alltags durch eine Tanzvorführung ist.

Die AWO-Gründerin Marie Juchatz hat das so formuliert: „Das Wir ist immer stärker als das Ich.“ Das war 1919, hat aber auch 100 Jahre später nichts an Relevanz verloren.