Beruf
Medizin nahe am Menschen

Vier Studierende lernten in Hohenwarth die Arbeit in einer Landarzt-Praxis kennen und sammelten vielerlei Erfahrungen.

18.03.2021 | Stand 16.09.2023, 3:50 Uhr
Regina Pfeffer
Die Hausarztfamulatur in der überörtlichen Gemeinschaftspraxis Hohenwarth/Lam ermöglichte den angehenden Ärzten, viele neue Erfahrungen zu sammeln: Dr. Marc Oberkötter, Rosa Eckert, Ronja Kuchler, Carina Odenwald, Casey Huber und Dr. Felix Sperl (v. li.). −Foto: Regina Pfeffer

Die überörtliche Gemeinschaftspraxis Hohenwarth/Lam stellt sich immer wieder bereit, angehenden Medizinern Einblick in den Hausarzt-Alltag zu gewähren. Derzeit haben Dr. Marc Oberkötter und Dr. Felix Sperl vier Studierende unter ihre Fittiche genommen.

Über das Projekt der „LandArztMacher“ – ins Leben gerufen von Dr. Wolfgang Blank, Hausarzt in Kirchberg im Wald, mit dem Ziel, hausärztlichen Nachwuchs zu gewinnen – ist Rosa Eckert zur Praxis gekommen. Sie studiert im 7. Semester an der Berliner Charité. Bisherige Famulaturen führten sie in die Gynäkologie und HNO. Somit ist die Hausarztfamulatur ihr drittes Praktikum.

In der Hohenwarther Praxis konnte sie schon alleine Patienten untersuchen, Fäden ziehen, EKG durchführen. Leichte Schwierigkeiten taten sich bei der Sprache auf. „Manchmal musste ich doppelt nachfragen, ich verstand manche Redewendungen nicht, aber es wird immer besser“, so die 22-Jährige schmunzelnd.

Gegenüber der Großstadt, wo man dazu neige, Patienten schneller zu einem Spezialisten zu schicken, würden hier die Patienten aller Altersgruppen mit mehr persönlicher Beziehung behandelt. Die Menschen hier seien ihr durchwegs offen begegnet. „Ich habe viel gelernt und bin vom ganzen Praxisteam bestens aufgenommen worden“, so Eckert. Die Praktika möchte sie nutzen, um sich über ihre künftige Fachrichtung klar zu werden.

Aus der Nähe von Berlin kommt ihre Kollegin Carina Odenwald, im 7. Semester an der RWTH Aachen. Zwei Praktika absolvierte sie in Kliniken. Ihr Vorbild waren ihr Hausarzt und Kinderarzt, die sich „wirklich noch Zeit genommen haben für den Patienten“. Das möchte sie weiterführen, deshalb könnte sie sich eine Hausarzt-Praxis vorstellen. „Den Patienten über einen langen Zeitraum zu begleiten, das ist das Schöne daran“, so Odenwald.

Kritische Gedanken

Sie kann sich vorstellen, in den Süden der Republik zu ziehen. Bewusst ist ihr die Distanz zu den Krankenhäusern oder das Fehlen von Fachärzten am Ort. „Mir ist aufgefallen, dass eine Patientin nicht zur gynäkologischen Vorsorge geht, da es keinen Gynäkologen am Ort gibt und sie nicht so mobil ist. Das sind schon Nachteile“, überlegte die 22-Jährige kritisch.

Dr. Sperl habe sie eingearbeitet. Soweit es in der Freizeit coronabedingt möglich ist, frönten die beiden Jungmedizinerinnen beim Programm „Exzellenter Winter 2021“ dem Wintersport beim Wandern am Arber oder beim Langlaufen. „Trotz Corona klappt alles supergut. Wir machen jeden Morgen den Schnelltest oder PCR-Test“, lobten sie die Organisation des Landarztmacher-Programms.

Nur einen Katzensprung entfernt, in Hundzell, ist die Heimat von Ronja Kuchler (21). Für die Hohenwartherin, die an der Friedrich-Schiller-Uni in Jena/Thüringen im 6. Semester Medizin studiert, ist es die erste Famulatur. In ihrer Freizeit geht sie auf Reisen und beschäftigt sich mit Pferden. An der Hausarzttätigkeit schätzt sie die Nähe zum Patienten. Als Neuling stellen sie besonders Kindernotfälle vor eine besondere Situation: „Hier muss man noch mehr mitfühlen, weil die Kleinen weinen und noch nicht verstehen, was da so alles passiert bei der Behandlung.“ Ihre Dissertation befasst sich mit den Auswirkungen von Corona auf die Gastroenterologie.

Während seine drei Kolleginnen noch mehrere Wochen Praxiszeit vor sich haben, ist der aus Neukirchen b. Hl. Blut stammende Casey Huber schon am Ende seiner vierten und letzten Famulatur. Der 22-Jährige steht am Ende des 9. Semesters an der Uni Regensburg. Sein beruflicher Weg wird ihn wohl in die Dermatologie führen. Fast fertig ist seine Doktorarbeit zum Thema „Immuntherapie beim malignen Melanom“. Sein Ziel ist eine eigene Praxis im Bayerischen Wald.

Innige Beziehung zum Patienten

Die vier Jungmediziner lernten die Tätigkeit eines niedergelassenen Arztes kennen, erlebten das soziale Umfeld der Patienten, übten Anamnesegespräche und wurden zu Hausbesuchen mitgenommen. Beeindruckt zeigten sie sich von der innigen Arzt-Patienten-Beziehung. Nicht selten bringen Patienten Blumen und Kuchen mit.

Doch ein Allgemeinmediziner ist nicht nur Arzt, er muss sich auch mit Krankenkassen, Wirtschaftlichkeitsprüfungen, Regresszahlungen und Abrechnungsziffern befassen. „Eine lehrreiche und prägende Erfahrung, was so alles hinter den Praxistüren auf sie wartet“, meinte Dr. Marc Oberkötter.

Ihm und seinen Kollegen ist bewusst, dass die Studierenden noch nicht alles wissen können. In der Famulatur gehe es nicht ums Auswendiglernen, sondern darum, ein Gespür für Themen und Tätigkeiten zu bekommen. Von einer Famulatur profitieren auch die Praxisinhaber; sie eigne sich dazu, das eigene Handeln zu reflektieren und sich die Abläufe in der Praxis bewusst zu machen. Durch Lehren lernen: Deshalb wird die Praxis auch weiterhin Famulatur-Stelle für künftige Mediziner sein. (krp)