Bad Kötzting
Lebendige Geschichte im Gymnasium

Clemens Pongrat hat einen Vortrag über die jüdischen Familien Kirschner und Hahn gehalten, die vertrieben worden sind.

08.05.2022 | Stand 15.09.2023, 5:21 Uhr
Verena Gust
Clemens Pongratz, der Leiter des Bad Kötztinger Stadtarchivs, gab den BSG-Schülern Einblick in einen schrecklichen Teil der Bad Kötztinger Geschichte. −Foto: Verena Gust

Clemens Pongratz, der Leiter des Bad Kötztinger Stadtarchivs, hat vor den 9. Klassen des BSG einen Vortrag über die jüdischen Familien Kirschner und Hahn gehalten, die in der Nazizeit aus Bad Kötzting vertrieben worden sind. Die Erkenntnis: Faschismus hat vielfältige Dimensionen – auch heutzutage.

Spätestens seit Februar weiß man: Putins Russland ist, obwohl es aufgrund seiner Geschichte antifaschistisch geprägt ist, offensichtlich ein faschistischer Staat, der nach innen wie nach außen alles unterdrückt, was nicht in sein Weltbild passt. Aber auch in Deutschland nehmen Denkweisen zu, die Werte wie Menschenrechte und Demokratie nicht mehr zu schätzen wissen oder in einer paradoxen Weise so missverstehen, dass intolerante und aggressive Handlungen entstehen.

Nur durch wiederholtes Erinnern kann dauerhaft erkannt werden, wie wertvoll die Demokratie trotz ihrer Schwächen ist. Einfache Erkenntnisse gibt es in pluralistischen Gesellschaften selten. Deswegen sollte man im Geschichtsunterricht lernen, durch gezieltes Hinsehen und differenziertes Überlegen, den Wahrheiten vielleicht ein wenig näher zu kommen. Das war der Grund für das Benedikt-Stattler-Gymnasium Stadtarchivar Clemens Pongratz einzuladen, der dafür in ganz speziellen Unterlagen gestöbert hatte.

Er beichtete, wie es damals war, als auch hier bei uns jüdische Familien von den Nationalsozialisten diskriminiert, verfolgt, ins Exil und in den Tod getrieben wurden. Die unfassbare Menge an menschlichen Tragödien und Traumata, die der Holocaust zur Folge hatte, wurde in dem Vortrag angesichts der Schicksale der Kötztinger Familien Kirschner und Hahn am Einzelfall spürbar. Die Erinnerung an die schrecklichen Geschehnisse mitten in einem vermeintlich zivilisierten Land ist durch ihre regelmäßige Wiederholung hier und da schon ausgeleiert oder verdünnt. Ein Vortrag, der sich mit den lokalen Begebenheiten beschäftigt, kann uns aber wieder deutlich machen, dass die Ereignisse auch an Orten passiert sind, die wir selbst kennen … hier bei uns!

Wahrheit ist schwer, tut weh und viele haben ihre eigene. Damals wie heute. Sich gegen Intoleranz und irrsinnige Weltbilder zu wehren mit den richtigen Mitteln, wird immer mehr zur Notwendigkeit.

Wer einen vertieften Einblick in die Diskriminierung jüdischer Familien in Bad Kötzting und insgesamt in unsere Heimatgeschichte erhalten will, dem sei der äußerst lesenswerte und informative Blog „Kötztinger Geschichte(n)“ des Stadtarchivars Clemens Pongratz empfohlen.

(Verena Gust, BSG)