Abiturprüfung
Nie wieder Deutsch-Unterricht

Abiturientin Maja Schoplocher kann es noch nicht fassen, dass ihre Germanistinnen-Karriere am Chamer JvFG nun beendet ist.

13.05.2021 | Stand 16.09.2023, 3:07 Uhr
Maja Schoplocher
Das Abitur hat mit dem Fach Deutsch begonnen. −Foto: Felix Kästle/picture alliance/dpa

Hallöchen!

Direkt neben mir liegt noch mein geöffneter Deutschordner. Darin befinden sich zahllose Gedichte, voller Bleistiftkritzeleien und Interpretationsvorschlägen, verschiedene Autoren und unterschiedlichste Epochen, die ich zwei Jahre lang intensiv bearbeitet habe. Ich kann euch verrückte Fachbegriffe wie Apotheose, Determinativkompositum oder elliptisches Konditionalgefüge erklären. Mal sehen, wie lange noch.

Doch das Gefühl, dass es das jetzt war mit meiner Germanistinnen-Karriere am Joseph-von-Fraunhofer Gymnasium, kann ich noch gar nicht fassen. Es kommt mir so vor, als würde ich morgen wieder ins Klassenzimmer gehen, und da sitzen sie dann alle. Bereit, sich mit einem neuen Gedicht zu beschäftigen. Zu diskutieren und zu lachen, wie in den vergangenen zwei Jahren.

Aber lasst mich diesen wichtigen Tag von vorne beginnen. Dank eines kleinen Gläschen Rotweins habe ich gut geschlafen. Zwar habe ich geträumt, dass ein Rilke-Gedicht drankommt, aber das ist eine andere Geschichte. Der Morgen verlief auch erst einmal ruhig, da ich bereits am Dienstag beim BRK zum Schnelltesten gewesen bin. Doch schon als ich am Schulgebäude vorbeifuhr, um den Hintereingang in den zweiten Stock zu benutzen, machte sich dieses Gefühl in mir breit. Ich konnte irgendwie in meinem Körper spüren, dass die nächsten Stunden bedeutend werden. Unabhängig vom Ergebnis, werde ich diesen Tag mein Leben lang in Erinnerung behalten. Wie den Tag meiner Einschulung oder das erste Sportfest. Es war einfach etwas Besonderes. Glücklicherweise traf ich bereits bekannte Gesichter, als wir uns in die Schlange stellten, um unseren Test vorzuzeigen und eine Platznummer zu bekommen. Das verlief alles wunderbar reibungslos und irgendwie waren alle ziemlich gut drauf. Es war wohl diese Mischung aus Aufregung und Neugierde, die auch mich erfüllte.

Ehrlich gesagt hatte ich im Vorhinein am meisten Angst vor den 30 Minuten vor der Prüfung, wenn alle aufgeregt sind und man still und leise an seinem Tisch warten muss. Aber es stellte sich heraus, dass diese Minuten mit die schönsten waren. So war unser Grundkurs über zwei Klassenzimmer verteilt und alle scherzten ein wenig herum. Ich bin im „Brotzeitraum“ gelandet. Der Name rührt daher, dass er einige berühmt gemacht hat für die ein oder andere längere Pause „zum Essen“.

Mein Lebensbuddie Hannah und ich haben uns noch ein bisschen bewegt, haben ein Pläuschchen mit unseren lieben Lehrern gehalten und so die Aufregung ein wenig gemildert.

Und ehe wir uns versahen, ging es auch schon los. Alle öffneten gleichzeitig die Angabe und da war es: „Ein Lied“ von Else Lasker-Schüler. Lustig, dachte ich mir, da ich mein kleines Reclamheftchen ihrer Gedichte am Vorabend noch in der Hand hatte. Das war also das Gedicht, mit dem ich mich mehr als fünf Stunden lang beschäftigen durfte. Das ich für immer in Erinnerung haben werde, da es mit mir diese besondere Zeit teilen durfte.

Ich begann zu schreiben. Über Traurigkeit, den Wunsch, zu entfliehen. Und über einen Song von Revolverheld. Zwischendurch habe ich frische Luft geschnappt, da ich am Fenster saß und mich über mein Pausenbrot hergemacht. Denn schreiben macht hungrig! Erstmals seit einer ziemlich langen Zeit habe ich auch wieder Gummibärchen gegessen. Schließlich hat sie unser Chef-Germanistiker gesponsert und das kann nur Glück bringen.

Zwischendurch hatte ich einen kleinen Durchhänger, aber 13.45 Uhr kam schneller als erwartet. Und dann saßen wir da, während unsere Lehrer zählten, ob auch alle Arbeiten eingesammelt worden sind. Wirklich glauben, dass es vorbei ist, konnte wohl eher niemand. Das wars.

Natürlich wurden danach sofort viele verschiedene Interpretationen unter uns Schülern ausgetauscht, aber was jetzt wirklich richtig ist, weiß ich immer noch nicht. Aber irgendwie ist das auch okay so. Auch unser aller Chef-Germanistiker (Hallo, Herr Meier!) kam auf einen Sprung vorbei und hat uns einfach erst einmal gefragt, wie es uns geht. Während wir über Interpretationen redeten, hat er sich vorrangig nicht für unsere Fehler interessiert, sondern für uns junge Menschlein. Genauso wie in den vergangenen zwei Jahren.

Man kann also sagen, dass trotz Corona alles wunderbar geklappt hat und ich mich in keiner einzelnen Sekunde dieses Tages allein oder verloren gefühlt habe. Auch dank dem Aufwand und der Planung unserer elefantastischen Schulleitung. Manchmal bin ich wirklich froh, dass ich noch nicht so alt und erwachsen bin, um zwischen all den verrückten Regeln den passenden Ausweg für 98 Individuen plus Lehrer zu finden.

So bleibt dieses schöne Gefühl aus Freude und der Stolz, etwas geschafft zu haben, vielleicht noch für eine kleine Stillstandsekunde bei mir, bevor ich es in dieser Konstellation nie wieder erleben werde.

Elefantastische Grüße,

Eure Maja

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