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Notfallsanitäter dürfen mehr

BRK-Präsident Theo Zellner und Rettungsdienstleiter Dominik Lommer begrüßen die Gesetzesänderung.

09.03.2021 | Stand 16.09.2023, 3:53 Uhr
Karl Pfeilschifter
Die BRK-Notfallsanitäter Manfred Nitsch und Stefan Dums sowie Rettungsdienstleiter Dominik Lommer (v. l.) begrüßen die Änderung. −Foto: Karl Pfeilschifter

Der 28. Januar ist für den Rettungsdienst ein historischer Tag. Nach jahrelangen Anstrengungen des Bayerischen und des Deutschen Roten Kreuzes ist ein Durchbruch in der Schaffung von mehr Rechtssicherheit für Notfallsanitäter/innen gelungen. Der Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages hat einen Änderungsantrag des Notfallsanitätergesetzes im Plenum eingebracht, der von diesem beschlossen wurde und die notwendige Rechtssicherheit herstellt.

Dieser Änderungsantrag ist am 12. Februar noch formell vom Bundesrat beschlossen worden und tritt dann, nach Zeichnung der Bundesregierung und des Bundespräsidenten, als Gesetz in Kraft. Die Gesetzesänderung ist auf Initiative des Bundesrates (Bayern und Rheinland-Pfalz) zustande gekommen. „Auf diese Rechtssicherheit warten Tausende Notfallsanitäter/innen. Mit dieser schlanken und unbürokratischen Gesetzesergänzung bekommen Notfallsanitäter/-innen die nötige Rechtssicherheit bei der Rettung von Menschenleben. Das ist ein wichtiges Signal des Deutschen Bundestages für den nationalen Rettungsdienst“, erklärt BRK-Präsident Theo Zellner. „Gerade in einem Flächenlandkreis wie Cham sind Notfallsanitäter infolge der strukturellen Gegebenheiten häufig damit konfrontiert, dass sie teilweise deutlich vor dem Notarzt am Einsatz- oder Unfallort eintreffen und der Zustand des Patienten es nicht erlaubt, mit lebensrettenden Maßnahmen bis zum Eintreffen ärztlicher Hilfe zu warten“, so Dominik Lommer, Rettungsdienstleiter beim BRK-Kreisverband. In diesen Fällen müsse dennoch gehandelt und müssten heilkundliche Maßnahmen ergriffen werden, zu welchen die Sanitäter nach der aktuellen Rechtslage nur im Zuge eines rechtfertigenden Notstands nach Paragraph 34 Strafgesetzbuch berechtigt seien.

Das ist „ein starkes Signal“

In der neuen Fassung des Gesetzes dürfen Notfallsanitäter bis zum Eintreffen eines Notarztes heilkundliche Maßnahmen eigenverantwortlich durchführen, wenn sie diese in ihrer Ausbildung erlernt haben und beherrschen und diese erforderlich sind, um Lebensgefahr oder wesentliche Folgeschäden bei den Patienten zu verhindern, erläutert Lommer. Damit werde die jahrelang kritisierte Einschränkung aus dem Weg geräumt, dass der/die Notfallsanitäter/in erforderliche lebensrettende heilkundliche Maßnahmen bis zum Eintreffen von Notarzt oder dem Beginn einer anderweitigen ärztlichen Versorgung nur im Zuge der Notkompetenz durchführen darf, obwohl die Befähigung zur eigenverantwortlichen Ausübung entsprechender medizinischer Maßnahmen ein wesentliches Ausbildungsziel des Notfallsanitäters bildet. Lommer: „Diese Gesetzesänderung ist ein starkes Signal, das die Wichtigkeit und die Kompetenzen der Notfallsanitäter auf einmalige Weise hervorhebt.“

Häufig gestellte Fragen zur Rechtssicherheit an den BRK-Rettungsdienstleiter: Was ändert sich konkret für Notfallsanitäter/-innen? Dominik Lommer: „Im Ablauf der Einsätze und der Behandlung von Patienten ändert sich nichts. Lediglich die Rechtsgrundlage für die Anwendung von sogenannten 1c-Maßnahmen sichert den Notfallsanitäter in seiner Tätigkeit besser ab. Das heißt konkret, dass die Durchführung sogenannter 1c-Maßnahmen nicht mehr durch einen rechtfertigenden Notstand begründet werden muss, sondern durch den neuen § 2a im Notfallsanitätergesetz. Das ist ein Gewinn an Rechtssicherheit, da Notfallsanitäter nun in diesem Falle zur eigenverantwortlichen Ausübung heilkundlicher Maßnahmen berechtigt sind.“

Erweitern sich durch diese Gesetzesänderung die 1c-Maßnahmen Notfallsanitätergesetz? Lommer: „Der Umfang der definierten Maßnahmen ändert sich nicht. Es ändert sich lediglich die Rechtsgrundlage, die den Notfallsanitäter zur Durchführung dieser Maßnahmen berechtigt.“

Notarzt weiter unabdingbar

Kann ein Ärztlicher Leiter Rettungsdienst die Durchführung dieser Maßnahmen trotzdem einschränken? Lommer: „Die Durchführung derartiger Maßnahmen richtet sich nach dem akuten Zustand des Patienten (Lebensgefahr und/oder Abwehr wesentlicher Folgeschäden) und dem individuellen Kompetenzniveau des Sanitäters.“

Ist eine Änderung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes notwendig, damit die Rechtssicherheit Anwendung findet? Lommer: „Nein. Regelungen zur Ausübung der Heilkunde werden auf bundesgesetzlicher Ebene getroffen.“ Heißt das nun, dass ich keinen Notarzt mehr nachfordern muss, um invasive Maßnahmen zu ergreifen? Lommer: „Nein. Um Lebensgefahr oder wesentliche Folgeschäden von dem Patienten abzuwenden, ist auch zukünftig der Notarztruf unabdingbar.“ (cft)