Die Ladenglocke bimmelt, eine ältere Dame kommt in den kleinen Edeka-Laden von Franziska Lecker in Untertraubenbach. „Was ist denn da los?“, wundert sich die Kundin über den Besuch von der Zeitung. „Weil’s mi einaglegt ham“, erklärt die Kramerin. Vor Kurzem hat der Telefonschreck von BR 1, der Vogel Rudi, bei der 74-Jährigen angerufen –und sie sauber aufs Korn genommen.
Der Anrufer gab sich als Mitarbeiter der Europäischen Handelsaufsichtsbehörde aus und monierte, dass die Untertraubenbacherin abgelaufenes Tomatenmark in ihren Regalen habe. Denn die Mark sei ja bereits 2002 abgeschafft worden, ihre Oro-di-Parma-Tuben seien somit falsch etikettiert. Noch heute schüttelt die Kauffrau bei der Erinnerung den Kopf. „Dass ich da nicht gleich gemerkt habe, was los ist...“
Franziska Lecker befindet sich aber in ganz guter Gesellschaft. Wir haben beim Vogel Rudi nachgefragt, und erfahren, dass es nur selten jemanden gebe, der sofort merkt, dass er hereingelegt werden soll. Immerhin stecke hinter jedem gesendeten Streich ein ganzes Stück akribische Vorbereitung. Und so hat er schon Studierte und weniger Gescheite, Ältere und Jüngere –und auch schon Promis kalt erwischt. „Markus Söder beispielsweise, oder Joschka Fischer“, fallen dem Autor und Spaßtelefonisten spontan ein.
Die Idee kam aus Franken
Julia, Yannick und Marko hat die Traubenbacher Krämerin also den Anruf zu verdanken, und der Tatsache, dass der Vogel Rudi im echten Leben mal in Regensburg studiert und bei einem Regensburger Radio gearbeitet hat und in dieser Zeit viel im Bayerischen Wald herumgekommen ist. „Ich wusste, ich kann da jetzt nicht bei einem großen Supermarkt anrufen, die haben ja keine Zeit und würgen mich bestimmt gleich ab. Und so habe ich überlegt, wo es einen geeigneten kleinen Kramerladen geben könnte.“
Auch Franziska Lecker kann inzwischen mit einem verschmitzten Grinsen an das Telefonat zurückdenken. Zunächst war es ihr nämlich so peinlich, dass sie es niemandem erzählt hatte. Dann haben sie aber etliche Kunden angesprochen, und inzwischen ist der Schabernack ja auch schon eine ganze Weile her. Außerdem ist der Kramerin eingefallen, dass in der Region schon einmal jemand ganz schön deftig hereingelegt wurde, der frühere Klärwärter nämlich, der Andreas Heigl. „Da hat einer angerufen und erzählt, sein Gebiss wär’ in die Grube gefallen“, kann sich die 74-Jährige erinnern.
Man setze die Leute außerdem ja auch unter Druck, „viele sagen hinterher, sie waren schon misstrauisch, haben aber dann doch trotzdem noch weiter mitgemacht, weil sie unsicher waren.“ Das habe weder mit dem Alter noch mit Intelligenz zu tun, der erfahrene Streichspieler weiß eben, wie er seine Trümpfe auszuspielen hat. Im Fall von Franziska Lecker hatte der Vogel Rudi sogar ein paar Zeilen hochoffiziellen Text vorbereitet, den er der ungläubigen Kramerin vorlas, um sein Ansinnen zu untermauern. Am Ende wusste sich die Untertraubenbacherin kaum mehr anders zu helfen, als ihm in groben Zügen zuzustimmen.
Achtung vorm Vogel Rudi
Ganz zum Schluss aber klärte der Vogel Rudi sein Opfer natürlich darüber auf, dass es einem Scherz aufgesessen war. „Sie hören kein Radio, gell? Sonst würden’S den Rudi Vogel kennen.“ Da erst ging der Franziska Lecker ein Licht auf: „Mei, jetzt haben’s mich aber blufft.“ Ist der Scherz bei den Hörern gut angekommen? „Ich glaube, dass man das daran festmachen kann, dass nach einem besonders beliebten Scherz auf einmal ganz viele neue Wünsche bei uns eingehen. Und demzufolge hat der Telefonspaß mit dem Tomatenmark vielen Hörern gefallen.“
Achtung: Wie der Scherztelefonierer unserem Medienhaus exklusiv verraten hat, mag er die Ecke um Regensburg und den Bayerischen Wald schon besonders gern. Also, wenn demnächst bei Ihnen jemand anruft mit einem etwas seltsam anmutenden Ansinnen, dann denken Sie doch an den Vogel Rudi...
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Der casus knaxus beim Telefonscherz: Tomaten-Mark. Foto: tf
Vogel Rudi: Der Scherzanrufer von Bayern 1 legt seit gut zwei Jahren ahnungslose Mitbürger herein. Das „Spaßtelefon“ gibt es jeden Dienstag kurz vor 7 und um 9.45 Uhr . (Foto: BR)
Seit 1964 steht Franziska Lecker hinter ihrer Theke im „nah und gut“ an der Hauptstraße. Wer den Telefonscherz nachhören will, wird auf der Homepage von BR1 fündig. (Foto: tf)