Präventionsregion Bad Kötzting
Löst Hochschule Problem des Älterwerdens?

30.06.2022 | Stand 15.09.2023, 4:33 Uhr
Bürger stellten viele Fragen an Prof. Horst Kunhardt (3.v.l) und sein Team rund um das Thema Wohnen im Alter, das auch Bad Kötztings Bürgermeister Markus Hofmann (2.v.r.) interessierte. −Foto: Fotos: S. Weber

Ein sonniger Markttag kündigt sich an vor der Kirche St. Veit im Zentrum der Stadt. Neben Fisch- und Gemüsestand hat sich Prof. Horst Kunhardt auf einer Bank niedergelassen und wartet auf Fragen der Bürger. Denn der Vizepräsident Gesundheitswissenschaften an der Technischen Hochschule hat Antworten mit im Gepäck, und zwar zu einer Frage, die offensichtlich sehr viele Bürger der Stadt beschäftigt.Wie können Menschen, die immer älter werden, ihren Lebensabend nicht im Pflegeheim, sondern in den eigenen vier Wänden verbringen?

Warten muss der Professor im blauen Jackett nicht, bis die ersten Menschen zu seiner „Wissenschafts-Bank“ für diesen Tag kommen. Die ersten Fragen drehen sich um Angehörige, die in Häusern mit hohen Türschwellen, engen Treppen und Türen leben. Wie kann man da weiter wohnen, wenn man nicht mehr gut gehen oder sehen kann?

Bau und Technik gemeinsam

„Das kommt immer auf die individuelle Einschätzung an“, lautet die wenig konkrete Antwort des Professors aus Deggendorf. Der Grund dafür ist eigentlich ganz einfach: DeinHaus 4.0, so heißt das Forschungsprojekt, das er vorstellen will, beschäftigt sich nämlich weniger mit baulichen, sondern mit der technischen Umsetzung. Das Projekt setze da an, wo bei der Betreuung „an sich fitter Senioren“ durch das das Berufsleben der Angehörigen aufhört. Wo das Wort Digitalisierung vielen Menschen als Unwort gilt, sehe die Technische Hochschule viele gute Möglichkeiten, den Wunsch vom Wohnen im eigenen Zuhause zu erfüllen.

Seit November vergangenen Jahres gebe es 75 Musterhaushalte in Niederbayern, die mit 15 Sensoren ausgestattet worden seien. Über die, und über eine Uhr am Handgelenk der Senioren, sei es möglich, viele verschiedene und wichtige Daten über einen Angehörigen in Echtzeit zu sammeln und auszuwerten. Puls, Blutdruck, Schlafqualität oder auch, ob jemand gestürzt ist – das alles sei jetzt schon vom privaten Handy aus registrierbar, sagt Horst Kunhardt. Außerdem seien diese und viele weitere Daten nicht nur aktuell, sondern auch rückwirkend auswertbar – so könnte etwa ein Mitarbeiter eines Pflegedienstes auch überprüfen, wie es einem Senior gehe, selbst wenn er dement sei. Für Angehörige biete das System der THD einen einfacheren und schnellen Überblick: „Zeigt die App auf dem Handy ,Grün‘, geht es dem Opa gut“, sagt Horst Kunhardt.

Noch bis Oktober werde die Studie laufen. die viele Möglichkeiten biete, aber natürlich auch noch Fragen aufwerfe. So würden im Moment technische Investitionen in der Altenpflege nur sehr wenig gefördert; Einmalig würde die technische Ausstattung eines Haushaltes aber rund 1500 Euro kosten. Um hier eine Kostenübernahme zu erreichen, arbeite die Hochschule mit der AOK zusammen.

Wer verwaltet die Daten?

Bürgermeister Markus Hofmann kennt Prof. Kunhardt sehr gut, schließlich arbeitet die Stadt mit dem Mediziner schon seit vielen Jahren beim Gesundheitscampus zusammen. Er spricht auch ein großes Problem an, das die Studie jetzt schon aufgeworfen hat: Wer kümmert sich um die Daten und deren Auswertung?

Eine nicht ganz einfache Frage, wie Kunhardt zugeben muss, denn die Pflegedienste könnte es wohl nicht leisten. „Vielleicht“, schätzt er, „können die Kommunen das selbst mit ehrenamtlichen Helfern leisten. Ein Problem, das natürlich erst am Ende der Studie stehen wird, die jetzt erst einmal die technischen Grundalgen liefern soll – aber ein Problem, das sich natürlich trotzdem stellen wird, auch wenn Angehörige technisch bedingt nicht mehr täglich bei einem Angehörigen vorbeischauen müssten.

Das Projekt

Hintergrund:DeinHaus 4.0 ist ein Forschungsprojekt der Technischen Hochschule Deggendorf und wird gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege.

Ansatz:Das Projekt erforscht technisch-digital gestützte Lösungen, die im Wohnumfeld unterstützen.

Es soll dazu beitragen, Berührungsängste und Vorbehalte vor neuen Techniken abzubauen und die Akzeptanz für digitale Assistenzen in der Bevölkerung zu verbessern. Ob bei Pflegebedürftigkeit, Krankheit oder der Prävention.

− Quelle: TH Deggendorf