Neue Beratungsstelle
Mehr Schutz in Cham für Frauen und Kinder, die Gewalt erfahren

23.11.2022 | Stand 15.09.2023, 2:46 Uhr
Vertreter von Diakonie, Caritas, Landkreis und der Kreistagsfraktionen trafen sich am Mittwochnachmittag zur Pressekonferenz. −Foto: Ellen Schneider

Am Freitag, 25. November, ist der internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. Passend dazu haben Landkreis, Diakonie und Caritas ein neues Projekt vorgestellt: Ab dem 1. Dezember soll es eine neue Beratungsstelle in Cham und ein Schutzhaus für Opfer von Gewalt geben.

124 Fälle von häuslicher Gewalt meldete das Polizeipräsidium Oberpfalz 2021 im Landkreis Cham. Bei dem Caritas-Frauen-Notruf gingen im vergangenen Jahr 34 Anrufe ein. Zahlen, die den Landkreis, die Diakonie und die Caritas zum gemeinsamen Handeln bewegten.

„Durch Wegschauen kann man dieses Problem nicht lösen. Deshalb muss man ganz besonders hinschauen“, sagt Landrat Franz Löffler bei der Pressekonferenz am Mittwochnachmittag zum Start der neuen Beratungsstelle. Die ambulante Fachberatung soll ab dem 1. Dezember Anlaufstelle für Frauen, Kinder und Jugendliche sein, die von physischer, psychischer oder sexualisierter Gewalt betroffen sind. „Ich bin sehr überzeugt, dass wir mit dieser Einrichtung einen Schritt in die richtige Richtung machen werden“, betont Löffler.

Die Beratungsstelle soll das bereits bestehende Angebot ergänzen. Immerhin gibt es seit 30 Jahren den Caritas-Frauen-Notruf, an den sich Betroffene telefonisch wenden können. Auch die Mitfinanzierung von Frauenhäusern in Regensburg soll weiter laufen.

Da diese jedoch für Betroffene aus dem Landkreis Cham oft schwer erreichbar sind, soll eine Schutzwohnung im Landkreis Abhilfe schaffen. Wo sich diese befindet und wie viel Platz diese bietet, will der Landrat zum Schutz der möglichen künftigen Bewohnerinnen nicht verraten. Bei der Zielvereinbarung im vergangenen Jahr war jedoch von zwei geplanten Schutzwohnungen die Rede.

Lange Suche nach Personal

Der Start des Projekts war eigentlich noch im Jahr 2021 geplant. Was diesen verzögert hat, kann Löffler mit nur einem Wort beantworten: „Personalakquise.“ Monatelang habe man nach geeigneten Fachkräften gesucht, welche die angepeilten 80 Stunden pro Woche besetzen können. Fündig geworden sind die Organisatoren erst vor zwei Wochen, verraten Dekanin Ulrike Dittmar und die Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes Cham-Regen, Johanna Gruber.

Ab Dezember soll das Team aus einer Präventionsfachkraft, die auf Honorarbasis Kurse in Schulen und weitere Aufklärungsarbeit anbietet, sowie zwei Sozialpädagoginnen, die in der ambulanten Fachberatungsstelle vor Ort sein werden, bestehen. Diese haben spezielle Weiterbildungen im Bereich Traumatherapie. Ab März wird eine dritte Fachkraft das Team vor Ort ergänzen.

Die Fachberatungsstelle Ludwigstraße 27 soll sowohl telefonisch als auch persönlich beraten. Sie kann auch Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche sein, deren Mütter von häuslicher Gewalt betroffen sind. Auch Bezugspersonen des Opfers können sich hilfesuchend an die Fachberatungsstelle wenden. Vermittelt werden bei der Beratung dann Kontakte zu Selbsthilfegruppen, Polizei oder anderen Hilfesystemen. Im Einzelfall könne auch Zeugenbegleitung angeboten werden, sagt Löffler. Zu Beginn stehe allerdings die Aufbau- und Netzwerkarbeit im Vordergrund.

Das umfangreiche Angebot hat seinen Preis. Insgesamt sollen Personalkosten von 152000 Euro pro Jahr anfallen. Davon trägt 76000 Euro (50 Prozent) der Freistaat Bayern, 60800 Euro (40 Prozent) entfallen auf den Landkreis Cham und 15200 Euro (zehn Prozent) übernimmt die Diakonie. Hinzu kommen 32000 Euro für Umbau und Einrichtung von Büro und Schutzwohnung. Insgesamt will sich der Landkreis jährlich mit 90000 Euro an dem Projekt beteiligen.

Traurig, aber wichtig

„Es ist traurig, dass wir das Angebot brauchen“, sagt Markus Hofmann, Fraktionssprecher der Freien Wähler. Dennoch sei es wichtig. Dem pflichten auch CSU, SPD, und die Grünen bei. Wolfgang Kerscher, Fraktionssprecher der SPD, verwies auf seine langjährige Erfahrung als Richter: Es sei oft schwierig für Betroffene, Hilfe zu holen, da sie die Konsequenzen fürchteten. Und bis die Gerichte einschreite, sei die Zeit zum Heilen ohnehin bereits verstrichen. Deshalb sei ein Angebot, das noch vor der Justiz greift, so wichtig.

„Wir merken auch, wie wichtig das Vor-Ort-Sein ist“, sagt Dekanin Dittmar. Durch den Standort in der Chamer Innenstadt könnten Frauen so auch nach dem Einkauf zur Beratungsstelle, ohne dass die Männer es merken.

Hilfe bei häuslicher Gewalt in Cham

Fachberatungsstelle:Ab dem 1. Dezember können sich Betroffene an die neue Fachberatungsstelle in der Ludwigstraße 27 wenden. Diese soll voraussichtlich von 8 bis 16 Uhr, mit Ausnahme von Freitagnachmittag, besetzt sein. Telefonisch ist diese unter der Nummer (09971)9948017 erreichbar. Außerhalb der Öffnungszeiten wird das Telefon auf den Caritas-Frauen-Notruf umgestellt.

Caritas-Frauen-Notruf:Der Caritas-Frauen-Notruf ist weiterhin rund um die Uhr für Betroffene erreichbar. Dort beraten ehrenamtliche Helferinnen die Frauen und Kinder. Unter der Telefonnummer (09971)79699 ist das Notruf-Telefon erreichbar.