Bildung
Gymnasiasten brüten über Abituraufgaben

Bildung Im Fach Deutsch stand die Interpretation eines Gedichts, eines Dramenauszugs und eines epischen Textes im Mittelpunkt

27.04.2022 | Stand 15.09.2023, 5:40 Uhr
In den letzten Minuten vor Prüfungsbeginn zeigte sich auf den Gesichtern der Prüflinge eine Bandbreite von Emotionen: Zuversicht, Anspannung, Nervosität und vielleicht auch ein wenig Freude, sich nun endlich beweisen zu können. −Foto: Verena Gust

Mit dem Deutsch-Abitur starteten am Mittwoch die Q12-Schüler des Benedikt-Stattler-Gymnasiums in die für sie bislang größten Prüfungen. Am Freitag folgt das dritte schriftliche Abiturprüfungsfach, und den Abschluss bildet am kommenden Dienstag Mathe. Nach einer Woche Pause absolvieren die Abiturienten in zwei frei wählbaren Fächern Kolloquien, also die mündlichen Prüfungen.

Im Prüfungsmodus befinden sich die Schüler schon länger, die letzte Klausurenrunde endete im zweiten Halbjahr erst in der Woche vor den Osterferien. Trotzdem stellt das Abitur eine Herausforderung dar. Allein die Atmosphäre, wenn alle Q12er in der Sporthalle an Einzeltischen das Okay zum Öffnen der Kladden, in denen das Prüfungsgeheft liegt, mit Spannung erwarten, ist unvergleichlich.

Drei klassische Varianten

Heuer fanden sie in Deutsch unter anderem drei klassische Aufgabenvarianten: die Interpretation eines Gedichts, eines Dramenauszugs und eines epischen Textes. In Georg Trakls Gedicht „Vorstadt im Föhn“ wird eine typisch expressionistische, bedrückende und abstoßende Stadtszenerie mithilfe überschwänglicher Bildlichkeit gezeichnet. Ganz im Gegensatz dazu gestaltet der Zeitgenosse Trakls, Hugo von Hofmannsthal, in seinem Gedicht „Siehst du die Stadt?“ diese vielmehr als mystisch-weibliche Verlockung mit romantischen Anklängen. Unter anderem mussten die Prüflinge diese Unterschiede erarbeiten. Als Dramenauszug wurde der Klassiker „Stella“ von Johann Wolfgang von Goethe präsentiert.

Darin begegneten den Schülern drei Frauenfiguren, deren Männer scheinbar grundlos verschwunden sind. Diesen von Goethe als durchaus herb inszenierten Verlust sollten die Abiturienten aufzeigen und mit dem einer anderen literarischen Figur vergleichen.

Der zu interpretierende Erzähltext „Sternenpflücker“ stammt vom Gegenwartsliteraten Christoph Ransmayr. Darin wird ein reales, kosmisches Großereignis mit einer fiktionalen Alltagssituation verwoben, sodass das Naturschauspiel im Vergleich zum menschlichen Mitgefühl verkümmert.

Zwei weitere Themen standen den Abiturienten zur Auswahl: So wurden sie im Aufgabenformat IV aufgefordert, mithilfe einer umfangreichen Materialsammlung einen die Nutzung des bayerischen Dialekts bejahenden Vortrag zu verfassen. Zukunftsweisendes begegnete den Prüflingen mit der Frage, ob die Produktion literarischer Texte durch Maschinen eine Bereicherung darstellen könnte.

Bereicherung oder Gefahr

Ausgehend von einem Feuilletonbeitrag der Schweizer Professorin Miriam Meckel sollte erörtert oder kommentiert werden, inwiefern künstliche Intelligenz eine Bereicherung respektive Gefahr für die Literatur darstellen könnte. Nach knapp sechs Stunden schlossen die Prüflinge die Kladden, in denen sich nun die vielen Seiten ihres Deutschabiturs befinden.

In den letzten Jahren ihrer Schullaufbahn haben sich die Prüflinge nicht nur Wissen und Kompetenzen angeeignet, sie mussten sich auch in Flexibilität beweisen, wenn sie zwischen Distanz-, Wechsel- und Präsenzunterricht switchten. Gerade für die jungen Menschen bedeutet Corona manch bittere Entbehrung.

Viele der Abiturienten können mit Stolz von sich behaupten, mit großer Motivation die Herausforderung „Oberstufe in der Corona-Krise“ gemeistert zu haben. Ein schöner Nebeneffekt des gezwungenermaßen eingeübten digitalen Unterrichts ist sicherlich auch, dass kurz vor den Prüfungen in den Osterferien noch so manche „Notfall-Videokonferenz“ mit den Fachlehrern abgehalten werden konnte und letzte Übungen zur Korrektur eingereicht wurden.