Leserbrief Landwirt: Grenzschließung sofort beenden
Ein Leser ärgert sich über das Holterdiepolter der Politik. Es stellt seinen Bauernhof an der Grenze vor riesen Probleme.

Cham.
Zum Kommentar von Johannes Schiedermeier in der Dienstagsausgabe vom 16. Februar hat uns ein von der Grenzschließung Betroffener
folgenden Leserbrief geschickt:
„Sehr geehrter Herr Schiedermeier, Ihrem Kommentar zum Umgang mit den tschechischen
Pendlern kann ich voll und ganz zustimmen. Wir bewirtschaften direkt an der Grenze
einen landwirtschaftlichen Betrieb. Bis zur Grenzöffnung 1990 war bei uns nach Osten
nur der Eiserne Vorhang. Leben, Arbeiten, Sich-Bewegen ging nur Richtung Westen. Seit
der Grenzöffnung haben wir mit Tschechien, Land und Leuten, sehr guten Kontakt. Für
uns hat sich eine neue Welt aufgetan. Wir haben unseren Betrieb auch nach Tschechien
ausgeweitet. Mittlerweile beschäftigen wir auch einige tschechische Arbeitnehmer.
Als im Frühjahr 2020 durch die tschechische Seite die Grenze geschlossen wurde, ist
für mich zunächst eine Welt zusammengebrochen. Mit einigen Anlaufschwierigkeiten gab
es dann tragbare Sonderregelungen, sowohl für uns, als auch für unsere Mitarbeiter.
Ich dachte, dass dies tschechische Chaospolitik ist, die erst nachgebessert werden
muss.
Was jetzt die deutsche Politik mit der Grenzschließung vollzieht, ist unbeschreiblich. Von einer Stunde auf die andere sollen die tschechischen Mitarbeiter nach Deutschland ziehen, ihre Familien verlassen, weil sie sonst nicht mehr einreisen dürfen, oder um ihren Arbeitsplatz bangen müssen. Dabei lassen sie sowieso schon seit drei Wochen alle 48 Stunden diesen sehr unangenehmen Corona-Schnelltest über sich ergehen. Das ist menschenverachtend und vergleichbar mit Sklavenhaltung.
Die gute Nachbarschaft von Tschechen und Deutschen an der Grenze interessiert diese Herren nicht. Was sich Seehofer und Söder da ausgedacht haben, sind Machtspielchen gegen die tschechische Regierung, ohne zu wissen was in der Praxis bereits abläuft (Schnelltests usw.) Die kurzfristige Installation der Testzentren hat auch viel Geld gekostet, aber Geld spielt in unserer Regierung keine Rolle mehr. Die macht Lockdown, koste es, was es wolle. Der einzige Lichtblick in der verfahrenen Situation ist unser Landrat, der auf kurzem Weg noch versucht, zu regeln, was möglich ist – und die Bundespolizei, die kurzfristig eigene Entscheidungen trifft, die praxistauglich sind.
Für mich ist das Szenario bald nicht mehr tragbar, und die Nervenbelastung was den Herren morgen schon wieder einfällt, ist kaum noch auszuhalten. Ich denke, unsere Regierenden haben nicht begriffen, dass unsere Wirtschaft im Europäischen Geist nur grenzüberschreitend gut funktioniert, vor allem bei uns im Grenzland. Beenden Sie diese Grenzschließung sofort.“
Hans Graßl, Waldmünchen
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