Justiz
Kalteck-Unfall: Unfall-Fahrer sagen aus

Die beiden angeklagten Fahrer schildern zum Auftakt des Prozesses um den tödlichen Unfall am Kalteck ihre Sicht der Tragödie.

14.10.2019 | Stand 16.09.2023, 5:24 Uhr
Roman Hiendlmaier

Die beiden Teilnehmer des illegalen Rennens, bei dem ein unbeteiligter Familienvater aus Neukirchen sein Leben verlor, müssen sich seit Montag vor dem Landgericht Deggendorf verantworten. Foto: Roman Hiendlmaier

Ein 28 Jahre alter Autofahrer und ein 54-jähriger Motorradfahrer müssen sich seit Montag vor der Ersten Strafkammer des Landgerichts Deggendorf verantworten. Sie sollen für den tödlichen Unfall bei Kalteck (Landkreis Regen) im Juli 2018 verantwortlich sein, bei dem ein Familienvater aus Neukirchen b. Hl. Blut ums Leben kam und dessen Sohn schwer verletzt wurde.

Laut Anklage sollen sich die Männer aus dem Landkreis Deggendorf zwischen Achslach und Bernried mit einem Audi TT und einem Suzuki-Motorradein illegales Rennen gelieferthaben. Der 28-Jährige war damals mit einem 400 PS-starken Audi TT RS gegen den 54-jährigen Biker angetreten, dessen 200 PS-starke Suzuki GSX R 1000 nach Angaben des Angeklagten knapp 300 Kilometer pro Stunde Höchstgeschwindigkeit erzielt.

Beim Bergabwärtsfahren in Richtung Deggendorf schleuderte der Audi mit hoher Geschwindigkeit in den Gegenverkehr. Dort kam ihm bergauf das damals 38-jährige Opfer in seinem Opel entgegen. Auf dem Beifahrersitz saß dessen zehnjähriger Sohn. Bei dem Zusammenstoß wurde der Familienvater sofort getötet, sein Sohn lebensgefährlich verletzt. Der Bub überlebte, hat aber nach Angaben seiner Mutter wohl ein Leben lang an den Folgen dieses Unfalls zu leiden.

Urteil wohl am 15. November

Zum Auftakt des Prozesses um den Unfalltod des Familienvaters aus Neukirchen b. Hl. Blut im Sommer vergangenen Jahres am Kalteck haben die beiden Angeklagten betont, für ihr Fehlverhalten Verantwortung übernehmen zu wollen und sich in der Verhandlung bei der Witwe und dem beim Unfall schwer verletzten Buben entschuldigt. Beide Angeklagten gaben an, seitdem in psychiatrischer Behandlung zu sein. Der Unfallfahrer überweist seitdem monatlich 500 Euro an die Familie des Opfers.

Unfallfahrer vertraute der Wagen-Technik

Vor Gericht schilderte zunächst der 28-Jährige, wie er sich wenige Wochen vor dem Unfalltag den 400-PS-Audi kaufte, in dem er alle Ersparnisse und 35 000 Euro auf Kredit anlegte. Bei einem Fest zeigte er dem nach eigener Einschätzung „erfahrenen und versierten Motorradfahrer“ seine Neuerwerbung und vereinbarte mit ihm den Vergleich in punkto Beschleunigung und Kurvenlage.

Nach mehreren WhatsApps-Nachrichten stand der Termin an diesem Samstagvorabend im Juli, bei dem die damalige Freundin und jetzige Ehefrau des Audifahrers auf dem Beifahrersitz mit dabei war. Mehrer Male fuhren die beiden laut Anklage die Strecke hin und her, mal fuhr die laut Audi „Rennsporttechnik für die Straße“ voran, dann wieder „die stärkste und schnellste GSX-R aller Zeiten“ (O-Ton Suzuki).

Nach ein paar brenzligen Situationen hie und da schon vor dem verhängnisvollen Moment hatten in einer langgezogenen Kurve die physikalischen Kräfte offenbar das Audi-Fahrwerks-System „Magnetic ride“ überfordert, dem der 28-Jährige nach seiner Aussage stark vertraut hatte.

Mit „mindestens 126 km/h“, so die Anklage, touchierte der Audi zunächst leicht einen Pkw und schleuderte anschließend in den über 40 Jahre alten Opel. Die Audi-Insassen überstanden den Unfall relativ unbeschadet, im Oldtimer starb der Neukirchener noch am Unfallort.

Ortstermin am Unfallort

Während der 28-Jährige sichtlich bewegt die Einlassung seines Rechtsanwalts mit einer persönlichen Entschuldigung abschloss, verlas der 54-Jährige eine mehrseitige Erklärung. Darin schilderte er seine Fahrweise als besonnen, auch an jenem Tag habe er nicht die Grenzen der Maschine ausgereizt. „Es war kein Rennen“, so der Vater zweier Kinder. Weder habe er den Audi angetrieben, noch abgehängt. Den Unfallhergang habe er nicht beobachtet, da er zu diesem Zeitpunkt zu weit hinter dem Audi fuhr.

Daher könne von einem unerlaubten Entfernen nicht die Rede sein, wie ihm vorgeworfen wird. Vielmehr habe er bei der Bergung des Unfall-Opels geholfen, bevor er seine Frau gebeten habe, ihn abzuholen. Der Prozess wurde am Nachmittag mit einem Ortstermin an der Unfallstelle fortgesetzt.